Sie sind hier

Abo

Filmkritik

"Ghostbusters: Afterlife": Ein Film, der begeistert

Der neue «Ghostbusters»-Film möchte mehr sein als nur eine simple Fortsetzung der Populärkultur-Ikone. Ob eine grosse Portion Nostalgie dafür aber ausreicht?

Schweres Erbe: Phoebe (Mckenna Grace) wird zur Geisterjägerin und hat Spass dabei. 
von Simon Dick
 
Der «Ghostbusters»-Fan muss während der Filmvorführung öfters seine Augen reiben: Habe ich das Gezeigte auf der Leinwand gerade wirklich so gesehen? Bin ich tatsächlich Zeuge davon geworden, was sich hier die Macherinnen und Macher alles an Überraschungen ausgedacht haben? Und habe ich hier wahrhaftig einer der grössten Kino-Huldigungen der letzten Jahre erlebt?
 
Der erste «Ghostbusters»-Film aus dem Jahre 1984 wurde zusammen mit Schauspiellegenden wie etwa Bill Murray, Dan Aykroyd oder Sigourney Weaver rasch zum Kult und 1989 mit einer soliden Fortsetzung gesegnet. Beide Filme sind mittlerweile ein wichtiger Teil der Populärkultur geworden und bieten auch heute noch beste Heimkino-Unterhaltung. 
 
2016 versuchte man, mit einer Neuauflage ohne die Originaltruppe frischen Wind in das Geisterjäger-Universum zu bringen. Doch der Schuss ging nach hinten los. Ein schlechtes Drehbuch und der Drang, eine Neuinterpretation mit der Brechstange ins Lichtspielhaus zu bringen, sorgten für einen Flop, und die Marke schien vorerst für immer begraben zu sein. Die Fans waren enttäuscht und sicher, dass die Geisterjäger aus der Kinolandschaft nun endgültig verschwinden würden. 
 
Doch dann kam Jason Reitman ins Spiel. Der Sohn von Ivan Reitman (Regisseur der ersten «Ghostbusters»-Filme) wollte eine richtige Fortsetzung auf die grosse Leinwand bringen, die an die Vorgängerfilme seines Vaters anknüpft. Sein Geheimrezept: Junge Schauspielerinnen und Schauspieler treffen mit viel Witz aber auch mit der nötigen Ernsthaftigkeit auf eine grosse Portion Nostalgie und bringen frischen Wind in die angeschlagene Franchise.
 
Um in den vollen Genuss von «Ghostbusters: Afterlife» zu kommen, sollte man so nüchtern wie möglich – sprich ohne grosse Story-Kenntnisse – ins Kino gehen. Darum sei hier auch nur ganz wenig von der Inhaltsangabe verraten: Die alleinerziehende Mutter Callie (Carrie Coon) fährt mit ihren beiden Kindern Phoebe (Mckenna Grace) und Trevor (Finn Wolfhard) auf den Landsitz eines verstorbenen Familienmitglieds, um das Erbe zu Geld zu machen. Doch statt Reichtum wartet eine eher idealistische Hinterlassenschaft, die vor allem die Kinder begeistert. Denn es wird schnell klar, dass die kleine Familie eine grosse Verbindung zu den berühmten Geisterjägern von damals besitzt.
 
Nach ihrer Ankunft häufen sich mysteriöse kleine Erdbeben in der Gegend und dunkle Mächte erheben sich in einem alten Bergwerk und sorgen dafür, dass ein Einsatz von Geisterjägern nötig wird, um das bevorstehende Chaos zu beseitigen. Doch können es unerfahrene Kinder gegen eine aggressive Geisterwelt überhaupt aufnehmen oder brauchen sie dann doch die Hilfe von erwachsenen Experten?
 
Was folgt, ist eine Abenteuerreise, die mit ganz viel Charme aus dem 80er-Jahre-Kino übergossen wurde. Eine Gruppe von schlauen Kindern macht sich selbstständig auf den Rechercheweg, um ein Geheimnis zu lüften, und wächst schliesslich über sich hinaus. Klar geht es dann nicht ganz ohne die Hilfe von Erwachsenen (Paul Rudd fungiert hier in der Rolle des Lehrers Mr. Grooberson als klassische Vertrauensperson), doch die «Ghostbusters»-Erben agieren über weite Strecken selbstständig und sammeln bei den Zuschauenden immer mehr Sympathiepunkte ein. Ganz wie in der Netflix-Hitserie «Stranger Things» stehen junge Menschen im Fokus und nehmen an einer Achterbahnfahrt teil, die uns selber an unbeschwerte Jugendtage erinnert, in denen wir auf uns alleine gestellt waren und mit dem Fahrrad erst nach Hause fuhren, als die Sonne unterging.
 
Doch so gut sich die jungen Helden auch in Szene setzen, es geht dann doch nicht ganz ohne eine grosse Portion Nostalgie, die in der heutigen Kinolandschaft zum Daueranziehungspunkt geworden ist. Und hier greifen Ivan Reitman und sein Team ganz tief in den verklärenden Vergangenheits-Topf und wirbeln den Fans reihenweise Anspielungen um die Ohren, dass es einem schwindelig wird. Vertraute Geisterwesen, lieb gewonnene Figuren aus der Vergangenheit und natürlich auch Gänsehaut liefernde Soundeffekte und Musikstücke aus dem «Ghostbusters»-Universum huschen über die Leinwand und immer wieder bleibt der Mund im Kinosessel offen. Kino-Nostalgie war nie schöner.
 
Reitman hat mit «Afterlife» ein liebevolles Werk erschaffen, das nicht nur die hartgesottenen Fans von damals zufriedenstellt und endlich, endlich eine lang ersehnte Fortsetzung sprich Neuanfang der Heldengeschichte zeigt, sondern auch ein jüngeres Publikum ohne grosse Vorkenntnisse anspricht. So kommen denn gleich mehrere Generationen und Fans des fantastischen Kinos auf ihre Kosten und erleben so eine Charme-, Nostalgie- und Unterhaltungs-Offensive, dass man allen Beteiligten einfach nur persönlich Danke sagen möchte, dass dieses Filmprojekt mit ganz viel Herz den Weg ins Kino gefunden hat.
 
Info: In den Kinos Beluga und Bluecinema, Biel. Auch in Grenchen.
 
Die Bewertungen der BT-Filmkritikerinnen und BT-Filmkritiker:
Simon Dick **** (von 5 Sternen)

 

Stichwörter: Filmkritik

Nachrichten zu Kino »