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Tennis

Das WTA-Turnier in Biel ist am Entstehen

Mitte April 2017 wird auf dem Gelände von Swiss Tennis das erste internationale WTA-Frauenturnier der «International Series» zur Austragung kommen. Das BT traf den Turnierdirektor Lukas Troxler, stellvertretender Geschäftsführer und Marketingdirektor von Veranstalter InfrontRingier.

Wird sich auch in Biel lang machen: Belinda Bencic ist bei Octagon unter Vertrag. Die US-amerikanische Firma ist Mit ausrichter des WTA-Turniers in Biel. Keystone
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Beat Moning

Es ist eine grosse Vorfreude bei Lukas Troxler festzustellen, wenn er über die Details der Turnierorganisation spricht, einhergehend mit gesundem Respekt vor der bevorstehenden Aufgabe. «Die Organisation eines Tennisturniers ist Neuland für uns und Sportsponsoring ist ein zähes Geschäft.» Obwohl auch der Luzerner konstatiert, dass der Tennissport in der Schweiz einen hohen Stellenwert geniesst und gerade das Frauentennis einen grossen Aufschwung erlebt und entsprechend im Fokus steht. «Das war ein guter Grund, dass wir uns als Veranstalter interessierten», gibt Lukas Troxler zu. InfrontRingier hat sich in den letzten Jahren zur führenden nationalen Sportvermarktungsagentur entwickelt und sich dabei vor allem als Ausrichter der Tour de Suisse, als Vermarkter der Swiss Football League und des Schweizer Eishockey Cups einen Namen gemacht. Eine Auflistung zeigt, dass es hinsichtlich des Bieler WTA-Turniers noch einiges zu erledigen gibt. Troxler gibt aber bezüglich des Zeitrahmens Entwarnung: «Wir sind im Fahrplan».

Spielerinnen

«Die amerikanische Firma Octagon, mit welcher wir die Partnerschaft für die Turnierlizenz eingegangen sind, vertritt zahlreiche internationale Tennisturniere und hat auch einige Spitzenspielerinnen unter Vertrag, was uns eine gewisse qualitative Garantie für das Teilnehmerfeld gibt», sagt Lukas Troxler. Martina Hingis und Belinda Bencic, die beide in Biel antreten dürften, sind bei Octagon unter Vertrag. «Für uns ist Octagon dank der Er-fahrung auf dem internationalen Tennismarkt ein wichtiger Ansprechpartner und Berater», so Troxler.

Das WTA-Turnier soll aber in erster Linie den Schweizer Spielerinnen eine Plattform bieten. Lukas Troxler winkt deshalb auch ab, wenn er auf Startgelder angesprochen wird. «In erster Linie wollen wir sicherstellen, dass alle Schweizer Topspielerinnen am Start sind», sagt er. Das Datum sei ideal gelegen, direkt nach der US-Tour und kurz vor dem Start der europäischen Sandplatzsaison. Nur Bogota steht in dieser Zeit im WTA-Wettkampfkalender. Da die beiden vorangehenden amerikanischen Turniere (Indian Wells, Key Biscayne) über je zwei Wochen verlaufen, ist auch mit einem grossen internationalen Interesse zu rechnen. Nur wenige Spielerinnen werden an diesen Turnieren bis zum Schluss noch im Einsatz stehen. Zudem steht eine Woche nach dem WTA Turnier Biel der Fed-Cup auf dem Programm. Da dürften einige Akteurinnen die Zeit für einen Turnieraufenthalt in Biel zwecks Matchpraxis nutzen. Nach einer Qualifikation am Wochenende umfasst das Haupttableau 32 Spielerinnen, dazu kommen 16 Doppel-Paare.

Organisation

Lukas Troxler ist Turnierdirektor, die ehemalige Spielerin Geraldine Dondit steht ihm als Vizedirektorin zur Seite. Der ganze personelle Aufbau wird nun vorangetrieben. «Wir machen vieles im eigenen Haus (Sponsoring, TV-Rechte, Hospitality, die Red.). Andere Posten schreiben wir im Mandat aus.» Dabei ist es für Troxler wichtig, mit regionalen Personen zusammen zu arbeiten. Zu besetzen gilt es noch die Ressorts Volunteers, Spielerservice und Medien. Was Ticketing und Infrastruktur anbetrifft, will man auf die Erfahrung jener Leute zurückgreifen, die Daviscup- und Fedcup-Partien für Swiss Tennis organisieren. «Das macht Sinn, weil in der neuen Halle von Swiss Tennis dann künftig auch solche Spiele stattfinden werden.» Um an möglichst viele regionale Personen heranzukommen, hat Lukas Troxler bereits Kontakt mit der Stadt Biel und der Tennisvereinigung Biel-Seeland aufgenommen. «Kooperationen sind uns wichtig und wir haben in den ersten Sitzungen viel Entgegenkommen und Wohlwollen festgestellt.»

Budget

Lukas Troxler spricht von einem «schlanken Budget. Wir wollen im ersten Jahr keine Risiken eingehen.» Wichtig sei, wie dies schon in Gstaad der Fall ist, dass das Schweizer Fernsehen mit Live-Berichten aufwartet und so den Sponsoren eine Plattform bietet. «Die Akquisition der Sponsoren ist heutzutage ein langer Prozess, der sich in den meisten Fällen über mehrere Monate hinzieht. Ich bin zuversichtlich, dass wir im Herbst zu den ersten Abschlüssen kommen.» Ob es dann sieben, acht sind oder drei, vier grössere sind, lasse sich heute nur schwer sagen. Kontakt hat InfrontRingier unter anderem mit Vertretern aus der Uhren-, Banken-, Versicherungs- und Autobranche, dazu mit einigen in der Region angesiedelten Grossfirmen.

InfrontRingier ist seit eineinhalb Jahren auch mit dem Mandat beauftragt, für die Swiss Indoors in Basel einen Hauptsponsor zu finden. «Nun ist es denkbar, dass wir Synergien nutzen.» Ziel ist es, einem Hauptsponsor eine gesamtheitliche Marketing-Plattform zu bieten, die sich über das ganze Jahr erstreckt und mit der sich der Sponsor über eine längere Zeit mit dem Tennissport identifizieren kann. Bei den Einnahmen ist das Ticketing ein wichtiger Posten. «Wir rechnen mit 13 000 Zuschauern in dieser Woche», sagt Troxler und weist darauf hin, dass sich die Preise in ähnlicher Grössenordnung wie in Gstaad bewegen dürften.

Infrastruktur

Ein grosser Ausgabeposten betrifft die Miete, die an Swiss Tennis zu entrichten ist. «Da alles vorhanden ist, macht es vieles einfacher und auch günstiger.» Mit Swiss Tennis wurde inzwischen ein entsprechender Vertrag unterschrieben. Die neue Halle mit dem Centre Court hat eine Kapazität von zwischen 2500 und 3000 Zuschauern. Die nötigen Nebenplätze befinden sich in der grossen bestehenden Tennishalle (mit sicher einem Wettkampfplatz und zwei kleinen Tribünen). Geprüft wird auch die Möglichkeit einer überdachten Zeltanlage auf den heutigen Aussenfeldern. Vorgesehen ist eine Fan Village für die Zuschauer wie auch ein Showkampf ehemaliger Tennisgrössen zu Beginn des Turniers am Montag. Mit der Stadt wird über die Parkmöglichkeiten verhandelt. Ein Hotel in der Innenstadt von Biel soll zum Spielerinnenhotel werden. «Wir rechnen mit fünf Prozent Gästen aus dem Ausland. Das Turnier wird aber bestimmt auch einige Übernachtungen aus dem Inland generieren.» Das WTA-Turnier geht über die Ostertage zu Ende. Da gibt es für die Organisatoren noch ein Problem aus der Welt zu schaffen: Während etwa im Eishockey am Donnerstag und Samstag Spiele festgesetzt sind, braucht es für Sportveranstalter im Kanton Bern für den Karfreitag und den Ostersonntag Bewil-ligungen. «Ich denke, dass wir diese für einen Indooranlass erhalten werden, zumal das Datum über Ostern im nächsten Jahr einmalig ist», so Turnierdirektor Lukas Troxler.

Im Fahrplan, trotz Regen: Stefan Flückiger, Geschäftsführer Swiss Tennis (rechts), Sejad Marovci, Technischer Direktor Swiss Tennis (links), und Arnaud Clément von der Generalunternehmung RealSport Group, auf der Baustelle der neuen Tennishalle von Swiss Tennis. Tanja Lander

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WTA-Turnier Gstaad: Auch dank Synergien mit dem Männerturnier

In dieser Woche geht in Gstaad das erste WTA-Frauenturnier in der Schweiz seit 2008 über die Bühne. Das BT traf den Vizedirektor des Veranstalters, Julien Finkbeiner.

Zurück in der Schweiz: Timea Bacsinszky nach ihrem ersten WTA-Auftritt in der Schweiz seit acht Jahren. Am Dienstag in Gstaad. Keystone

Seit 2006 organisiert die Firma Grand Chelem Event SA aus Renens das Männerturnier von Gstaad. «Gstaad ist inzwischen eine 100-jährige Tennis-Geschichte», sagt der Geschäftsführer des Veranstalters und OK-Vizepräsident Julien Finkbeiner. Der aus La Chaux-de-Fonds stammende Familienvater, dessen Mutter in Le Landeron und die Grosseltern in Biel wohnhaft sind, sagt: «Es hat uns motiviert, zum Start ins nächste Tennis-Jahrhundert auch das Frauenturnier zu organisieren.» Was dann dank der Lizenzabgabe von Bad Gastein auch geklappt hat. Es sei aber nicht zu vergessen, dass in Gstaad zwischen 1917 und 1983 bereits Frauenturniere stattgefunden hätten.

Seit April waren die Organisatoren nun daran, zwischen der Beachvolleyball- und der Männertennis-Woche das Frauenturnier auf die Beine zu stellen. «Eine relativ kurze Zeit. Aber wir sind gut aufgestellt und können die Synergien mit dem Männerturnier gut nutzen.» Ein Dutzend der 20 Event-Angestellten sind seit einiger Zeit bereits in Gstaad, zusammen mit zwei fixen Mitarbeiterinnen aus dem Dorf und 13 Ressortchefs, die ebenfalls aus der Region stammen. «Es war uns stets wichtig, dass wir mit regionalen Partnern und Personen zusammenarbeiten.» Schliesslich generiert man zwischen 1500 und 2000 Übernachtungen pro Woche, was auch die touristische Bedeutung für die Region Saanenland aufzeigt. Rund 400 Helfer stehen zur Verfügung, rund zwei Drittel davon machen gleich beide Wochen mit. «Das hat uns herausgefordert, aber wir haben es geschafft, weil Tennis in Gstaad gut verankert ist», so Finkbeiner.

Er glaubt nicht, dass das finanzielle Risiko nun noch einmal grösser ist. «Wir profitieren vom Männerturnier und der Frauenanlass ist vom finanziellen Standpunkt etwas weniger aufwendig.» Die Kosten belaufen sich auf zwischen drei und vier Millionen Franken gegenüber 7,5 Millionen bei den Männern. Das Preisgeld ist tiefer und die Startgelder, über die nur ungern gesprochen wird, dürften auch bedeutend weniger sein. «Wir tun es auch für das Schweizer Frauentennis, das sich im Aufschwung befindet. Wir freuen uns auf die nächsten Turniere.» Und da sei es gut möglich, dass vermehrt noch stärkere Spielerinnen ihre Visitenkarte im Berner Oberland abgeben werden.

Nur zwei grössere Sponsoren sind in beiden Turnieren vertreten (Renault, Grand Hotel Park). Mit der TV-Liveübertragung hofft Finkbeiner, noch grössere Sponsoren an Land ziehen zu können. «Ohne Direktübertragung ist es praktisch unmöglich, ein Turnier in dieser Grössenordnung zu organisieren.»

In organisatorischer Hinsicht gab es natürlich Anpassungen. «Etwa brauchte es mehr Garderoben, weil die Frauen in der Regel männliche Coaches haben. Daher benötigte man auch mehr Unterkünfte. In medizinischer Hinsicht ist mehr Personal gefragt, da die Frauen diese Dienstleistung vermehrt beanspruchen. Der Start ist nur wettermässig nicht geglückt. Das soll sich aber ab heute gerade noch rechtzeitig ändern. bmb

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Alinghi, Eidg. Schwingfest, FC Lausanne

Im Jahr 2006 übertrug die ATP die Turnierrechte an die Gesellschaft Swiss Open Gstaad AG. Diese wird zu gleichen Teilen von der Einwohnergemeinde Saanen und Swiss Tennis gehalten. Der Verwaltungsrat der Gesellschaft setzt sich aus fünf Mitgliedern zusammen. Mit der operativen Ausrichtung des Turniers wurde 2006 die Grand Chelem Event SA betraut (u. a. auch beim FC Lausanne-Sports, bei den Fight Night Series und aktuell für das Eidgenössische Schwingfest in Estavayer engagiert, früher Alinghi). Jean-François Collet, Mitbegründer der Sportmarketingagentur, wurde zum Turnierdirektor berufen und Julien Finkbeiner, Direktor der Grand Chelem Event SA, hat den Posten des Turnier- vizedirektors inne. Titelsponsor des ATP-Männerturniers ist die Bank J. Safra Sarasin. Budget 7,5 Millionen Franken, Preisgeld 440 000 Dollar. Der Titelsponsor des WTA-Frauenturniers ist offen. bmb

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Wie es zum WTA-Turnier in Biel kam

Mit Blick auf den schon länger in Betracht gezogenen Neubau der zweiten Halle mit drei Trainingsplätzen hatte Swiss Tennis die Idee, neben möglichen Davis- und Fed-Cup-Partien auch noch ein WTA-Turnier nach Biel zu bringen. Anfang August 2015 wurde bekannt, dass Swiss Tennis eine WTA-Lizenz erwerben möchte. Als Austragungsort standen damals Kreuzlingen und Biel im Vordergrund. Präsident René Stammbach sagte sich dann aber: «Wenn schon ein Neubau, dann auch eine Halle mit der Möglichkeit, ein WTA-Turnier auszutragen. Entsprechende Planänderungen wurden nun vorgenommen. Als Veranstalter wurde InfrontRingier bestimmt.

Am 5. Dezember präsentierte Swiss Tennis Details. Von Florianópolis, Brasilien, sollte man die Lizenz erhalten, doch beanspruchte diese wenige Tage später zur Überraschung aller die WTA selber. Danach beauftragte Swiss Tennis die US-amerikanische Firma Octagon damit, ein Turnier nach Biel zu bringen. Octagon ist eine internationale Sport-Marketing-Firma mit Sitz in Washington, die sich schwergewichtig im Tennis in rund 20 Turnieren engagiert und auch einige Spieler unter Vertrag hat, früher in der Schweiz mit den Turnieren in Zürich, Luzern und Genf.

Am 12. April 2016 meldete Swiss Tennis, dass Biel dank der Übernahme der Lizenz aus dem polnischen Turnier in Katowice zum Handkuss kommt. Inzwischen sind die Veranstalter daran, das Turnier in der Seeländer Metropole auf die Beine zu stellen. Die Zusammenarbeit zwischen Octagon, InfrontRingier und Swiss Tennis verläuft fliessend. Das finanzielle Risiko trägt indes alleine InfrontRingier. Unbestätigt wurde ein Zehnjahresvertrag abgeschlossen. Sicher ist, dass bei schlechtem Verlauf nach drei Jahren ein Ausstieg möglich ist. Swiss Tennis vermietet die Hallen, das Restaurant, die Spielerlounge, das Fitnesscenter, zwei Aussentennisplätze sowie die Parkplätze, stellt die Kontakte zu lokalen Behörden, Institutionen, Hotels usw. her und ist bestrebt, gemeinsam die Werbepräsenz zu nutzen. Der Projektleiter Infrastruktur für Davis Cup und Fed Cup Anlässe wurde von InfrontRingier für den Bereich Infrastruktur mandatiert, somit kann sichergestellt werden, dass Synergien optimal genutzt werden. bmb

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Zahlen der WTA-Turniere in Biel und Gstaad im Vergleich

  • Zuschauerkapazität

Gstaad: 4500
Biel: 2500 bis 3000

  • Belag

Gstaad: Sand
Biel: Hart

  • Datum

Gstaad: 9. bis 17. Juli 2017
Biel: 8. bis 16. April 2017

  • Budget

Gstaad: ca 3,5 Millionen Franken
Biel: offen, unter 3 Millionen Franken

  • Preisgeld

Gstaad: 226750 Dollar
Biel: 235 000 bis 500 000 Franken, je nach Sponsorenverlauf (je mehr, desto attraktiver für die Spielerinnen)

  • Sponsoren

Gstaad:  Ixion Swiss IT Service, Setimac, Renault, Parkhotel Gstaad, Hysek
Biel: in Verhandlung

  • Helfer

Gstaad: 400. OK plus 2 fixe Mitarbeiterinnen, 13 Ressortchefs
Biel: OK im Aufbau, bis zu 150 Helfer.

  • TV Live

Gstaad: je 1 Spiel zwischen Dienstag und Freitag um 17.45 Uhr (nach der Tour de France). Zwei Halbfinalspiele, Finalspiel.
Biel: in Verhandlung mit SRF. bmb