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Täuffelen

Showdown an der Leimenstrasse

123 Personen haben eine Petition gegen zu schnelles Fahren, überbreite Traktoren und LKW-Mehrverkehr unterschrieben. Zwei Gemeinderäte stellen sich vor Ort drei Anwohnern.

Behörde versus IG-Vorstand: Gemeinderat Thomas Schneider (SVP) und Gemeindepräsident Adrian Hutzli (FDP) bekommen von Mauro Battistel, Manfred Brunner und Ernst Leiser (von links) einiges zu hören. Matthias Käser
Beat Kuhn
 
Die Leimenstrasse in Täuffelen ist eigentlich schön gelegen: Sie schliesst das Dorf nach Süden ab und bietet freie Sicht auf die Landschaft. Doch mindestens 123 Personen ärgern sich über drei Missstände dort, wie sie mit ihrer Unterschrift unter eine Petition der IG Leimenstrasse bekunden: über zu schnelles Fahren, über grosse Landwirtschaftsfahrzeuge sowie über die Aussicht, dass künftig auch noch Kiestransporte von der Kiesgrube Beichfeld in Walperswil darauf fahren sollen (siehe Zweittext). 
Mauro Battistel, Ernst Leiser und Manfred Brunner setzen sich schon seit Jahren für mehr Wohnqualität an der Strasse ein. Ende Januar haben sie nun die Interessengemeinschaft gegründet, deren Vorstand sie bilden. Dass innert kurzer Zeit so viele ihre Petition unterzeichnet haben, zeigt, wie verbreitet der Unmut über die heutigen Zustände an der Strasse ist. 
 
Fast wie zur Zeit von Tempo 50
«Es wird allgemein zu schnell gefahren», ereifert sich Mauro Battistel. Und die Verkehrsmessung im letzten Herbst hat ihm rechtgegeben. Den Vogel abgeschossen hat dabei einer, der in der 40er-Zone mit 76 km/h unterwegs war. Es wurde generell ähnlich schnell gefahren wie bei der Messung im Jahr 2009, als noch auf der ganzen Leimenstrasse die Höchstgeschwindigkeit 50 gegolten hatte. Heute gilt Tempo 50 aber nur noch auf den letzten 150 Metern der rund einen Kilometer langen Strasse vor der Einmündung in die Hauptstrasse. Dass die festgestellten Geschwindigkeiten nicht hingenommen werden dürfen, finden auch Gemeindepräsident Adrian Hutzli (FDP) und Thomas Schneider (SVP), seit Anfang Jahr Gemeinderat und Leiter des Ressorts Landwirtschaft/öffentliche Sicherheit/Ortspolizei.
 
Im Jahr 2010 hatte der Gemeinderat in Täuffelen und Gerolfingen eigentlich flächendeckend Tempo 30 einführen wollen. Doch dieser Antrag war an der betreffenden Gemeindeversammlung abgelehnt worden. Angenommen worden war hingegen der Gegenvorschlag der SVP, der für die Leimen- und die Schulstrasse – am nördlichen Abschluss des gleichen Quartiers – Tempo 40 vorsah. Seit 2009 hat der Verkehr stark zugenommen: Während damals im Schnitt 1300 Fahrzeuge pro Tag durchgefahren waren, sind es heute 1600. Mit Abstand am meisten Verkehr herrscht am Morgen, wenn die Pendler zur Arbeit fahren, und am Abend, wenn sie nach Hause kommen. 
 
Immer mehr überbreite Transporte
Ein Dorn im Auge sind der IG auch «schwere und überbreite Fahrzeuge», so Battistel. Damit sind neben den Lastwagen, für die im Tempo-40-Bereich eigentlich ein Fahrverbot gilt, auch wuchtige landwirtschaftliche Fahrzeuge wie besonders grosse Traktoren mit Anhänger oder aber Mähdrescher gemeint. Diese Art von Verkehr habe in den letzten zwei, drei Jahren enorm zugenommen, sagt Ernst Leiser, der seit einem halben Jahrhundert hier lebt. Wegen speziell breiten Fahrzeugen komme es auch immer wieder zu gefährlichen Kreuzungsmanövern, weiss Manfred Brunner zu berichten: «Im Sommer sehen wir praktisch täglich, dass in solchen Fällen auf unsere Grundstücke ausgewichen wird.» Die IG macht geltend, dass hauptsächlich der landwirtschaftliche Verkehr auswärtiger Lohnunternehmen arg zugenommen habe. «Gegen den einheimischen Landwirtschaftsverkehr von Täuffelen und Gerolfingen haben wir nichts», betont Battistel.
 
Uneinigkeit um Verbot
Laut Battistel hat die Kantonspolizei der IG schriftlich bestätigt, dass auch mehr als 3,5 Tonnen schwere Traktoren mit Anhänger unter das Lastwagenverbot auf der Leimenstrasse fallen, weil damit «Sachtransporte» durchgeführt würden. Thomas Schneider widerspricht: Ihm sei beschieden worden, dass das LKW-Fahrverbot für landwirtschaftliche Fahrzeuge nicht gelte, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen Lohnunternehmer im Auftrag von Dritten oder um einen Bauern handle.
Hutzli sagt, der Fall sei nicht klar. Die Gemeindeverwaltung sei derzeit daran, Klärung zu schaffen. «Seit ich Gemeindepräsident bin, habe ich in heiklen Fällen schon mehrfach erlebt, dass wir von der Polizei unterschiedliche Auskünfte erhielten.» Brunner kann nicht verstehen, dass der Gemeinderat diese Auskunft der Kapo infrage stellt, statt sich für die Sicherheit an der Leimenstrasse einzusetzen. «Traktoren können ja über Strassen im Gebiet Moos fahren, wo sie auch hingehören», sagt er.
 
Doch das lässt Hutzli nicht gelten: «Bei Strassen gilt nicht Gemeindeautonomie, da muss umgesetzt werden, was im Strassenverkehrsgesetz steht.» Für Laster gelte klar ein Verbot, «bei den landwirtschaftlichen Fahrzeugen sind wir uns nur einig, dass wir uns nicht einig sind». Schneider seinerseits relativiert, dass landwirtschaftliche Transporte ausschliesslich in den Monaten September bis November durchgeführt würden, und dies auch nur tagesweise. Das lässt die IG Leimenstrasse nur zum Teil gelten.
 
IG macht konkrete Vorschläge
Die IG Leimenstrasse beschränkt sich aber nicht aufs Klagen, sondern macht auch konkrete Vorschläge, wie die Situation ihrer Meinung nach verbessert werden könnte: Die gefahrenen Geschwindigkeiten sollen durch fahrbahnverengende weisse Pfosten entlang der ganzen Strasse sowie zusätzliche Poller verringert werden. Darüber hinaus soll ein Poller im Eingangsbereich aus Richtung Epsach in die Leimenstrasse dafür sorgen, dass die nahenden Autos «nicht die Kurve schneiden und dann mit zu hoher Geschwindigkeit in die Leimenstrasse einfahren». Für den Fuss- und Fahrradverkehr sollen gelbe Markierungen aufgetragen werden. 
Thomas Schneider sagt, man prüfe diverse Varianten zur Verkehrsberuhigung, doch habe sich der Gesamtgemeinderat noch nicht damit befasst. Im März soll eine weitere Sitzung zwischen den Behörden und der IG Leimenstrasse stattfinden.
 
 
 
ZWEITTEXT:
 
Auch gegen Kiesgrubenverkehr
 
Ein Unmut an der Leimenstrasse ist neu: Der Kanton plant in Walperswil die Kiesgrube Beichfeld, die vom Kieswerk Hurni in Sutz betrieben würde. Für die Erschliessung sieht er die Route Epsachstrasse - Weiler Baar - Baarstrasse - Moosgasse - Dorfrain - Hauptstrasse vor. Der Gemeinderat Täuffelen-Gerolfingen findet aber, dass durch diese Route das Siedlungsgebiet von Täuffelen «erheblich belastet» würde, Kinder auf dem Schulweg gefährdet wären und der Anschluss an die Hauptstrasse schwierig sei. «Daher hat er im Mitwirkungsverfahren die Variante Moos - Hölzlirain - Leimenstrasse - Hauptstrasse vorgeschlagen», wie er schreibt. Von der Leimenstrasse wären die 150 Meter mit Tempo 50 betroffen, auf denen das Lastwagenverbot nicht gilt (siehe Grafik).
 
Für welche Variante sich der Kanton entscheidet, wird der Mitwirkungsbericht zeigen. Derzeit werden Mitwirkungseingaben ausgewertet, wie der Variantenvorschlag des Gemeinderates Täuffelen-Gerolfingen eine ist. Die IG Leimenstrasse fordert eine Mitsprache bei der Wahl der Erschliessungsvariante, falls die Kiesgrube kommt. Da die IG Beichfeld ohne Grube angedroht hat, gegen deren Realisierung wenn nötig bis vor das Bundesgericht zu gehen, dürfte diese Frage allerdings erst in einigen Jahren virulent werden. bk
 
Am 9. März um 20 Uhr findet in der Aula des Oberstufenzentrums eine Informationsveranstaltung zur Verkehrsführung für die Erschliessung der Kiesgrube und des Bodenumschlagplatzes Beichfeld statt. 

 

Stichwörter: Leimenstrasse, Täuffelen

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