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Nidau

Westast-Aus verzögert Ortsplanung

Die Beerdigung des Westasts hat Konsequenzen für Nidauer Liegenschaftsbesitzer: Anders als in anderen Stadtgebieten kann die Ortsplanung im betroffenen Perimeter vorerst nicht überarbeitet werden. Gültig bleiben veraltete Ordnungen.

Das Weidteile-Quartier erhält noch keine neue Bauordnung. Matthias Käser/a
  • Dossier
von Carmen Stalder
 
Eine Ortsplanung legt fest, wo, was und wie hoch gebaut werden darf. Da sich Städte und Dörfer stetig verändern, muss auch die Bauordnung von Zeit zu Zeit an die aktuellen Anforderungen angepasst werden. In Nidau ist dies schon lange nicht mehr geschehen: Die letzte Revision der Ortsplanung trat 1980 in Kraft. Für die Weidteile gilt sogar noch eine Ordnung aus dem Jahr 1963.
 
Seit rund zehn Jahren strebt Nidau deshalb eine Gesamtrevision der Ortsplanung an. Damit soll ein massvolles Wachstum ermöglicht werden. Denn die neuen Regeln erlauben es den Bewohnerinnen und Bewohnern, ihre bisher ungenutzten Dachgeschosse zu Wohn- oder Arbeitsräumen auszubauen, ihre Liegenschaften um ein Geschoss zu erhöhen oder durch Neubauten die Gebäudeabstände zu verringern.
 
Das Gemeindegebiet von Nidau ist mit einer Fläche von nur gerade 1,5 Quadratkilometern sehr klein. Dennoch hat sich die Ortsplanungsrevision als äusserst komplex herausgestellt und verläuft deshalb in Etappen. Die Teilgrundordnungen (TGO) Altstadt und Guido-Müller-Platz sind bereits genehmigt. Das Teilstück Agglolac wäre eigentlich pfannenfertig gewesen, wurde jedoch im Rahmen der Abstimmung im Stadtrat genauso wie das neue Quartier am See gebodigt. Solange die Zukunft des Expo-Areals ungewiss ist, kann die Gemeinde auch keine Bauordnung für das Gebiet erarbeiten. «Es wird noch lange dauern, bis wir hier verbindliche Festlegungen haben», sagt Nidaus Stadtpräsidentin Sandra Hess (FDP).
 
Anders als vorgesehen
Vorwärts geht es dafür beim grössten Teilstück: Bis Ende September liegt die baurechtliche TGO «Weiteres Stadtgebiet» öffentlich auf. Mit dieser Revision würden die baurechtlichen Grundlagen vereinfacht und den heutigen Bedürfnissen angepasst, sagt Hess. «Wir wollen die Potenziale zur sanften und qualitativen Siedlungsentwicklung nach innen nutzen, insbesondere in den Gebieten in Nähe des Stadtkerns.»
 
Allerdings verläuft auch diese Etappe nicht wie geplant. Die Gebiete Gurnigel und Weidteile hätten ursprünglich miteinbezogen werden sollen. Bei der Gemeinde ging man davon aus, in diesem Areal eine Bauordnung zu erstellen, die auf den Westast Rücksicht nimmt. Bekanntlich ist die Bieler Autobahnumfahrung ebenfalls gescheitert.
 
Anna Steuri, Abteilungsleiterin Infrastruktur, musste die Etappe folglich anpassen und die Gebiete Gurnigel und Weidteile ausklammern. «Dort bleiben uns quasi zwei blinde Flecken», sagt sie. Solange die städtebauliche Entwicklung in den beiden Quartieren sowie die zukünftige Gestaltung der Bernstrasse unklar bleiben, kann auch die Ortsplanungsrevision nicht fortgeführt werden. Das heisst, dass für die dortigen Liegenschaftsbesitzerinnen weiterhin die bis zu knapp 60 Jahre alten Ordnungen gelten. «Es ist ein Planwerk, das völlig veraltet ist», sagt Steuri dazu.
 
Grösste Herausforderung für die Abteilungsleiterin ist es nun, den dortigen Eigentümern aufzuzeigen, warum sie ihr Haus nicht um ein Geschoss erhöhen oder ihr Dachgeschoss nicht ausbauen dürfen – ihre Nachbarn von ein paar Häuserreihen weiter dagegen schon. «Es ist ein Spagat, den betroffenen Bürgern diesen Konflikt plausibel zu erklären», so Steuri.
 
Geduld gefragt
Im Frühling 2019 fand eine öffentliche Mitwirkung zur TGO «Weiteres Stadtgebiet» statt. Dabei wurden 45 schriftliche Eingaben eingereicht. Mehrere Voten verlangten damals, dass die TGO ohne die Teile mit Bezug zum Westast aufgelegt wird. Dieser Wunsch wird nun gezwungenermassen erfüllt. Grundsätzlich sei die neue Bauordnung in der Mitwirkung sehr begrüsst worden, sagt Hess. Bis die Ordnung in Kraft tritt, dauert es aber noch.
 
Nach der öffentlichen Auflage kommt es falls nötig im November zu Einspracheverhandlungen. Im ersten Quartal 2022 folgt die Beschlussfassung im Gemeinderat sowie im Stadtrat mit der Möglichkeit des fakultativen Referendums. Mit einer Genehmigung durch das Amt für Gemeinden und Raumordnung rechnet Nidau für Ende 2022.
 
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Öffentliche Auflage
Vom 26. August bis am 27. September wird die baurechtliche Teilgrundordnung «Weiteres Stadtgebiet» öffentlich aufgelegt, in der Stadtverwaltung an der Schulgasse 2, im 2. Obergeschoss.
Ebenfalls einsehbar sind die Unterlagen unter www.nidau.ch/ortsplanungsrevision
Aufgrund der Coronapandemie finden keine öffentlichen Informationsveranstaltungen statt. Dafür gibt es zwei Sprechstunden: Am Montag, 6. September, von 14 bis 18 Uhr, sowie am Mittwoch, 15. September, von 14 bis 18 Uhr. 

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