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Biel

Der Chronist der Uhrenbranche

Alexandre Grouet hat nach längerem Auslandaufenthalt die Faszination für die Horlogerie in Biel entdeckt. Nun betreibt er einen Instagram-Account und eine Website dazu.

Alexandre Grouet ist fasziniert von der lebendigen Geschichte der Uhrmacherei in Biel. Bild: Alexandre Wälti

Alexandre Wälti/pl

Schon in der Kindheit kam Alexandre Grouet mit Uhren in Kontakt: «Als Neunjähriger hatte ich einen Klassenkameraden, der eine Swatch Chrono am Handgelenk trug», erzählt der Mann in den Vierzigern. Heute betreibt 
er einen Instagram-Account (@madeinbienne) und eine Website (www.madeinbienne.ch).

Der Bieler spricht gerne über den Beginn seiner Begeisterung für die Zeitmesser: «Mein Schulfreund drehte dauernd an der Aufzugskrone und stellte die Zeiger ein. Da kam schon ein wenig Neid auf. In der Pause fragte ich ihn, ob ich den Chronometer kurz an mich nehmen dürfe. So spielten wir zusammen», erinnert sich der Technikbegeisterte. Schliesslich bekam auch er zum Geburtstag seine eigene Uhr.

 

Der kulturelle Reichtum

Alexandre Grouets Berufsleben führte ihn in die weite Welt. Acht Jahre lebte er in Senegal. In dieser Zeit rückte sein Interesse an den Zeitmessern in den Hintergrund. Nach der Rückkehr in die Schweiz fielen ihm als Erstes die «astronomischen Preise» der Premiummarken auf.

Je mehr er sich mit dem Uhrmacher-Handwerk befasste, desto stärker flammte seine Leidenschaft wieder auf: «Mir wurde bewusst, welches Know-how in der Branche vereint ist, wie viele Menschen an der Herstellung einer Uhr beteiligt sind und was für ein Kapital an Hochtechnologie sich dahinter verbirgt.»

Im Jahr 2018 zog Grouet mit der Ehefrau und den drei Kindern nach Biel. Auf Spaziergängen in der Stadt entdeckte er vielerorts Schautafeln über die Geschichte der Uhrmacherkunst. Bei näherem Hinsehen stellte er fest, dass in Biel «viele Menschen ein Handwerk im Zusammenhang mit der Uhrenbranche ausüben».

Rasch kam der Wunsch auf, dieser Welt des Feinen und Präzisen eine Website zu widmen: «In aller Bescheidenheit erteile ich den Uhrmachern das Wort – jenen, die in der Herstellung arbeiten und denen, die als Geschäftsleitende Verantwortung für die Marken tragen», sagt Grouet, der damit «den kulturellen Reichtum der Branche» ins Licht rücken will.

Das Internet-Projekt nahm mit dem Lockdown von 2020 Gestalt an. Damals musste der Familienvater seine drei Kinder beschäftigen. Dabei kam er auf die Idee, auf gemeinsamen Spaziergängen wichtige Orte der Uhrmacherkunst zu erkunden und zu fotografieren. Auf diese Weise ist eine Karte mit sehenswerten Stationen entstanden, die vorerst auf der englischsprachigen Seite des Tourismusportals der Stadt Biel publiziert ist (www.biel-bienne.ch/en/tourism.html).

Auf seiner eigenen Website «madeinbienne.ch» stellt Alexandre Grouet unabhängige Uhrmacher vor, die noch heute Zeitmesser aus den Sechzigerjahren reparieren und unzählige Original-Bestandteile aus dieser Zeit archiviert haben. Grouets Internetportal zählt mehrere Tausend Besuche im Monat; über Instagram würden regelmässig Anfragen eingehen, sagt der Autor.

 

Offensive in Süddeutschland

Die Erschliessung des kulturellen Erbes der Uhrmacherkunst ist kein Novum in Biel: «Das 
Museum Cité du Temps 
und das Besichtigungsprogramm Choc’o’Clock stossen auf reges Interesse», sagt Oliver von Allmen, Geschäftsführer von Tourismus Biel – Seeland. Eine Ausweitung des Angebots für das Publikum erachtet er als «kompliziert», denn viele Hersteller schützten ihre Fabrikationsgeheimnisse vor neugierigen Blicken. Zudem seien die Marken auf internationale Märkte ausgerichtet und deshalb weniger an der Zusammenarbeit mit örtlichen Veranstaltern interessiert.

Von Allmen erinnert daran, dass es schon heute geführte Besichtigungen in der Uhrenbranche gibt. Allerdings richten sich diese Führungen an bestimmte Zielgruppen oder Geschäftsreisende. Eine weitere Öffnung für die breite Bevölkerung sei schwer umsetzbar.

Dieses Jahr plant Tourismus Biel – Seeland eine Offensive in Deutschland: «Von Frühling bis Herbst werben wir im Süden der Bundesrepublik für den Besuch unserer Region. Die Angebote beziehen sich auch auf die Uhrenbranche», erklärt Oliver von Allmen.

Es gibt weitere Möglichkeiten, in die Welt der Zeitmesser einzutauchen. Solche Erlebnistage sind allerdings mit einem finanziellen Aufwand verbunden. Der Tourismusdirektor nennt die Bieler Marke Cimier, wo die Teilnehmenden unter kundiger Anleitung ihre eigene Uhr bauen können. Auch diese Events richten sich vornehmlich an Mitarbeitende von Unternehmen und weniger an Private, präzisiert von Allmen. Er begrüsst die Initiative von Alexandre Grouet. Dennoch warnt er vor zu viel Enthusiasmus: «Der Besuch einer Manufaktur ist fast unmöglich zu organisieren.»

Alexandre Grouet seinerseits will auch in Zukunft «neutrale Informationen teilen, die Akteure der Industrie treffen und das handwerkliche Erbe in die Erinnerung rücken».

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