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Tischtennis

Alleine mit der 2-Meter-Distanz ist es noch lange nicht getan

Seit Montag können die Tischtennisclubs unter Einhaltung der Vorgaben wieder trainieren. Die Hallen stehen aber noch nicht allen offen, wie die Situation bei den Seeländer NL-Vereinen zeigt.

Den Gegner auf Distanz halten: Schweizer Topspieler Cédric Tschanz (hinten) bei seinem Auftritt am Seeland-Cup 2019 in Brügg./Copyright: Susanne Goldschmid/Bieler Tagblatta

Francisco Rodríguez

Am letzten Montag war es endlich soweit: Zahlreiche Breitensportlerinnen und -sportler durften nach den Lockerungen des Bundesrats ihr erstes Vereinstraining besuchen. Zu den Glücklichen gehörten unter anderem Tischtennisspielerinnen und -spieler im Seeland, die unter Einhaltung der restriktiven Vorgaben nun wieder ihrem geliebten Hobby frönen können. Allerdings gibt es daneben auch solche, die sich noch etwas länger gedulden müssen.

Port und Aarberg spielen nächste Saison mit ihren Fanionteams in der Nationalliga C und gehören damit von der sportlichen Hierarchie her zu den Aushängeschildern im Männertischtennis in der Region. Während Port seit Anfang Woche wieder wie gewohnt in der Mehrzweckhalle der Gemeinde trainiert, bleibt für Aufsteiger Aarberg die Turnhalle vorerst noch geschlossen. «Eigentlich wären wir ja bereit», sagt Daniel Aebi, Vereinspräsident des Tischtennisclubs Aarberg. Man habe sich eingehend mit dem Schutzkonzept des nationale Verbands Swiss Table Tennis auseinandergesetzt. «Im Unterschied zu anderen Sportarten, in denen es normalerweise zu Körperkontakt kommt, sind Trainings in unserer Sportart auch in Coronazeiten absolut machbar», ist Aebi zum Schluss gekommen.

Schon nur der simple Blick auf eine fiktive Spielsituation macht dies klar. Die Tischplatte misst in der Länge genau 2,74 Meter, und zwei Spieler stehen sich an deren Enden gegenüber. Es scheint unter diesen Voraussetzungen kein Problem zu sein, die vom Bundesrat geforderte 2-Meter-Distanz einzuhalten, ausser man spielt mit Partnern ein Doppel. Dieses wird jedoch im Konzept explizit verboten. Für die Aarberger wäre es in Coronazeiten schon das höchste aller Gefühle, in der Halle Einzelpartien auszutragen. Laut Schutzkonzept dürfen sich in einer Norm-Einfachturnhalle mit den Massen von 25 mal 14 Metern maximal 10 Personen aufhalten sowie vier Tischtennistische aufgestellt werden. Da in der Schweiz weiterhin das Versammlungsverbot von mehr als fünf Personen gilt, würden in diesem Fall zwei fixe Trainingsgruppen mit je vier Spielern und einem Trainer gebildet, wobei die Trainierenden in der Halle nicht zur anderen Gruppe wechseln dürften.

Hiobsbotschaft von der Gemeinde

Beim TTC Aarberg hatte man in der kleinen Turnhalle an der Nidaustrasse zunächst mit einer Trainingsgruppe von fünf Leuten und zwei Tischen geplant. «Wir wollten noch einmal genau abklären, wie gross die Halle ist», so Aebi. Da der Tischtennisverein im regulären Hallenbelegungsplan von Dienstag bis Samstag fixe Plätze hat, wären alle Interessierten zumindest einmal zum Zug gekommen. Nun steht aber unfreiwillig noch mehr Zeit für die Umsetzung des Konzepts bereit. Denn letzte Woche informierten die Behörden in Aarberg alle Vereine mit einem Rundschreiben, das auch auf der Homepage der Gemeinde aufgeschaltet ist, dass die Indooranlagen vorerst bis am 7. Juni nicht zur Verfügung stehen würden. Eine Begründung wurde keine gegeben und nur erwähnt, dass die besagten Hallen einzig den Schulen offen stünden.

Auf Nachfrage des BT erklärt Marc Moser, der im Gemeinderat die Sicherheitskommission präsidiert, man habe die Vor- und Nachteile einer breiten Öffnung abgewogen. Die Schule geniesse Priorität und die Sicherheit der Menschen stünde im Vordergrund. Man habe einfach kein unnötiges Risiko eingehen wollen, sagt Moser, und spricht von einer zu vermeidenden Durchmischung. Das mit dem Corona-Thema beauftragte Gemeindeführungsorgan in Aarberg erachte es als problematisch, dass die Hallen von verschiedenen Altersgruppen benutzt würden. Nach dem Turnunterricht und vor dem Eintreffen der Vereine am Abend müssten die ganze Halle und alle Geräte gründlich desinfiziert werden, was auch mit einem enormen Aufwand verbunden wäre. «Klar wäre es in vereinzelten Fällen eher möglich gewesen, gewisse Sportvereine in die Halle zu lassen. Wir wollten aber eine für alle verbindliche Lösung haben und niemanden bevorzugen.» Jetzt wolle man zunächst abwarten, wie der Bundesrat übernächste Woche die allgemeine Entwicklung in der Coronakrise einschätze, bevor die Hallen auch für die restlichen Benutzer wieder geöffnet würden.

Pingpong ist nicht Tischtennis

Der TTC Aarberg muss sich wohl oder übel weiterhin mit individuellen Trainings fit halten. Jene im Verein, die einen Tischtennistisch im Keller haben sowie zusätzlich sogar einen Tischtennisroboter benutzen, so wie Aebi, können zuhause mit dem Schläger in der Hand Bälle spielen. Bei schönem Wetter lockt zudem draussen ein kleines Match auf einem der Allwettertische, wie sie auf einigen Spielplätzen in der Region stehen. «Das ist dann aber definitiv ‹Pingpöngle› und hat mit dem Tischtennissport nicht mehr viel zu tun», winkt Aebi ab. Draussen auf Steintischen und bei Wind könnten keine realen Wettkampfbedingungen simuliert werden. Dazu brauche es zwingend ein Training in der Halle und auf Turniertischen, wie dies nun seit Wochenbeginn beim TTC Port wieder angeboten wird.

Ganz entspannt können die Porter aber ihre Rückkehr in den Trainingsbetrieb nicht geniessen. «Die Auflagen sind ganz schön happig», sagt Klubpräsident Markus Gmür. Der Aufwand sei derart gross, dass ihn sich nur jene «Verrückten» antun würden, die unbedingt schon jetzt wieder ins Training einsteigen wollten. Auch Gmür selber gehörte am Montag zu den «Verrückten», die nebst Tischtennisspielen noch viel Administratives und Organisatorisches zu erledigen hatten, wie dem Ausfüllen des obligatorischen Trainingsprotokolls. Viel zu tun gab zudem das Desinfizieren, wegen Corona quasi die Königsdisziplin in allen Sportarten.

Gewöhngsbedürftige Regeln

Die hygienischen Massnahmen gehen im Schutzkonzept so weit, dass jeder Spieler nebst seiner üblichen Ausrüstung und seinem Desinfektionsmittel auch seine eigenen farblich markierten Tischtennisbälle zum Training mitbringen muss und nur diese anfassen darf. Das Handtuch zum Abwischen des Gesichts und der Spielhand darf nur mit der Spielhand selber angefasst werden und nicht mit der Hand, in der die Bälle gehalten werden. Verboten ist es, den Tisch anzufassen. Dazu kommen viele weitere Verhaltensregeln. «Das ist alles sehr gewöhnungsbedürftig und verlangt von jedem einzelnen eine ungeheure Selbstdisziplin», sagt Gmür. Speziell in einer so schnellen Rückschlagsportart wie dem Tischtennis sind viele Bewegungsabläufe automatisiert. «Man muss sich wirklich zusammenreissen, um zum Beispiel einen zu weit gespielten gegnerischen Ball nicht reflexartig mit der Hand abzufangen», so Gmür.

Nichtsdestotrotz ist man in Port dankbar darüber, dass die Mehrzweckhalle dem Verein nun wieder offensteht. Die Dreifachhalle erlaubt es dem Tischtennisclub, bei einem benutzten Drittel vier Tische aufzustellen, bei zwei sind es dann sogar acht Tischtennistische für insgesamt 20 Mitglieder. Vielleicht können ja die Aarberger bei ihren Porter Sportkollegen schon mal Tipps einholen, wie das ganze Schutzkonzept in der Praxis umgesetzt werden soll, ehe es auch für sie mit etwas Verspätung endlich wieder losgeht.

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Personelle Wechsel nach dem Aufstieg

Für den Tischtennisclub Aarberg ist die Saison 2019/20 trotz Abbruchs ein voller Erfolg – auch dank des Verbandsentscheids, die nicht ganz zu Ende gespielte Mannschaftsmeisterschaft gleichwohl zu werten. Der Grundsatzentscheid wurde basierend auf konsultativen Vereinsumfragen in den Regionen getroffen und hatte zur Folge, dass alle Teams, die bereits am 13. März als Auf- oder Absteiger feststanden, aufsteigen durften oder eben absteigen mussten. Zu diesem Zeitpunkt lag Aarberg mit drei Mannschaften uneinholbar an der Spitze und stieg somit in die 2., 3. und 4. Liga auf. Das Tüpfelchen auf dem i lieferte schliesslich das Fanionteam in der 1. Liga. Nachdem die Aufstiegsspiele nicht mehr hatten ausgetragen werden können, erhielten alle aufstiegswilligen Erstklassierten der Regionalverbände einen Platz in der Nationalliga C zugesprochen. Aarberg als Zweitklassierter im Mittelländischen Tischtennisverband ergatterte sich per Los am grünen Tisch sein NLC-Ticket. Der Klassenerhalt der zweiten Mannschaft in der 1. Liga rundet Aarbergs starke Saison ab.

Wann die Saison 2020/21 wird starten können, steht aufgrund der Coronakrise noch nicht fest. Da im Schweizer Tischtennis jeweils nur wenige Zuschauer die Partien verfolgen, ist eine entsprechende Lockerung des Bundesrats vorausgesetzt die Durchführung der Meisterschaft ab Herbst realistisch. Aarbergs NLC-Mannschaft erfährt bis dahin personelle Änderungen. Routinier Christian Fischer will sich vermehrt auf den Laufsport konzentrieren und legt eine Pause ein, während Simon Lüthi in die zweite Mannschaft wechselt. Die beiden Zuzüge sind Jan Svoboda, der für Lyss in der abgebrochenen 2.-Liga-Meisterschaft 39 von 41 Einzel gewinnen konnte, sowie Jan Dürrenmatt vom Zweitligisten Köniz. Ob Aarberg in der Nationalliga C vom Verband in die Gruppe von Port eingeteilt wird und es somit auf diesem Niveau ein Seeländer Derby gibt, ist derzeit noch offen. fri