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Orpund

Die Schule ist schon wieder zu klein

Im Sommer hat Orpund das sanierte Primarschulhaus eingeweiht. Die Freude hielt jedoch nicht lange an – denn die nächste Baustelle steht bereits bevor.

Der Trakt B (rechts) soll für 1,8 Millionen Franken um ein Geschoss erhöht werden. zvg
von Carmen Stalder
 
Wer seit langem wieder einmal durch Orpund fährt, könnte stellenweise meinen, im falschen Dorf gelandet zu sein. Derart viele Neubauten säumen die Hauptstrasse, dass das Ortsbild ein völlig anderes ist als noch vor ein paar Jahren. Der Bauboom hat die Bieler Agglomerationsgemeinde auch weiterhin fest im Griff: Noch dieses Jahr rechnet die Gemeinde mit elf bezugsbereiten Wohnungen, Ende 2023 sollen 16 folgen, und im Gebiet Untere Zelg sind weitere 20 bis 30 Neubauwohnungen geplant. Gleichzeitig mit dem verfügbaren Wohnraum steigt auch die Bevölkerungszahl. Innert vier Jahren ist das Dorf um 469 Personen auf 3202 Bewohnerinnen und Bewohner angewachsen.
 
Das schnelle Wachstum stellt für die Gemeinde eine Herausforderung dar. Schliesslich benötigen mehr Menschen auch mehr Infrastruktur. Am deutlichsten wird dies, wenn es um den Schulraum geht. Ende August 2021 hat die Gemeinde Orpund nach drei Jahren Bauzeit zur Einweihung der sanierten Primarschule eingeladen – inklusive Gratis-Bratwurst und Hüpfburg. Aller Feierlaune zum Trotz war schon damals klar, dass wohl bald eine neue Baustelle bevorsteht. Denn es gibt schlicht zu wenig Platz für all die neuen Schülerinnen und Schüler. Deshalb will die Gemeinde einen Trakt des Primarschulhauses II um ein Geschoss aufstocken.
 
Keine freien Zimmer
 
Zwangsläufig stellt sich die Frage, wie es soweit kommen konnte. Wieso hat der Gemeinderat nicht vor der rund elf Millionen Franken teuren Sanierung festgestellt, dass die Schule nicht nur erneuert, sondern auch ausgebaut werden sollte? Wie konnte er von der wachsenden Bevölkerungszahl derart überrascht werden? Gemeindepräsident Oliver Matti (SP plus) gibt auf diese Fragen dieselbe Antwort wie schon im letzten Sommer: «Wir wollten keinen neuen Schulraum auf Reserve bauen. Das wäre unseren Steuerzahlenden gegenüber schwer zu vermitteln gewesen.»
 
Bevor die Sanierung an die Hand genommen wurde, verzeichnete das Dorf zwar ein stetiges, aber moderates Wachstum. Beim Umbau des Schulhauses wurde die Raumaufteilung verbessert. Anhand der Bevölkerungszahlen war die Gemeinde davon ausgegangen, dass diese zusätzlichen Räume genug Reserve für die nächsten Jahre bieten würden. Diese Vorstellung erwies sich bald als überholt: Es wurde mehr gebaut und insbesondere ab 2020 zogen mehr Familien nach Orpund als erwartet. Noch während der Sanierung eröffnete die Gemeinde zwei zusätzliche Klassen sowie ein Kindergarten. Von der Reserve ist bald nichts mehr übrig – nach den nächsten Sommerferien wird es in der Primarschule keine freien Zimmer mehr geben.
 
Immerhin konnte die Gemeinde rasch handeln und bereits während der Sanierung die Vorarbeiten für die Aufstockung tätigen. Der betroffene Trakt B könnte nun relativ unkompliziert unter laufendem Betrieb um ein Geschoss erhöht werden. Damit würde Platz geschaffen für zwei neue Schulzimmer und einen Gruppenraum. Anders sieht es aus beim Trakt A: Dieser müsste komplett abgedeckt und verstärkt werden, bevor er aufgestockt werden könnte. Gemäss Vorprojekt kostet die Aufstockung  des Trakts B rund 1,8 Millionen Franken. Würde man beide Schultrakte gleichzeitig erhöhen, käme dies auf 2,5 Millionen Franken zu stehen. Obwohl diese Variante langfristig gesehen billiger wäre, will die Gemeinde davon derzeit nichts wissen – man will schliesslich keinen Schulraum auf Vorrat bauen.
 
Kein Provisorium
 
Am 15. Juni entscheidet die Orpunder Stimmbevölkerung an der Gemeindeversammlung also lediglich über den Kredit für die Aufstockung des Trakts B. Der Gemeinderat stehe geschlossen hinter dem Vorhaben, sagt Oliver Matti. Dies mag auch an der Alternative liegen: «Bei einem Nein müssten wir unschöne Schulcontainer auf den Pausenplatz stellen, die den Kindern Platz zum Spielen wegnehmen würden.» Im Gemeinderat habe man sich klar gegen ein solches Provisorium entschieden, das vielerorts zu einem Dauerzustand werde. Für das Lehrpersonal sei es zudem einfacher, in einem Gebäude unterrichten zu können anstatt über mehrere verteilt.
 
Aktuell besuchen 186 Mädchen und Jungen die Primarschule Orpund. Die Prognosen der Gemeinde gehen davon aus, dass es bis in vier Jahren 225 Schülerinnen und Schüler sein werden. Diese Zahlen würde klar aufzeigen, dass man um eine Aufstockung nicht herumkomme, sagt Matti. Trotzdem erwartet er einen gewissen Widerstand. Das zusätzliche Geschoss könnte nämlich manchen Anwohnenden die Sicht versperren – namentlich jenen an der Grünenmattstrasse und am Pentaweg.
 
Gemäss Baureglement der Gemeinde kann das bestehende Schulhaus um maximal vier Meter erhöht werden. Diese Höhe werde man nicht ganz ausschöpfen, sagt der Gemeindepräsident. Und er fügt an: «Ein Recht auf Aussicht gibt es grundsätzlich nicht.» Um die Bevölkerung über das Vorhaben zu informieren, veranstaltet die Gemeinde heute Abend eine Infoveranstaltung – unter anderem mit dem Ziel, eine Flut von Einsprachen zu verhindern.

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