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In Oberwil ist Käseübergabe

Milchwirtschaft In der Käserei Oberwil geht eine Ära zu Ende: Der langjährige Käsermeister Jakob Beer und 
seine Frau Ruth geben die Betriebsführung nach mehr als 30 Jahren ab. Oskar Häni übernimmt.

Manuela Habegger-Schnyder

«Der Gipfelstürmer aus Oberwil» titelte die «Coop-Zeitung» vor zwei Jahren, als Jakob «Köbu» Beer wieder einmal mit einer neuen Kreation auftrumpfe. Der heute 60-Jährige konnte während seiner Käserzeit in Oberwil so einige Auszeichnungen für seinen Emmentaler oder andere Spezialitätenkäse einheimsen.

So war er stets innovativ und unter anderem einer der ersten, der in den 90er-Jahren Biomilch separierte und daraus Biokäse machte: «Ich wollte die beiden Bio-Landwirte bei uns im Dorf nicht verlieren», sagt er. Mit verschiedenen Spezialitäten wie Blauschimmelkäse blieb er über die Jahre vielseitig in seinem 
Käserepertoire. Heute zählt die Dorfkäserei deshalb 16 Käsesorten, die über die Ladentheke oder an die regionalen Läden verkauft werden.

Nach mehr als 40 Jahren als Käser in Oberwil, davon 31 Jahre selbstständig mit seiner Frau Ruth Beer, gibt er nun die Betriebsführung an die junge Generation weiter. Die Geschicke des Betriebs wird ab morgen Oskar Häni lenken. Der 34-Jährige kommt aus Diessbach und gehört seit zwei Jahren zum Team: «Ich freue mich darauf. Für die Arbeit als Käser bin ich gewappnet. Es wird aber nicht ganz einfach, auch die Arbeit von Ruth zu kompensieren», sagt Oskar Häni.

Dorfkäsereien beliebter

Der abtretende Käsermeister Jakob Beer hat nicht nur eine Liebe zum Emmentaler-Käse, sondern hat auch seine Wurzeln im Emmental. Sein Vater Alfred kommt aus diesem Teil des Kanton Bern und hat die Familiengeschichte in Oberwil zu schreiben begonnen, als er 1969 die Führung der 1850 gegründeten Käserei übernahm. Damals war Jakob Beer erst sieben Jahre alt: «Ich habe immer eine grosse Verbindung ins Emmental gespürt und bin etwa auch passionierter Langnau-Fan», sagt er.

Nach einem Abstecher ins neuenburgische Lignières und Alechenstorf im Emmental, wo er den Käserberuf erlernte, hat Beer bereits mit 20 Jahren in Oberwil als Käser angefangen. Zehn Jahre lang hat er dort mit seinem Vater die bis zu 120 Kilo schweren Emmentaler-Laibe hergestellt, bevor er 1991 die Käserei zusammen mit seiner Frau Ruth selbstständig den Betrieb weiterführte. «Die Laibe haben wir damals sogar noch von Hand gedreht», erinnert er sich. Damals waren es fast dreimal so viele Landwirte, die Milch der Käserei zulieferten. Heute sind es noch zwölf Lieferanten, aber fast dieselbe Milchmenge. Zurückgegangen ist in dieser Zeit auch die Zahl der Dorfkäsereien in der Schweiz. Waren es Anfang der 90er-Jahre beispielsweise noch rund 500 Emmentaler-Käsereien, sind es heute noch knapp 100. Auch die Käserei in Ins wird seine Türen schliessen.

Die Dorfkäsereien werden seit der Pandemie von der Bevölkerung aber wieder mehr geschätzt, wie Jakob Beer sagt: «Auch jetzt noch meiden die Leute den Andrang in den grossen Läden, trotz der Lockerungen», sagt er und begründet den nachhaltigen Effekt mit der guten Käsequalität und dem Preis: «Man hat offenbar gemerkt, dass der Käse bei uns nicht teurer ist als bei den Grossen. Im Gegenteil», sagt er.

Einstimmig gewählt

Mittlerweile ist es schwieriger geworden, junge Käser für die Übernahme von Dorfkäsereien zu begeistern, wie Jakob Beer sagt. Die Berufe Käserin/Käser und Molkerin/Molker wurden in der Zwischenzeit zum Milchtechnologen zusammengeführt. Und die Milchtechnologen beschäftigen sich heute meist lieber anderswo in der Lebensmittelbranche. «Die Jungen wollen die oft veralteten Infrastrukturen der Dorfkäsereien nicht übernehmen und das höhere Arbeitspensum nicht mehr stemmen», sagt Jakob Beer.

Nur gut, dass die Anlagen und die Sechszimmer-Wohnung im Obergeschoss in Oberwil modern gehalten wurden: «Das ist sicher mit ein Grund, weshalb ich hier gerne die Arbeit übernehme», sagt Oskar Häni, der die Verantwortung offenbar nicht scheut. Er kennt Jakob Beer schon länger, hatte stets Kontakt mit ihm, als er zuvor in der Käserei in Dotzigen angestellt war. Beer sei eines Tages mit dem Angebot auf ihn zugekommen. Von der Käsereigesellschaft Oberwil wurde er dann einstimmig als neuer Milchkäufer gewählt. So nimmt Häni ab heute Abend offiziell die Milch entgegen – mit Unterstützung des bestehenden Teams. Dazu gehören zwei Käser und drei Verkäuferinnen. Nicht ganz einfach als so junger Chef den Respekt der teilweise seit 20 Jahren eingespielten Truppe zu gewinnen: «Ich denke, die Kommunikation ist sehr wichtig. Man muss miteinander reden und sagen, was einem stört oder was einem gefällt», sagt Häni. Er freue sich auf die Zusammenarbeit.

Heute wird nun erst einmal die lange Ära der Beers gefeiert. Zu Wein und Käse wollen sich Jakob und Ruth von den Landwirten und treuen Kundschaft verabschieden. «Wir wollen für die tolle Zeit in Oberwil ein grosses Merci aussprechen», sagt Ruth Beer.

Quelle: Swissmilk

Noch 600 Käsereien

  • Rund 600 Dorfkäsereien 
verarbeiten in der Schweiz ein Drittel der gesamten Milchmenge zu Rohmilch-Käsesorten wie Le Gruyère, Emmentaler oder Appenzeller. Das entspricht 1,1 Millionen Tonnen Milch und 120 000 Tonnen Käse.
  • Die Zahl der gewerblichen 
Käsereien haben im Zeitraum von auf abgenommen.
  • Die anderen zwei Drittel der Milchmenge werden in vier Gross- sowie Mittel- und Kleinmolkereien zu Konsummilch, Rahm, Butter, Milchpulver, 
Jogurt, Käse und Milchspezialitäten verarbeitet.
  • Die vier grössten Molkereien (Emmi, Cremo, Hochdorf, Zuger Frischkäse) verarbeiten dabei knapp 2 Millionen Tonnen Milch (60 Prozent der Milchmenge).
  • Die gesamte Käseproduktion liegt mit etwa 190 000 Tonnen deutlich höher. mha