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Biel

Vier neue Köpfe in Stedtli-Regierung

Sandra Hess (FDP) und Tobias Egger (SP) treten noch einmal an: Sie haben es in den zweiten Wahlgang für das Nidauer Stadtpräsidium geschafft. Im Gemeinderat gibt es eine grosse Rochade, gleich drei Bisherige müssen den Platz räumen.

Eine der beiden Varianten, wie die Nidauer Regierung ab nächstem Jahr zusammengestellt ist: Roland Lutz (SVP), Beat Cattaruzza (GLP), Amélie Evard (FDP), Sandra Hess (FDP), Joel Schweizer (Grüne), Tobias Egger (SP) und Sandra Friedli (SP).
  • Dossier
von Carmen Stalder
 
Die Gemeinde Nidau hat fleissige Stimmenzählerinnen und -zähler engagiert: Bereits um 13.30 Uhr werden die Resultate für das Stadtpräsidium bekannt gegeben. Eine Überraschung bleibt dabei aus. Amtsinhaberin Sandra Hess (FDP) hat mit 36 Prozent der Stimmen wie erwartet das beste Resultat erzielt. Allerdings reicht dies nicht für das absolute Mehr, sie muss am 31. Oktober zum zweiten Wahlgang antreten. An jenem Sonntag wird sie mit Tobias Egger (SP) ins Duell steigen, der es mit 30 Prozent der Stimmen auf den zweiten Platz geschafft hat.
 
Hess zeigt sich zufrieden mit dem ersten Platz – alles andere hätte ihre Erwartungen nicht erfüllt. «Mehr als jede dritte Person hat mir ihre Stimme gegeben», freut sie sich. Konkurrent Egger liegt allerdings nur 112 Stimmen zurück und ist ihr damit dicht auf den Fersen. Das Rennen Ende Oktober könnte also eng werden. Hess verfügt zwar über den wertvollen Bonus als Bisherige. Entscheidend wird aber auch, wohin die Wählerstimmen gehen, die sich im ersten Wahlgang auf den drittplatzierten Beat Cattaruzza (GLP, 20 Prozent) und den viertplatzierten Roland Lutz (SVP, 14 Prozent) verteilt haben.
 
Beim Zusammentreffen vor der Stadtverwaltung ist den beiden eine leise Enttäuschung anzusehen. «Dank meiner Bekanntheit habe ich schon mit dem dritten Platz gerechnet», so Lutz. Dass er es hingegen nicht in die zweite Runde geschafft hat, nimmt er sportlich. Als Gemeinderat habe er genug zu tun, deshalb sei er fast erleichtert, nun nicht das Präsidium übernehmen zu müssen. Cattaruzza gibt zu Protokoll, dass es sich für eine neue Partei zwar um ein gutes Resultat handle. «Ein wenig bin ich aber schon enttäuscht, ich habe mir mehr erhofft.»
 
Weder die SVP noch die GLP wollen sich festlegen, wen sie im zweiten Wahlgang unterstützen werden. Die SVP hat sich zwar stets für ein bürgerliches Stadtpräsidium ausgesprochen, dennoch dürften einige Sympathiestimmen an Egger gehen. Unklar sieht es bei der GLP aus, die sich ausdrücklich vom Links-Rechts-Denken distanziert. Man munkelt allerdings, dass die Wahlempfehlung von Egger, die er auf Facebook für Lutz ausgesprochen hat, bei den Grünliberalen für Unmut gesorgt hat.
 
Drei Verlierer
 
Die bei der ersten Resultateverkündung ausgebliebene Überraschung folgt am späteren Nachmittag, als es um den Gemeinderat geht. Ein einziger Platz wird hier frei, weil Regierungsmitglied Marc Eyer (SP) nicht zur Wiederwahl antritt. Bei einem Wechsel bleibt es jedoch nicht: Gleich drei Bisherige müssen ihre Plätze räumen. Finanzchef Martin Fuhrer (FDP) zieht gegenüber seiner jüngeren Parteikollegin Amélie Evard den Kürzeren. Diese kann ihr Glück kaum fassen. «Politisch gesehen ist es für mich nach meinem Jahr als Stadtratspräsidentin der logische nächste Schritt. Aber ich freue mich wirklich sehr, in den Gemeinderat gewählt zu sein.» Die Abwahl des erfahrenen Fuhrer sei jedoch ein Wermutstropfen.
 
Gleich wie Fuhrer ergeht es Hochbauleiter Kurt Schwab (SP), der seinen Sitz an Tobias Egger verliert. Dieser hat das beste Resultat aller gewählten Gemeinderäte erzielt. «Ich bin enttäuscht, denn ich hätte meine Arbeit gerne fortgeführt», sagt Schwab über seine Abwahl. Einzige Möglichkeit für ihn, doch noch im Gemeinderat zu verbleiben, wäre, wenn Egger zum Stadtpräsidenten gewählt würde. Das ist denn auch Schwabs grosse Hoffnung – eine Möglichkeit, die er mit 50/50 als durchaus realistisch einschätzt. Der dritte abgewählte Gemeinderat ist Philippe Messerli (EVP). Besonders bitter: Die Partei wird in der Legislatur 2022-2025 gar nicht mehr in der Nidauer Regierung vertreten sein.
 
Wiedergewählt sind dagegen Sicherheitsdirektorin Sandra Friedli (SP) und Sozialvorsteher Roland Lutz (SVP). Neben Egger und Evard komplettieren die neu gewählten Beat Cattaruzza und Joel Schweizer (Grüne) das Gremium. Der Angriff aufs Stadtpräsidium habe seiner Partei und ihm als Person zu mehr Bekanntheit verholfen, sagt Cattaruzza. «Das kann man durchaus als taktisches Manöver bezeichnen, um in den Gemeinderat einzuziehen.» Auch die Grünen können sich über ein gelungenes Manöver freuen: Es war ihr erklärtes Ziel, den vor vier Jahren verlorenen Sitz zurückerobern.
 
Jubel bei Grünen und GLP
 
Doch wer gehört in dieser Rochade nun zu den Gewinnern und wer zu den Verlierern? Ihre Ziele erreicht haben mit je einem Sitzgewinn die GLP und die Grünen. Die SP hat drei rot-grüne Sitze angestrebt, was trotz Verlust eines eigenen Regierungsmitglieds ebenfalls geklappt hat. Die EVP gehört mit ihrem Wegfall aus dem Gemeinderat klar zu den Verliererinnen. Und auch auf bürgerlicher Seite wurden die angestrebten Ziele nicht erreicht: Die SVP konnte keinen zweiten Sitz ergattern und auch bei der FDP bleibt der Status quo erhalten.
 
Wie sich die neue Zusammensetzung des Gemeinderats auf die politischen Entscheide im Stedtli auswirken wird, ist Stand jetzt schwer zu sagen. Wird Hess wiedergewählt, bleibt das Machtgefüge bestehen, mit je drei Links- sowie drei Rechtspolitikerinnen und -politikern sowie einem Mitte-Zünglein an der Waage. Schafft jedoch Egger die Wahl zum Stadtpräsidenten, was im seit jeher bürgerlich geführten Stedtli einer Sensation gleichkäme, würde der Gemeinderat klar links dominiert: Auf bürgerlicher Seite blieben dann nur noch ein SVP- und ein FDP-Sitz. Gerade für letztere wäre das eine grosse Klatsche.
 
Nun geht es aber erst mal darum, für den zweiten Wahlgang Ende Oktober noch einmal alle Stimmen zu mobilisieren. Die gestrige Wahlbeteiligung beim Gemeindepräsidium von 51 Prozent wird schwer zu knacken sein: Es fehlen dann nationale Abstimmungen, welche die Menschen zum Urnengang bewegen. Zudem sind jetzt erst mal Herbstferien angesagt. Hess und Egger sind also mit der Herausforderung konfrontiert, den Stichtag bei der Bevölkerung nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

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