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Verlieren will gelernt sein

Jahrelang waren die Inser in der 3. Liga erfolgsverwöhnt. Nun wartet der Aufsteiger seit sieben Partien auf einen Punkt. FCI-Trainer Mirco Picardi weiss, wie man aus dem Keller kommt.

24-mal sahen die Inser in dieser Saison den Ball im eigenen Tor. Bild: Raphael Schaefer

Patric Schindler

Seit dem 30. Januar 1947 wartet der FC Ins auf einen Punktgewinn in der 2. Liga. Als an diesem Tag acht Seeländer Fussballfans den Klub aus der Taufe gehoben hatten, hätte wohl niemand von ihnen an eine derart lange Durststrecke gedacht. Damals hatten die Inser nämlich ganz andere Probleme als die heutige Mannschaft, die in der 2. Liga regional um den Klassenerhalt kämpft und nach sieben Partien ohne Punkt am Tabellenende liegt. Im Gründungsjahr wurden die Spielfeldlinien noch mit Sägemehl gezogen und im selben Jahr musste gar eine Partie verschoben werden, weil wegen des Feldschiessens zu wenig Spieler anwesend waren. Dass der FC Ins in diesem Jahr erstmals in seiner Vereinsgeschichte als Zweitligist um Meisterschaftspunkte kämpft, überrascht nicht, denn die Inser waren fast drei Jahrzehnte lang das Pendant zum FC Aarau, der zu seinen besten Zeiten in der NLA beziehungsweise Super League zu den Unabsteigbaren zählte. Die Inser waren während 25 Jahren in der 3. Liga nicht nur die Unabsteigbaren, sondern auch nach oben ging es nicht weiter.

Während den Insern in der Meisterschaft keine grossen Würfe gelangen, hatten sie sich aber sonst einen Namen im Seeland gemacht. 1975 gewann Xamax gegen Borussia Dortmund vor 1500 Zuschauern den 3. Albert-Anker-Cup. Zwei Jahre später fand auf der Rötschmatte sogar ein offizielles Uefa-Nachwuchsspiel (BRD - Schweiz statt). Unvergessen bleibt wohl vielen Insern, dass die zweite Mannschaft in der Saison 2003/04 über 1000 Minuten ohne Gegentor geblieben ist. Von einer solchen Bilanz kann Mirco Picardi, seit vier Jahren Coach des Fanionteams des FC Ins, nur träumen. Nach sieben Runden in der Meisterschaft der 2. Liga regional hat der Aufsteiger 24 Tore erhalten und zwei Treffer erzielt.

Die Inser bleiben ruhig

Für den Aufstiegstrainer Picardi ist die Bilanz der Inser kein Anlass zur Sorge. «Wir müssen zuerst lernen, wie man verliert», sagt er. In der Tat: Die Inser waren in den letzten Saisons erfolgsverwöhnt und mussten nur selten als Verlierer vom Platz. In den letzten 24 Meisterschaftspartien vor dem Aufstieg verloren die Inser lediglich zweimal, genau gleich oft spielte man Remis. In der Mannschaft von Picardi gibt es sogar Spieler, die seit ihrem Sprung von den Junioren zu den Aktiven nur in dieser Saison als Verlierer vom Platz gegangen sind. «Wenn du als Spieler jahrelang die meisten Partien gewinnst und dich in der Tabelle nach oben orientieren kannst, ist es schon eine grosse Umstellung, wenn du plötzlich gegen den Abstieg spielst», sagt Picardi, der weiss, wovon er spricht. Der FC-Ins-Coach hat sich früher als Offensivspieler in der 1. Liga einen Namen gemacht. Beim FC Biel stand er nach dem Aufstieg aus der höchsten Amateurklasse 2008 sogar in der Challenge League unter Vertrag.

Picardi ist überzeugt, dass die Tabelle nicht die Leistungen auf dem Platz widerspiegelt. «Wir waren oftmals nahe an einem Punktgewinn und hätten auch viel mehr Tore schiessen können», sagt der Coach. Nervös werde man nach sieben Runden ohne Punktgewinn nach diesen Leistungen bestimmt nicht, erklärt er weiter. Picardi bedauert, dass er aufgrund der dünnen Personaldecke in Sachen Aufstellung nicht aus dem Vollen schöpfen kann. Er muss sogar auf Junioren zurückgreifen, die noch nie in ihrer Karriere bei den Aktiven gespielt haben. «Wichtig ist in dieser Situation, dass wir die Ruhe bewahren. Gegen den Abstieg zu kämpfen, ist für den Verein und für die Spieler der ersten Mannschaft etwas Neues», sagt Picardi. Seine Spieler würden aber dadurch reifer werden und viel dazulernen. «Über diesen schwierigen Prozess hinweg werden wir uns bis zum Schluss der Saison retten», sagt er.

Den grössten Unterschied zur 3. Liga sieht Picardi im intensiveren Spielrhythmus. «Ich sehe dies schon im Training. Es ist bemerkenswert, wie das spielerische Element in dieser Saison an Niveau dazugewonnen hat. Es ist auch viel mehr Tempo im Spiel», erklärt er. Man dürfe sich in der 2. Liga kaum Fehler erlauben. «Wenn du in dieser Liga hinten einen Fehler machst, ist die Chance auf einen Gegentreffer viel höher als in der 3. Liga», sagt er. Dasselbe gelte in der Offensive. Man habe viel weniger Chancen. Sobald die ersten Punkte da seien, «ist dann auch der Druck ein wenig weg», ist Picardi überzeugt. Die Mannschaft habe klar die Qualität, um die Klasse zu halten.

Premiere gegen den FCA?

Morgen ab 18 Uhr empfängt der FC Ins den FC Aarberg. «Wir treffen auf eine Mannschaft, die schon lange in dieser Spielklasse kämpft. Den Aarbergern gelingt es immer wieder, eigene junge Spieler in die erste Mannschaft einzubauen, was mir gefällt», sagt der frühere FC-Grenchen-Spieler. Picardi, der im Berner Oberland aufgewachsen ist, hofft, dass zum Seeländer Derby viele Zuschauerinnen und Zuschauer kommen werden. Es könnte für den Klub ein historischer Tag werden. Mit einem Remis oder einem Sieg würde der FC Ins zum ersten Mal in seiner 74-jährigen Klubgeschichte als Zweitligist punkten.

 

 

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Zieht Besa auf und davon?

  • Neben Ins - Aarberg steht mit Besa Biel - Nidau an diesem Wochenende das zweite Seeländer Derby in der 
2. Liga regional auf dem Programm. Besa könnte mit einem Sieg die zweitplatzierten Ipsacher noch weiter distanzieren, falls diese gegen Ajoie-Monterri Punkte liegen lassen. Grünstern liegt vier Zähler hinter dem Spitzenreiter. Die Nidauer hingegen wollen ihren Platz im Mittelfeld der Tabelle sichern.
  • In der Gruppe 4 der 3. Liga kommt es heute Abend zu einem Seeländer Klassiker. Aegerten Brügg trifft zuhause auf Büren. Beide Mannschaften liegen in der unteren Hälfte der Tabelle und könnten sich mit einem Sieg etwas Luft verschaffen. In der Gruppe 5 trifft der Tabellenführer Aurore am Sonntag vor eigenem Publikum auf das zehntplatzierte Court. pss
Stichwörter: Fussball, Ins, Sport