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Sicherheit

Hier könnte in zehn Jahren ein zweites Gefängnis stehen

Das altersschwache Bieler Regionalgefängnis wird ersetzt. Für den Neubau kommen zwei Standorte infrage: 
Entweder Witzwil oder Prêles. Entschieden wird Anfang nächsten Jahres.

Das Gelände der Strafvollzugsanstalt Witzwil ist gut erschlossen und liegt in einer bestehenden Bauzone. Bild: Yann Staffelbach
Sarah Grandjean
 
Witzwil oder Prêles? An einem dieser Orte wird in den nächsten Jahren ein neues Gefängnis gebaut, das jenes in Biel ersetzen wird. Gestern haben die Berner Regierungsräte Christoph Neuhaus (SVP) und Philippe Müller (FDP) darüber informiert, wie es zu dieser Auswahl gekommen ist.
 
«Das Regionalgefängnis Biel ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht mehr in einem so guten Zustand», sagte Neuhaus. Das ist nichts Neues: Bereits im 2018 publizierten Zustandsbericht des Kantons war zu lesen, das über 100 Jahre alte Gefängnis entspreche nicht mehr den Minimalanforderungen. Die Zellen seien zu klein, an den Wänden bilde sich Schimmel, das Licht sei schlecht. Sogar das Fundament sei «in alarmierendem Zustand». Der damalige Polizeidirektor sagte gar: «Das Bieler Gefängnis versinkt langsam im Boden».
 
Jetzt also, dreieinhalb Jahre später, zeichnet sich langsam eine Lösung ab. Der Kanton will ein neues Gefängnis mit 250 Plätzen bauen. «Das gibt nicht bloss ein Mehrfamilienhaus, das gibt ein richtiges Tütschi», sagte Neuhaus. Von den 250 Plätzen sind 100 für die Untersuchungs- und Sicherheitshaft und 150 für den geschlossenen Vollzug vorgesehen. Dies soll ermöglichen, dass Gefangene an Ort und Stelle von der Untersuchungshaft in den Vollzug wechseln können. Man habe die Option verworfen, das Regionalgefängnis Biel mit seinen aktuell 44 Plätzen auszubauen, so Neuhaus. Zum einen, weil das Grundstück schlicht zu klein sei. Zum anderen, weil die Lage mitten im Wohngebiet für ein Gefängnis nicht eben optimal sei. Es musste also ein neuer Standort her.
 
Abgelegen, aber nicht zu sehr
 
Zu Beginn seien 40 Parzellen infrage gekommen, darunter solche, die bereits dem Kanton gehörten. Geprüft wurden aber auch ganz neue Standorte. Diese wurden anschliessend nach verschiedenen Kriterien bewertet. «Zum Beispiel soll ein Gefängnis nicht gerade neben einem Wohnquartier oder einem Kindergarten stehen», so Neuhaus. Wichtig sei auch, dass es gut erschlossen ist. Dies erleichtere nicht nur den Transport der Gefangenen und die Versorgung des Gefängnisses, es sei auch praktisch für Mitarbeiter und Besucherinnen. Am Ende waren mehrere neue Standorte im Rennen, zum Beispiel solche in Biel, Tramelan oder Pieterlen. Am besten abgeschnitten haben aber zwei Parzellen, die dem Kanton gehören: Eine auf dem Gelände der bestehenden Justizvollzugsanstalt Witzwil und eine auf dem Gelände des ehemaligen Jugendheims Prêles, das seit Jahren leer steht. Der Grosse Rat hatte den Regierungsrat 2019 damit beauftragt, das Jugendheim als neuen Standort zu prüfen.
 
Beide Standorte bieten Vor- und Nachteile. Einige Vorteile von Witzwil gegenüber Prêles: Die Parzelle liegt in einer bestehenden Bauzone. Weil es dort bereits ein Gefängnis gibt, könnte man Synergien nutzen. Ausserdem ist der Standort von der Autobahn aus oder mit dem öffentlichen Verkehr gut erreichbar. Es gibt aber auch Nachteile. So liegt die Parzelle sowohl in der Bauzone der Gemeinde Ins als auch in jener der Gemeinde Gampelen, was eine Zonenplanänderung erforderlich machen würde. Zudem liegt das Grundstück nahe an Naturschutzgebieten und Wildwechselkorridoren.
 
Würde das neue Gefängnis hingegen in Prêles gebaut, so könnte das leerstehende Areal, das den Kanton jährlich tausende von Franken kostet, endlich wieder genutzt werden. Auch könnte die Hälfte der bereits bestehenden Gebäude weiter genutzt werden, allerdings mit baulichen Anpassungen. «Es ist zu bedenken, dass Prêles zuvor ein Jugendheim war», sagte Müller. «Wenn es jetzt als Gefängnis dienen soll, wo Mörder und Vergewaltiger inhaftiert sind, stellt dies punkto Sicherheit ganz andere Anforderungen an das Gebäude.» Sorgen bereitet dem Regierungsrat das Thema Denkmalschutz. Zudem sei das Gelände eher abgelegen und die Strassen, die dorthin führen, seien eng. Es dürfte nicht ganz einfach werden, genügend qualifizierte Mitarbeitende zu finden, die einen solchen Arbeitsweg auf sich nehmen, so Neuhaus. Nicht zuletzt gibt es auch andere Ideen, wie die Gebäude des ehemaligen Jugendheims genutzt werden könnten.
 
Wieder Jugendliche in Prêles?
 
Zum Beispiel habe das sogenannte «Concordat latin» Bedarf an Plätzen, um straffällige Jugendliche unterzubringen. «Dies wäre eine Rückkehr zu den Wurzeln der Institution», so Müller. Eine andere Möglichkeit ist, das Regionalgefängnis von Moutier nach Prêles zu verlegen. Dort sind momentan Insassen der Ausschaffungshaft untergebracht. Sobald Moutier zum Kanton Jura wechselt, verliert Bern dieses Gefängnis. 
 
Nun prüft der Regierungsrat die beiden Standorte vertieft, wobei die betroffenen Gemeinden Ins, Gampelen und das Plateau de Diesse mit einbezogen werden sollen. Anfang 2022 will man sich für einen der beiden Standorte entscheiden. Geplant ist, den Neubau ab 2028 zu realisieren, wobei der Regierungsrat mit Kosten von gut 280 Millionen Franken rechnet. 2032 soll der Neubau in Betrieb genommen werden. Das altersschwache Gefängnis in Biel muss also noch mindestens 11 Jahre durchhalten.
 
Der Bieler Stadtpräsident Erich Fehr (SP) ist über die Schliessung nicht unglücklich. Er sagt, er hänge nicht an einem Gefängnis mitten in der Stadt. Noch sei es zu früh, sich über spätere Nutzungsmöglichkeiten der Räumlichkeiten Gedanken zu machen. Erst einmal solle der Kanton einen möglichen Eigenbedarf abklären, beispielsweise Räume für Polizei oder Justiz. Für die Stadt Biel jedenfalls sei weder das denkmalgeschützte Gebäude noch der Standort zwischen Amtshaus und Schüss attraktiv. Was mit dem Grundstück passieren wird, hat der Regierungsrat offen gelassen.

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