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Neue Lösung für ein altes Problem

Beim Blockflöteln an Weihnachten fallen ständig die Noten vom Ständer? Das muss nicht sein. Der Bieler Musiker Gregor Krtschek leistet Abhilfe – zusammen mit seinem ältesten Schüler.

Bild: zvg
  • Dossier

Tobias Graden

Im letzten Winter, während des Lockdowns, hat der Bieler Musiker Gregor Krtschek viel Fernunterricht gegeben. Der Trompeter – er ist Bandleader bei Mirakolo – unterrichtet an den Musikschulen in Thun und Sissach. Dabei fiel ihm etwas auf, das wohl die meisten kennen, die schon mal Musik gemacht haben: Immer wieder fielen den Schülerinnen und Schülern die Notenblätter von den Notenständern hinunter, was stets zu einem Wirrwarr führte und Zeit kostete.

Wie könnte man Abhilfe schaffen für das Problem? Krtschek wandte sich an Urs Küffer. Dieser lebt im baselländischen Zunzgen und ist Krtscheks ältester Schüler. Der 70-Jährige spielt seit 60 Jahren Flügelhorn, hatte für längere Zeit pausiert, nimmt aber seit einigen Jahren Einzelunterricht bei Krtschek. Vor allem aber: Er ist diplomierter Spenglermeister, ist immer noch berufstätig und hat an seinem Wohnort eine Werkstatt.

 

Schwieriger, als man denkt

Nachdem Krtschek ihm die Ausgangslage geschildert hatte, brachte Küffer zur nächsten Unterrichtsstunde eine Blechschiene mit, die sich am Notenständer befestigen liess. Diese Schiene hatte eine sogenannte Abbugkante, sie war also gegen vorne nach oben gebogen, was verhinderte, dass die Notenblätter wegrutschen können. Das war die Geburtsstunde des KK-Bars.

In den folgenden Wochen verbrachten Krtschek und Küffer viel Zeit in dessen Werkstatt. Sie erstellten mindestens zehn Prototypen, entwarfen und verwarfen verschiedene Formen und Modelle. «Es ist schwieriger, als man denkt», sagt der Bieler Musiker. Schliesslich hatten die beiden die am besten geeignete Form herausgetüftelt. Der KK-Bar – der Name leitet sich aus den Nachnamen der beiden Erfinder ab, und gespiegelt ergeben die beiden K ein Logo, das einem Notenständer ähnelt – hat nun nicht nur eine Abbugkante, sondern auch eine Ausbuchtung in der Mitte, so dass er ideal auf einen Notenständer passt und ihn erst noch stabilisiert.

Das Produkt sieht so simpel aus und die Idee ist so bestechend einfach, dass man sich fragt: Gibts das denn tatsächlich noch nicht? Krtschek hat natürlich nachgeforscht. Das einzige halbwegs ähnliche Produkt, das er gefunden hat, hat keine markante Abbugkante, ist aus Plastik gefertigt und in den Augen Krtscheks «schlicht nicht schön».

 

Alles ist handgemacht

Der KK-Bar dagegen ist aus Aluminiumblech gefertigt, pulverbeschichtet und lässt sich leicht auf den Notenständer klemmen. Jede Schiene wird von Hand gefertigt, Küffer und Krtschek haben sich extra eine Rundkantmaschine angeschafft dafür und aus gebrauchten Teilen eine Beschichtungskammer gebastelt. Zudem sind die beiden perfektionistisch: Ist bei einer Schiene etwa die Beschichtung nicht ganz gelungen, liefern sie diese nicht aus. Nur ein perfektes Produkt erhält den von Hand aufgehämmerten Schlagstempel, der den KK-Bar als Original aufweist. Den Preis von 35 Franken erachtet Krtschek darum als gerechtfertigt: «Alles ist handgemacht, und es steckt viel Leidenschaft drin.» Dafür wird der KK-Bar in Wunschfarbe lackiert, zu Weihnachten gibts Spezialeditionen in Glitzerfarbe, gegen Aufpreis eine gravierte Personalisierung.

Küffer und Krtschek haben ihren KK-Bar für die Schweiz patentieren lassen – auch das ist ein gewisser Aufwand, das Dossier umfasste 20 Seiten. Ein weltweiter Patentschutz überstiege jedoch die finanziellen Möglichkeiten der tüftelnden Musiker.

 

Auf Weihnachten vorbereitet

Seit etwa fünf Monaten ist der KK-Bar auf dem Markt, bislang sind etwa 100 Stück verkauft. «Das ist ein guter Start», findet Krtschek, zumal die Erfinder bislang weder viel Geld noch Zeit für Promotion aufwenden konnten. Potenzial ist auf jeden Fall vorhanden. Zwar gibt es hochwertige, teure Notenständer etwa aus Holz, die bereits eine ähnliche Vorrichtung wie der KK-Bar haben. Aber: «90 Prozent aller verwendeten Notenständer sind die klassischen, faltbaren, auf die unser KK-Bar passt, da diese genormte Masse aufweisen», sagt Krtschek. Er selber hat jedenfalls immer einen solchen Notenständer samt KK-Bar dabei und hat die Praxistauglichkeit dieser Kombination nicht nur im Unterricht, sondern etwa auch in Musiklagern unter Beweis gestellt.

In der nächsten Zeit will Küffer auf Musikgesellschaften zugehen, auch eine Aktion mit dem Sinfonieorchester Biel Solothurn wäre denkbar. Gerade für dessen Sommerkonzerte, die draussen stattfinden, könnte der Einsatz des KK-Bars nützlich sein. Auch einzelne Musikgeschäfte ist Krtschek angegangen, wobei Verkäufe dort zulasten der Marge gingen.

Noch sind Küffer und Krtschek in der Pilotphase, einen konkreten Businessplan haben sie noch nicht geschrieben. Und die Skalierbarkeit der Produktion hält sich angesichts der vielen Handarbeit in Grenzen. Für Weihnachten aber ist vorgesorgt. Krtschek und Küffer haben den Lagerbestand aufgestockt und können auch kurzfristig noch Schienen in Wunschfarbe pulverbeschichten. Einem störungsfreien Blockflöteln vor dem Weihnachtsbaum steht also nichts im Wege.

Link: www.kk-bar.ch

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