Sie sind hier

Abo

Baubranche

Wenn der Chef die Firma verlässt

Das Bieler Ingenieurbüro Prona ist dafür zuständig, dass Bauten und die Arbeiten dazu umweltverträglich sind. In diesem Jahr wird die Firma 30 Jahre alt – und stellt sich ganz neu auf.

Die leitenden Prona-Ingenieure am Standort in Biel: Matthias Schmid, Christian Stampfli und Gilles Lauper (von links). Das Unternehmen hat sich über die Jahre zum wohl vielseitigsten Ingenieurbüro in der Region entwickelt. Bild: Raphael Schaefer

Manuela Habegger

Vor genau 30 Jahren haben fünf regional tätige Bauingenieure gemeinsam eine Firma gegründet. Der erste Mitarbeiter, den sie anstellten, hiess Christian Stampfli. Er wurde später auch als externer Umweltschutzbeauftragter der Stadt Biel engagiert und leitete fortan das Unternehmen. In seinem ersten Dossier lagen die Dokumente zu den grossen Infrastrukturarbeiten am Lötschbergtunnel. «Ich habe damals die Umweltverträglichkeit des Autoverlads beurteilt», erzählt der heute 56-Jährige. Der Bieler hatte sich im Studium nämlich auf den technischen Umweltschutz spezialisiert. Ein Gebiet, das in den 90er-Jahren für viele Bauplaner noch Neuland war: «Mit der Umweltverträglichkeitsverordnung wurden neue Auflagen an die Baubranche gestellt, und niemand wusste so recht, wie damit umgehen», sagt Stampfli.

Seither sind viele weitere umweltschutzrechtliche Auflagen an Bauprojekte hinzugekommen, das Ingenieurbüro erhielt immer mehr Aufträge. So arbeiten heute 25 Mitarbeitende, Ingenieurinnen, Architekten, Geologen, Naturwissenschaftlerinnen und Geografen in Biel; der Frauenanteil liegt bei fast 50 Prozent. Seit mehr als 20 Jahren gibt es zudem noch einen Standort in Yverdon-les-Bains für die Klientel aus der Westschweiz mit ebensovielen Ingenieuren. Der Umsatz alleine in Biel ist auf über drei Millionen Franken pro Jahr angewachsen. Und just im Jubiläumsjahr wird die ganze Firma auf den Kopf gestellt. Denn Christian Stampfli will seine Nachfolge regeln.

 

Vielseitiges Arbeitsfeld

«Der Umweltbereich ist eine sehr breite Disziplin», erzählt Christian Stampfli weiter, und zählt auf: Lärmschutz, Luftreinhaltung, Natur- und Heimatschutz, Störfall- und Katastrophenschutz, Bodenschutz, Waldschutz, Gewässerschutz und so weiter. All dies müsse man heute bei Bauarbeiten an Gebäuden oder Infrastrukturprojekten berücksichtigen. Mittlerweile hat das wohl vielseitigste Ingenieurbüro in der Region die Kompetenzen in drei Bereiche gegliedert: Umwelt, Bauphysik sowie Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Letzterer ist ein junger Bereich, der im Jahr 2000 mit der neuen Bauarbeitenverordnung entstand, wie Christian Stampfli erklärt.

Im Jubiläumsjahr kann das Ingenieurbüro auf viele Vorzeigeprojekte zurückblicken, verteilt in der ganzen Schweiz von Basel bis nach Genf. In der Region war das Prona-Team beispielsweise beim Neubau des Fussball- und Eishockeystadions und der Curlinghalle im Bözingenfeld involviert. Die Ingenieure massen und erfassten die Bodenkennwerte und erstellten ein Bodenschutzkonzept, damit die Arbeiten keine bodenschützerischen Auflagen torpedierten. Sie begleiteten auch die Bauarbeiten in Bezug auf ökologische Auflagen oder Lärmemissionen.

Beim Bau des neuen Eisenbahntunnels bei Ligerz erstellten sie unter anderem Feldaufnahmen von der umliegenden Flora und Fauna, beurteilten mögliche Auswirkungen des Vorhabens auf schützenswerte Bereiche und Lebensräume und erarbeiteten Schutzmassnahmen für die Rebböden. Beim neuen modularen Holzbau des Schulhauses in Pieterlen berieten Prona-Ingenieure die geplanten Räume und Treppenkonstruktionen hinsichtlich der Schallübertragung und legten raumakustische Massnahmen dar. Sie überprüften die Bauteile hinsichtlich Wärme- und Feuchteschutz. Überregional erstellten die Ingenieure beispielsweise auch das Verkehrs- und Logistikkonzept beim Bau der neuen Gebäude auf dem Baloise Park in Basel und prüften die Sicherheitskonzepte des Bauherren.

 

Yverdon wird eigenständig

Von all dem will sich der Bau- und Sicherheitsingenieur, Brandschutzexperte und Unternehmensführer Stampfli in den nächsten drei Jahren zurückziehen. Söhne hat Stampfli, der in Biel zweisprachig aufgewachsen ist, 20 Jahre in Evilard gelebt hat und dort in der Baukommission mitwirkte, zwei. Allerdings haben sich die potenziellen Nachfolger für andere Berufsrichtungen begeistern lassen, für die Fotografie und die Finanzen.

«Wir haben ein junges und sehr motiviertes Management in Biel, das sich stark mit der Firma identifiziert. Und das ist eine grosse Befriedigung für mich», sagt der heutige Nidauer. Per sogenanntem Management-Buy-Out werden nun die gegenwärtigen Führungskräfte in Biel die Aktien der Prona AG kaufen und die Führung übernehmen. Wer das genau sein wird, ist noch nicht offiziell. So sind zwar Absichtserklärungen unterzeichnet worden, jedoch noch keine Verträge.

Das künftige Führungsteam habe bereits kräftig am neuen visuellen Gesamtauftritt der Firma inklusive neuer Website gearbeitet, sagt Stampfli. Bis im Herbst soll der Prozess vollzogen sein. Und das ist noch nicht alles: Der Standort in Yverdon-les-Bains wird in eine eigenständige Firma abgespalten: «Teilhaber Andreas Hufschmid, der den Standort in Yverdon-les-Bains führt, ist jünger als ich. Da aktuell nur ich die Nachfolgeregelung plane, wird nur die Prona AG in Biel übergeben», erklärt Stampfli die Abspaltung. Die beiden Unternehmen werden aber auch in Zukunft gemeinsame Projekte planen und eng zusammenarbeiten, sagt er.

Der Unternehmer selber will sich zwar vorerst noch auf die drei Jahre fokussieren, in denen er die Übergabe der Geschäfte begleitet. Danach wird ihm dann aber definitiv mehr Zeit bleiben, um seinen Hobbies nachzugehen. Und das sind zum Beispiel Bergsteigen, Klettern, Velofahren oder Skitouren: «Hauptsache etwas in der Natur», sagt der passionierte Sportler.

Nachrichten zu Biel »