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Tennis

Anzahl Schweizer Profis wird halbiert

Fast die Hälfte aller Tennisprofis auf der Tour verdient jährlich kein Preisgeld. Eine geplante Reform
des internationalen Tennisverbands soll die Anzahl Profis drastisch verringern. Sie tritt 2019 in Kraft.

Müsste für die Transition Tour ins Ausland: Tennis-Nachwuchshoffnung Jérôme Kym aus Möhlin. Bild: Peter Samuel Jaggi

Michael Lehmann

Hart, aber wahr: Der Weg vom Tennisjunior zum Spitzenathleten gelingt nur den wenigsten. Selbst von den Spielerinnen, die im Junioren-Ranking unter den
Top-100 waren, schafft es nur jede Fünfte auch in die Top-100 der Profis. Bei den Männern sind es gar nur sieben Prozent. Das belegen Statistiken des internationalen Tennisverbands (ITF). Weiter hat das die ITF festgestellt, dass es für eine Spielerin nach dem Gewinn ihres ersten WTA-Punktes durchschnittlich vier Jahre dauert, bis sie in die Top-100 vorstösst. Bei den männlichen Athleten (ATP) sind es schon fast fünf Jahre.

Gute Resultate sowie ein gutes Ranking sind jedoch wichtig, um sich das Profidasein finanzieren zu können. Vom Sport leben kann nur, wer wirklich gut ist (mehr in Infobox). Dennoch tummeln sich weltweit rund 14 000 Spielerinnen und Spieler auf der Tour. Rund 6000 von ihnen, sie werden Tennis-Touristen genannt, verdienen jährlich keinen Rappen Preisgeld und müssen sich ihren Lebensunterhalt anderweitig finanzieren. Das birgt auch Korruptionsgefahr. Denn bei bestimmten Wettanbietern ist es sogar möglich, auf Spiele von Turnieren der niedrigsten Preisgeldstufe (15 000 Dollar) zu wetten.

 

Der harte Boden der Realität
Die ITF hat im April beschlossen, den Profizirkus auf die Saison 2019 hin grundlegend zu ändern und die Zahl der Tennis-Touristen zu minimieren. Nur noch 750 Spieler pro Geschlecht sollen ein ATP- oder WTA-Ranking aufweisen. Oder anders ausgedrückt: aus 14 000 mach 1500 Tennis-Profis, die sich die höheren Preisgelder teilen.

Konkret werden die sogenannten Level-1-Turniere (15 000 Dollar Preisgeld) in die Transition Tour umgewandelt. Sie steht den Spielern jenseits der Top-750 offen, auf dieser Tour werden aber keine WTA- und ATP-Punkte verteilt. Sie führt ein paralleles Ranking mit ITF-Entry-Points. Holen die Athleten genug Punkte, erhalten sie die Chance, sich für Turniere der Profi-Tour anzumelden.

Von den momentan rund 60 Profispielern in der Schweiz befinden sich etwa 30 in den Top 750. Das heisst, dass ab 2019 die Hälfte der Schweizer Tennisspieler den Profistatus verliert. Die Auswirkungen sind jedoch minim. Zwar dürfte es leicht schwieriger werden, sich via ITF-Entry-Points in die Top-750 zu kämpfen, in finanzieller Hinsicht ist für diese Spieler aber auch in der momentanen
Situation nur wenig zu holen.

Indem sie sich nicht mehr Profis nennen können, würden die Athleten auf den harten Boden der Realität geholt, sagt Swiss-Tennis-Headcoach Yves Allegro. «Diese Spieler müssen sich fragen, ob sie wirklich eine Profikarriere anstreben wollen.» Denn selbst ein Platz unter den Top-750 garantiert den Athleten nicht, vom Tennis leben zu können. Es wäre nötig, sich ein zweites Standbein aufzubauen.

 

Keine Transition Tour in der Schweiz
Weiter strebt die ITF mit der Reform an, Nachwuchshoffnungen zu fördern. Die Top-50 der jeweiligen Junioren-Weltranglisten kann an der Transition Tour teilnehmen und so an die professionellen Bedingungen herangeführt werden. Swiss Tennis wird künftig jedoch darauf verzichten, Level-1-Turniere durchzuführen. Die momentan fünf Turniere in der Schweiz werden attraktiver gestaltet (mindestens 25 000 Dollar Preisgeld) oder fallen weg. Letzteres wird jedoch wohl nur einen Wettkampf betreffen, die anderen vier werden aufgewertet.

«Wir fördern unsere Junioren, indem wir unsere heimischen Profi-Turniere aufbessern», sagt Karin Rosser, Wettkampfleiterin bei Swiss Tennis. Schweizer Talente, die durch gute Leistungen auf sich aufmerksam machten, würden dann durch Wildcards die Chance erhalten, an den Turnieren teilzunehmen. Dort können sie ATP- oder WTA-Punkte gewinnen und sich so in die Top-750 spielen.

Der Weg ins Profigeschäft führt für starke Junioren wie den 14-jährigen Aargauer Jérôme Kym, der gestern an der Schweizer Meisterschaft in Biel den an vierter Stelle gesetzten Antoine Bellier forderte (mehr nebenan), in erster Linie weiter über heimischen Boden.

Stichwörter: Sport, Tennis, Jérôme Kym