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Automobil

«Audis Rückzug ist einfach schade»

Neel Jani äussert sich zum Rückzug von Audi aus der Langstrecken-WM. «Wir verlieren einen starken Gegner», sagt der Porsche-Werksfahrer.

Ein Bild, das bald der Vergangenheit angehört. Ein Audi verfolgt einen Porsche. copyright: porsche/zvg

Neel Jani, wie haben Sie auf die Nachricht reagiert, dass sich Audi Ende Saison aus der Langstrecken-WM zurückzieht?
Neel Jani: Diese Meldung kam nicht völlig aus dem Nichts. Allerdings wurde über einen Rückzug auf Ende 2017 gemunkelt. Es war klar, dass zwei Werkteams des gleichen Konzerns langfristig keinen Sinn machen. Dass nun schon Ende dieser Saison Schluss ist, hat wohl auch mit dem Dieselskandal zu tun. Ich kann mich glücklich schätzen, hat es Audi und nicht Porsche getroffen.

Dass Audi beim Hybrid-Antrieb auf Diesel und Porsche auf Benzin setzt, dürfte innerhalb des VW-Konzerns gegen Audi gesprochen haben.
Das spielte vielleicht eine Rolle, aber ich denke nicht, dass dies der Hauptgrund war. In erster Linie muss der Konzern im Motorsport schlicht sparen.    

Mit Marcel Fässler ist auch ein Schweizer Fahrer betroffen.
Mir tut es natürlich vor allem für die Fahrer leid, speziell Marcel und André (Lotterer, Anm. d. Red.)sind gute Freunde von mir. Zudem verlieren wir in der LMP1-Kategorie einen starken Gegner. Zuletzt waren die Duelle auf einem sehr hohen Niveau. Es ist schade, geht dies nun zu Ende.

Sie könnten aber auch froh sein, dass es Porsche kommende Saison mit einem Konkurrenten weniger zu tun hat.
Nein, für uns ist Audis Rückzug einfach schade. In der aktuellen Saison hatten wir schon mehrere unglaublich spannende Rennen. Und das obwohl die drei Werkteams mit komplett verschiedenen Konzepten antreten.

Wie hoch sind die Chancen, dass bald ein neuer Hersteller in die LMP1 eintritt? Man hört immer wieder von BMW und Peugeot.
BMW hat sich vorerst für das GTE-Programm entschieden. Ich hoffe schon, dass Peugeot in die Langstrecken-WM zurückkehrt. Das Problem ist, dass das hohe Niveau auf der Entwicklungsebene auf viele Hersteller abschreckend wirkt. Kommt hinzu, dass Nissans Einstieg in die LMP1 letztes Jahr komplett gescheitert ist. Das Regelwerk ist sehr offen, weshalb man enorm viel in die Entwicklung investieren muss. Zudem wird ab 2018 neben der Brems- und Abgasrückgewinnung mit einem dritten Energierückgewinnungssystem gefahren. Kurz:Ohne eine Struktur auf Formel-1-Niveau hat ein neues Team keine Chance. Zur Illustration:Bei Porsche sind rund 270 Mitarbeiter für die beiden LMP1-Fahrzeuge tätig.  

Audi sieht die Zukunft des Motorsports mit Elektromotoren und will in die Formel E einsteigen. Ihre Meinung?
Es ist schön, wie sich die Formel E entwickelt, sie ist aber nach wie vor ein Minusgeschäft. In Zukunft wird es sicher in diese Richtung gehen. Die Frage ist, ob mehr auf das Hybrid-System, wie wir es nutzen, oder auf rein elektrische Energie gesetzt wird. Entscheidend wird sein, wie sich die Batterie-Technologie entwickelt. Momentan müssen die Formel-E-Wagen ja nach 20 Minuten ausgetauscht werden, da die Batterien leer sind. Wir fahren hingegen in Le Mans 24 Stunden mit einem Hybrid-System, dass nicht mehr Energie als ein herkömmliches Auto verbraucht. Mit dem Unterschied, dass wir ständig Vollgas geben (lacht).

Zurück zu den bald arbeitslosen Audi-Piloten. Bei Porsche wird nach Mark Webbers Rücktritt mindestens ein Cockpit frei.
Das stimmt. Und Toyota will anscheinend nächstes Jahr in Spa und Le Mans mit drei Autos antreten, da gibt es wohl noch frei Plätze. Allgemein mache ich mir keine Sorgen um diese Fahrer, unsere Serie geniesst ein hohes Ansehen.   
Interview:Moritz Bill