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Tennis

«Das war hoffentlich mein letzter Meistertitel»

Timea Bacsinszky ist zurück: In Bözingen gab die 22-jährige Lausannerin nach achtmonatiger Verletzungspause ihr Comeback und holte gleich den Schweizer- Meister-Titel. Nun will sie zurück ins Profigeschäft.

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Lino Schaeren

Acht Matchbälle hatte Timea Bacsinszky (N1/1) bereits vergeben, als sie im Tiebreak des zweiten Satzes 7:6 führte. Der neunte sollte es dann sein, der zum Glück führte. Ein Schlag, ein Schrei. 6:3, 7:6. Stephanie Vogt (N1/3) musste ihrer Konkurrentin am Netz zum Schweizer-MeisterTitel gratulieren. Hart getroffen hat die Niederlage die Liechtensteinerin nicht, «ich bin eher international ausgerichtet», sagte sie nach dem Final schlicht. Das- selbe gilt eigentlich auch für Gegnerin Bacsinszky. Dennoch war die Lausannerin nach dem gewonnenen Matchball überwältigt.

Immer noch mit Schmerzen

Nach dem Rücktritt von Patty Schnyder war klar: Die Schweizer Fed-Cup-Hoffnungen ruhen in Zukunft auf den Schultern von Timea Bacsinszky. Die Lausannerin konnte die neue Verantwortung bislang aber noch gar nie wahrnehmen. Denn das neue Schweizer Aushängeschild im Frauentennis hatte acht Monate mit einer Fussverletzung zu kämpfen. Die letzte Einzelpartie bestritt Bacsinszky im April, bei der Playoff-Begegnung der Schweiz gegen Schweden. «Das waren acht Monate harter Kampf», sagt die 22-Jährige in Bözingen. Die Schminke ist vom Schweiss verschmiert, Vogt hat ihr im Final alles abverlangt. «Das ist ein spezieller Titel für mich.» Er bedeutet die Rückkehr ins Tennisgeschäft im neuen Jahr. «Das war ein Test für mich, um zu sehen, wo ich stehe», sagt Bacsinszky. Den Test hat sie bestanden. Auch wenn sie in Bö-zingen ihre vier Partien unter Schmerzmiteln absolvieren musste, «und dennoch tat mein Fuss weh». Sie sagt, das werde wohl auch noch ein Jahr so bleiben, «wie lange, kann leider niemand sagen». Bacsinszky absolviert jeden Tag Physiotherapie, auf dem Trainingsplatz steht sie in Lausanne.

In Bözingen gewann die Rechtshänderin ihren zweiten nationalen Meistertitel bei den Aktiven, bereits 2006 hatte sie triumphiert. Keine weiteren kann sie auf ihrem Konto verbuchen, weil sie gar nicht mehr angetreten war. «Wenn ich auf der Profitour spiele, trete ich hier gar nicht an.» Da Bacsinszky wegen der langen Pause aber in der Weltrangliste fast 200 Plätze verloren hat, muss sie wieder klein anfangen. «Das war hoffentlich mein letzter Schweizer-Meister-Titel», sagt Bacsinszky und lacht. 2012 will sie sich dann auf der Tour wieder nach vorne arbeiten, Punkte hat sie praktisch keine zu verteidigen. Bacsinszkys beste Klassierung stammt vom Juni 2010, als sie als Weltnummer 37 geführt wurde. Dass nun die Tennisschweiz nach ihrer Rückkehr auf sie hofft, setze sie nicht unter Druck, sagt sie. «Es ist vielmehr eine grosse Ehre.» Bacsinszky verweist aber darauf hin, dass sie derzeit national gar nicht die Nummer eins sei, auch wenn sie als Topgesetzte nach Bözingen an die Schweizer Meisterschaft reiste und die Anforderungen erfüllte. Tatsächlich wird Bacsinszky in der Weltrangliste deutlich hinter Stefanie Vögele (138) auf dem 244. Rang geführt.

Laaksonen geht die Luft aus

Hart arbeiten musste bei den Männern der Freiburger Adrien Bossel (N1/9) für den Titel. Nach- dem er die Nummer vier des Turniers Alexander Sadecky (N1/7) überraschend klar in zwei Sätzen ausgeschaltet hatte, wartete im Final die Überraschung des Turniers: Henri Laaksonen (N2/14). Der finnisch/schweizerische Doppelbürger, der sich vor gut einem Jahr entschied, seine internationale Karriere mit der Schweiz zu lancieren und in die Swiss-Tennis-Villa in Biel zog, besiegte im Viertelfinal den topgesetzten Robin Roshardt (N1/6), rang im Halbfinal Sandro Ehrat (N2/11) nieder und durfte deshalb im Final durchaus als ernst zu nehmender Kandidat für den Titel gehandelt werden.

Der Wahlbieler startete denn auch mit viel Selbstvertrauen in die Partie, liess Bossel, der sich vor allem mit fragwürdigen Schiedsrichterentscheiden beschäftigte, vorerst nicht ins Spiel kommen. Demnach ging es ziemlich schnell: Laaksonen entschied den ersten Satz mit 6:3 zu seinen Gunsten. In der Folge lieferten sich Bossel, der Linkshänder, und Laaksonen, der Rechtshänder, immer wieder packende Grundlinienduelle, Stoppbälle oder Netzangriffe waren indes Mangelware. Beide Finalisten spielten mit Risiko, nebst den vielen tollen Gewinnschlägen war auch die Fehlerquote auf beiden Seiten hoch. Im zweiten Durchgang fand Bossel, immer noch mit dem Unparteiischen hadernd, besser zu seinem Spiel, konnte das Geschehen ausgeglichen gestalten und im Tiebreak entscheidend davonziehen.

Im Entscheidungssatz war die Luft bei Laaksonen, der bereits im Halbfinal gleichentags über drei Sätze gehen musste, etwas draussen. Bossel profitierte und siegte im dritten mit 6:3.

Xenia Knoll enttäuscht

Einen enttäuschenden Aufrtitt an den nationalen Meisterschaften der Aktiven hatte die Lysserin Xenia Knoll (N1/9). Im Vorfeld noch die Titeljagd angekündigt, scheiterte die Nummer sechs des Turniers bereits in der zweiten Runde, nachdem sie in der ersten ein Freilos genoss. Beim ersten Auftritt also war bereits Endstation. Gegen Mégane Bianco (N2//17) gewann die Seeländerin zwar den Startsatz, unterlag aber schliesslich mit 6:4, 3:6, 5:7.

Im Turnier der Klubmeister scheiterte der Nidauer Nico Borter (R1) erst im Halbfinale: er unterlag David Ruefer (N4/147) klar in zwei Sätzen.

 

Trotz Schmerzen: Timea Bacsinszky zeigte sich bei ihrem Comeback in Bözingen in physisch guter Verfassung. Bilder: Tobias Anliker

Schaffte die Premiere: Adrien Bossel startete als Nummer vier ins Turnier und gewann seinen ersten Schweizer-Meister-Titel.

Halbfinal- und Finalspiele

Männer:

- Halbfinals: Bossel (4) s. Sadecky (2) 7:6, 6:4. Laaksonen (7) s. Ehrat (5) 6:4, 3:6, 7:6.

- Final: Bossel (4) s. Laak- sonen (7) 4:6, 7:6, 6:3.

Frauen:

- Halbfinals: Bacsinszky (1) s. Bianco 6:2, 6:3. Vogt (2) s. Sadikovic (3) 6:3, 6:4.

- Final: Bacsinszky (1) s. Vogt (2) 6:3, 7:6.

(Si)

Stichwörter: Sport