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Biel

Die alltäglichen Hürden der Zweisprachigkeit

Von Ämtern und Ärzten schriftliche Antworten in der Muttersprache zu erhalten, kann aufwändig sein. Ein Bieler Romand berichtet über seine Erfahrungen mit der Stadtverwaltung und dem Spitalzentrum.

Wer eine Einsprache einreicht, erhält von der Baudirektion die Antwort in jeder Sprache, in der das Baugesuch eingereicht wurde. Bild: BT/A

Jérôme Burgener/pl

Vor ein paar Wochen reichte ein Bieler Bürger eine Einsprache gegen ein Bauvorhaben in der Nähe seines Wohnortes ein. Die an die Stadtplanung gerichtete Einsprache war von mehreren Quartierbewohnern unterzeichnet und auf Französisch abgefasst. «Obwohl uns ein deutschsprachiges Muster vorlag, machten wir uns die Mühe, das Dokument in unserer Sprache einzureichen», erklärt der Mann, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will.

Die Stellungnahme der Behörde zur Einsprache umfasste drei Seiten – alle auf Deutsch. Obwohl der besagte Bieler Deutsch versteht, bereitete ihm die Beschwerdeantwort Schwierigkeiten: «Das Schreiben war sehr detailliert und fachspezifisch formuliert. Sogar deutschsprachige Bekannte fanden den Text kompliziert und schwer verständlich», erzählt der Bürger.

Er wandte sich abermals an die Stadtplanung und ersuchte um eine französische Übersetzung. Die Antwort kam prompt: «Die Korrespondenz über ein Bauvorhaben wird in der Sprache des Gesuchstellers geführt.»

Florence Schmoll, oberste Stadtplanerin, bestätigt diese Praxis: «Der Bauherr muss sich im Vorfeld zur Verwaltungssprache äussern. Diese gilt dann für alle rechtsverbindlichen Schriftwechsel im Zusammenhang mit dem Projekt.»

Doch abgesehen von jenem Dokument komme die Verwaltung den Korrespondenten durchaus entgegen. Es sei selbstverständlich, dass im direkten Austausch zwischen der Stadtplanung und Anwohnern, die womöglich zusätzliche Erklärungen verlangen, in der Sprache der 
Einsprechenden kommuniziert werde, erklärt Schmoll.

Teure Sprachdienstleistungen

Die Leiterin der Baubehörde zeigt indes Verständnis für die Kritik des Betroffenen: «Wir können nachvollziehen, dass amtliche Dokumente schwer verständlich sind, besonders dann, wenn sie nicht in der Muttersprache des Lesers verfasst sind.» Allerdings versichert Schmoll: Die Mitarbeitenden ihres Dienstes für Baugenehmigungen «stehen allen Parteien für inhaltliche Erklärungen zur Verfügung».

Jedoch bestehe kein Rechtsanspruch auf eine Übersetzung. Der Artikel 34 des bernischen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) bestimmt, dass das Verfahren «nach der in der Eingabe gewählten Amtssprache» geführt wird.

Die Abteilungsleiterin Stadtplanung führt auch ein finanzielles Argument ins Feld: «Die systematische Übersetzung aller Verwaltungsakte wäre mit unzumutbaren Mehrkosten verbunden.» Zudem müsste dieser Aufwand den Gesuchstellern aufgebürdet werden, was die Baugenehmigungen erheblich verteuern würde.

Der Bieler Romand berichtet von einer weiteren problematischen Erfahrung mit der Zweisprachigkeit, diesmal mit dem Spitalzentrum Biel (SZB). Zu seinem Erstaunen wurde ihm ein Arztbericht in deutscher Sprache vorgelegt. Er hat dies in der Patientenbefragung beim Spitalaustritt vermerkt.

Übersetzungen sind möglich

Marie-Pierre Fauchère, Kommunikationsverantwortliche des SZB, erklärt auf Anfrage, dass die medizinischen Berichte nicht systematisch in die andere Amtssprache übersetzt würden. «Bei den 80 000 Dokumenten, die jedes Jahr in unserem Haus erstellt werden, wäre das nicht möglich.» Dennoch schliesst Fauchère eine Übersetzung «für einen spezifischen Patienten» nicht aus. Solche Begehren seien allerdings sehr selten.

Dafür stellt die Spitalsprecherin eine Entwicklung fest, die ganz im Sinne der Romands verläuft: «Der Anteil der französischsprachigen Ärzteschaft nimmt seit Jahren zu. Damit werden immer mehr Berichte auf Französisch verfasst.» In besonderen Fällen würden wesentliche Elemente in diesen Dokumenten übersetzt, ergänzt Fauchère.

Immerhin steht das Spitalzentrum für die medizinische Versorgung der zweisprachigen Region Biel-Seeland-Berner Jura. Aus diesem Grund ist die Pflege der beiden Amtssprachen ein natürlicher Schwerpunkt bei der Betreuung der Patienten. Nicht umsonst wurde dem SZB im Jahr 2015 als einzigem Schweizer Spital das Label für die Zweisprachigkeit verliehen. Nach einem Audit von 2020 wurde die Auszeichnung bestätigt. Heute seien 33 Prozent der Belegschaft, davon viele Ärzte, französischsprachig, präzisiert Marie-Pierre Fauchère.

Mit dem begehrten Label wurde nebenbei bemerkt auch die Bieler Stadtverwaltung ausgezeichnet.

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