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Klimareformen

Die SVP gewinnt schon wieder – und jetzt?

Die Verfassung schreibt dem Kanton Bern vor, bis 2050 klimaneutral zu sein. Nach dem Nein zu einer ökologischeren Autosteuer ist klar: Auf dem bisherigen Weg wird das nicht gelingen.

Fahrzeuge werden im Kanton Bern weiterhin nur nach Gewicht und nicht nach CO2-Ausstoss besteuert. Bild: Franziska Rothenbühler

Noah Fend

Kurz vor 15 Uhr am Sonntag­nachmittag liegen sich Andrea Gschwend-Pieren und Thomas Knutti auf der Berner Staatskanzlei erleichtert in den Armen. Sie haben gewonnen. Schon wieder.

Beide sitzen für die SVP im Kantonsparlament. Gemeinsam haben sie das Referendum gegen eine geplante Erhöhung der ­Autosteuern ergriffen. Und nach 2011 und 2012 feiert die SVP nun ihren dritten Sieg in der dritten Abstimmung über Autosteuern im Kanton Bern. 53 Prozent lehnten die Vorlage ab. Dies, nachdem vor weniger als einem halben Jahr gut 63 Prozent der Bernerinnen und Berner für einen Klimaschutz-Artikel in der kantonalen Verfassung gestimmt haben. Der Kanton Bern muss demnach bis 2050 klimaneutral sein. Was ist die SVP als Autosteuer-Seriensiegerin bereit, beizusteuern?

 

Mehr Kampf als Kompromiss

«Ich erwarte, dass die SVP künftig ihre Blockadepolitik aufgibt», sagt Natalie Imboden, Präsidentin der Grünen Kanton Bern. Der CO-Ausstoss müsse mit konkreten Massnahmen sinken. Jetzt gehe es darum, Alternativen zu finden.

Nach ihrem Abstimmungssieg gibt sich die SVP indes mehr kampflustig als kompromissbereit. «Wir werden staatliche Eingriffe und neue Abgaben weiterhin ohne schlechtes Gewissen bekämpfen», sagt Thomas Knutti. Der Kanton Bern sei auch so auf dem richtigen Weg, sagt er, und meint damit die Fortschritte in Forschung und Industrie. Für sie sei die SVP auch bereit, Gelder zu sprechen. Eine Klimapolitik «auf Kosten der Bürgerinnen und Bürger» bleibt für Knutti aber tabu.

Für SVP-Parteipräsident Manfred Bühler ist nach dem Erfolg am Sonntag klar: «Auf kantonaler Ebene müssen die Autofahrerinnen und Autofahrer jetzt in Ruhe gelassen werden.» Das deutliche Ergebnis zeige, dass Klimapolitik mit Verboten und Mehrbesteuerung nicht funktioniere.

Klimapolitisches Potenzial sieht er in der Beheizung der Gebäude. «Es bräuchte eine Förderung der lokalen Holzwirtschaft. Vor allem auf dem Land könnten dadurch viele Gebäude klimafreundlich beheizt werden.» Und in der Stadt denkt er an ein Vorantreiben von Wärmepumpen und Fernwärmesystemen. «Im Energiebereich könnte der Kanton Fördergelder sprechen oder Anreize schaffen», sagt Bühler.

Wie geht es nun in der bernischen Klimapolitik weiter? Die FDP hat bereits angekündigt, für ökologisch ausgestaltete Autosteuern einen neuen Anlauf nehmen zu wollen. Im März will sie im Grossen Rat einen entsprechenden Vorstoss einreichen.

 

FDP hat schweren Stand

Damit dürfte es die FDP aber schwer haben. Dass die SVP davon nichts wissen will, ist wenig überraschend. Doch auch Imboden von den Grünen sieht dem FDP-Vorschlag eher kritisch entgegen. «Wir haben zum dritten Mal eine Abstimmung zur Autosteuer verloren», sagt sie. «Das müssen wir in dieser Deutlichkeit zur Kenntnis nehmen.» Dennoch bleibt Imboden nach dem klaren Ja zum Klimaschutz-Artikel letzten September überzeugt, dass die Bernerinnen und Berner klimapolitischen Handlungsbedarf sehen.

Nach der Niederlage am Sonntag müsse man aber neue Wege gehen, so Imboden. «In einem neuen Anlauf dasselbe zu wollen, erachte ich als den falschen Weg.» Die Grünen wollen nun einen klaren, transparenten Plan, der den Kanton Bern wegführt von fossilen Brennstoffen – über sämtliche Bereiche hinweg. «Wir brauchen einen Plan, wie wir den öffentlichen Verkehr ausbauen und gleichzeitig klimafreundliche Mobilität fördern können.»

 

KMU-Verband will mitreden

Der Gewerbeverband Berner KMU hat sich ebenfalls gegen die Vorlage ausgesprochen. «Die Erhöhung der Autosteuern hätte vor allem das Gewerbe und den ländlichen Raum getroffen», sagt Lars Guggisberg, SVP-Nationalrat und Direktor des Gewerbeverbands Berner KMU. Sein Verband will sich der Diskussion um Klimapolitik im Kanton Bern indes nicht verschliessen. «Wir sind bereit, Anreize zu schaffen, um erneuerbare Energien zu fördern», sagt Guggisberg. Allerdings dürfe Klimapolitik nicht zu höheren Steuern für Berner KMU führen.

Damit sind die höheren Autosteuern vorerst vom Tisch. Für neue Ansätze müssen sich nun neue Mehrheiten bilden. Trotzdem dürfte ein Grundkonsens für mehr Klimaschutz wohl grundsätzlich bestehen bleiben.

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