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Biel

Ein letztes Mal hoffen und jubeln

Am Sonntag sind nochmals die Emotionen hochgegangen – auch in Biel. Nun ist die EM zu Ende. BT-Chefredaktor Bernhard Rentsch schreibt, warum das gut ist und warum es in den letzten vier Wochen einigen Grund gab für Ärger.

Volle Strassen: So war die Stimmung anlässlich des EM-Finals in Biel. Bild: Carole Lauener

Bernhard Rentsch

Auch für einen grundsätzlich treuen Sport- und Fussballkonsumenten fällt für einmal ein Satz nicht schwer: «Nein, liebe EM, ich werde dich nicht vermissen». Nachdem uns der Ball während genau einem Monat stets irgendwie begleitete, brachen am Sonntag die letzten Dämme und es flossen die Tränen. Die Tränen der Freude bei den Siegern, die Tränen der Enttäuschung bei den Finalverlierern und die Tränen der Erleichterung bei allen, die genug haben.

Ein Turnier mit 24 Mannschaften während vier Wochen in elf Ländern ist schlicht nicht (mehr) massentauglich. Das ist zu viel. Zu viel ist auch die mit dieser Austragungsform verbundene Reiserei: Einzelne Mannschaften legten weit über 10 000 Flugkilometer zurück, um drei oder wenig mehr Spiele in verschiedenen europäischen Städten zu bestreiten. Da ist es schon fast ein Glück, dass nicht noch Tausende von Fans hin- und herflogen.

Überhaupt die Sache mit den Fans: Hatten wir uns noch vor nicht allzu langer Zeit über den Föderalismus in der Schweiz mit dem Aufblühen von eigenen Regeln in jedem Kanton mokiert, scheinen die internationalen Sololäufe angesichts einer grenzüberschreitenden Pandemie noch absurder. Einzelne Stadion halb leer, andere zum Bersten voll – gleichzeitig mit einer Maskenpflicht, die eher einer leise ausgesprochenen Empfehlung glich … So, liebe Leute, werden wir die Pandemie ganz sicher nie besiegen.

Ein Ärgernis waren aus der Sicht der einigermassen zuverlässigen Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Anspielzeiten 21 Uhr inklusive (ausufernden) Nachspielzeiten, Verlängerungen und mehreren Elfmeterentscheidungen. Der regelmässige TV-Konsum bis gegen Mitternacht drückte doch beim einen oder der anderen auf die Augenlider. Ganz zu schweigen, wenn man nach einem Sieg der «Eigenen» dringend noch hupend durch die Innenstadt fahren musste.

Zwei letzte Nörgeleien im Kleinen, die in den letzten vier Wochen beschäftigten: Die verschiedenen Quellen, Techniken und Endgeräte, mit denen vermeintliche Livespiele in unmittelbarer Umgebung leicht zeitversetzt genossen werden, können zum Frust werden. Denn live ist nicht live. Und während ich noch auf die Entscheidung hin fiebere, ist in der Gartenbeiz schon nebenan längst alles klar. Gut, wenigstens kann man sich während langweiligen Partien darauf konzentrieren, nur hinzuschauen, wenn es vom Public Viewing her johlt. Dann kann ich bei mir noch längst die umjubelte Szene anschauen. Spannend ist das aber nicht mehr.

Letztlich noch das interne Tippspiel: Wer glaubte, Stärken und Schwächen der Teilnehmenden und die Resultate treffsicher vorherzusagen, schmierte in vielen Fällen so richtig ab. Die richtige Mischung, um bei einem EM-Tippspiel aus dem hinteren Teil des Mittelfeldes herauszustechen, suche ich beim nächsten Turnier. Denn dieses wird kommen – wie auch viele Gründe, am Ende froh zu sein, dass es zu Ende ist.

Stichwörter: EM, Final, Fussball, Fan, Biel, Sport

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