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Bieler Lauftage

Die allzeit Bereiten

Rund 1000 Helfer braucht es, um den 100-km-Lauf und all die weiteren dazugehörenden Wettkämpfe zu organisieren. Was wäre eine Veranstaltung ohne jene, die sich rundum auskennen?

Die beiden heutigen Sekretärinnen Heidi Schlatter und Trix Käch sowie Nelli Strobel und Pierrette Blösch (von links nach rechts), Copyright: Susanne Goldschmid / Bieler Tagblatt
  • Dossier

Beat Moning

Sie sind allzeit bereit, rund um die Uhr erreichbar und sie haben turbulente Arbeitstage hinter sich. Humor und Geduld sind ihre wichtiges Eigenschaften. Die Rede ist von den Sekretärinnen der Bieler Lauftage. Erna Reist kann sich gut erinnern: Ihr Mann Franz hat den 100-km-Lauf von Biel ins Leben gerufen. «Im hauseigenen Garten lagen die Personalblätter alle nur so herum. Es galt, diese zu ordnen und Einträge vorzunehmen.» Die Ehefrau des Pioniers war die erste (inoffizielle) Sekretärin, legte Karteien an und war damit verantwortlich, dass Jahre später die Ranglisten auffindbar waren und elektronisch verarbeitet werden konnten. Das Büro erledigte schon 1959 eine gewisse Annemarie Kocher.

 

Der «Freitag» am Starttag

Franz Reist hat damals bei der Hauser AG gearbeitet. Viele Mitarbeiter halfen bei der Lauforganisation tatkräftig mit. Mit der damaligen Lehrtochter Nelli Strobel konnte das OK ab 1962 auf eine wertvolle Kraft zählen. Schon zuvor war sie mit Schreibarbeiten bei den Lauftagen involviert. «Ich beherrschte die Schreibmaschine, das war dann mein Los», sagt sie heute und lacht. Über Jahre war sie die rechte Hand von Franz Reist. «Wenn jeweils am Freitagabend um 22 Uhr der Startschuss fiel, kam bei mir das gute Gefühl auf, alles für diesen Lauf getan zu haben.» Franz Reist habe nicht gewollt, dass sie an diesem «Freudentag» arbeitete. «Ich genoss ihn, diesen Starttag», blickt sie zurück. Nach dem 40. Lauf, 1998, trat sie, wie Franz Reist, zurück. Als «graue Maus» wird sie noch heute liebevoll in der Szene beschrieben.

 

Auf Inserat gemeldet

«Die Strobel aus Biel», riefen ihr die Leute damals zu. Das sei ihr zwar unangenehm gewesen, «zeigte aber, dass wir den Läufern nahestanden.» Der Kontakt zu den Sportlern sei ihr immer wichtig gewesen. Das galt und gilt noch heute für Pierrette Blösch, die aufgrund der zunehmenden Läuferschar und Arbeit 1978 zum Team stiess. Sie hat sich auf ein anonymes Inserat gemeldet: «Sekretariatshilfe gesucht, Schreibmaschine und Auto müssen vorhanden sein, Stundenlohn zehn Franken». Heute würde sie die Hände davon lassen. «Die vielen Begegnungen mit den Läufern, aber auch die Kontakte zu den Mitarbeitern gaben mir die nötige Kraft, der Organisation 40 Jahre lang zur Seite zu stehen», so die frühere Stadtangestellte. «Dank der guten Zusammenarbeit mit dem OK und dank der Unterstützung meiner Familie war es für mich möglich, in den Wochen vor dem Anlass 14 Stunden am Tag für den Hunderter zu arbeiten», so Pierrette Blösch, die 1978 offiziell als 50-Prozent-Sekretärin angestellt wurde. 2014 ist sie, nachdem der Übergang reibungslos vonstattenging, zurückgetreten. Nach wie vor ist sie an einem Verpflegungsposten als Helferin anzutreffen.

Strobel und Blösch waren über all die Jahre die guten Feen, neben den OK-Präsidenten und Ressortleitern die Aushängeschilder des Anlasses. Wichtige Anlaufstelle auch für Behörden. Stundenlang könnten sie von Begebenheiten, vor allem aber über Begegnungen mit Läuferinnen und Läufer berichten. Pierrette Blösch: «Lustig fand ich jeweils, wenn drei Wochen vor dem Hunderter die ersten Teilnehmer anriefen und fragten, wie denn das Wetter sein werde in dieser Nacht.» Und Nelli Strobel ergänzt: «Da glaubten doch einige, wir seien ein 24-Stunden-Betrieb», und erzählt von Anrufen am Sonntag daheim oder frühmorgens um 7 Uhr.

 

Wer ist Caramel?

Apropos Erzählungen: Wenn auf einmal sechs Rumänen am Bahnhof stehen und nicht wissen, wie weiter. Auch da setzte Pierrette Blösch alles in Bewegung. Vom Abholdienst bis zur Unterkunft. «Sie fragten nach Bananen, gingen damit aber sehr sparsam um. Später erfuhr ich, dass sie diese für ihre Familienmitglieder mit nach Hause nahmen.»

Über Jahre fragte man sich: «Wer ist der Läufer namens Caramel?» Licht ins Dunkel brachte ein Läufer, der in Pieterlen verletzt aussteigen musste. «Die Freundin hat telefoniert und gefragt, ob es möglich sei, dass sie mit Caramel ins Ziel kommen könnte», erinnert sich Pierrette Blösch. «Klar doch», gab sie lediglich zur Antwort. «Gespannt warteten wir dann am Ziel.» Und alle staunten nicht schlecht. Bei Caramel handelte es sich um einen Hund, den sein Herr ordnungsgemäss und mit Entrichtung des Startgeldes angemeldet hat. Caramel figurierte denn auch über Jahre in den Ranglisten. Tiere als Begleiter mitzunehmen ist allerdings nicht erlaubt.

 

Weiterhin Kontakt

An die Grenzen ist das Sekretärinnen-Team gekommen, als von E-Mails, elektronischer Verarbeitung oder von Facebook und Twitter noch keine Rede war. «4000 Teilnehmer-Daten galt es von Hand zu bearbeiten. Als dann noch 1000 Nachmeldungen dazukamen, war bei uns der Teufel los», so Strobel und Blösch unisono. Zumal es galt, allen eine Erinnerungsmedaille und die längst in Auftrag gegebenen Finisher-T-Shirts abzugeben.

Was Nelli Strobel und Pierrette Blösch besonders gefällt: «Es gibt noch viele Kontakte aus diesen Zeiten.» Etwa ein Gratulationsschreiben zum Geburtstag oder gute Wünsche zum neuen Jahr. «Was zeigt, dass wir für viele Teilnehmer da waren und der Bieler Hunderter noch in vieler Munde ist.» Nur schöne Momente? Das BT brachte Nelli Strobel, Pierrette Blösch und die zwei aktuellen Sekretärinnen Heidi Schlatter und Trix Käch an einen Tisch. Auch wenn diese Kontakte heute mehrheitlich nicht mehr in jedem Fall telefonisch, sondern über E-Mail erfolgen, «an Anfragen aller Art fehlt es auch heute nicht.» Spätestens am Donnerstag und am Starttag am Freitag kommt es zu Begegnungen von Angesicht zu Angesicht. «Nur sind wir da dann endgültig unter Druck und haben wenig bis keine Zeit, uns mit den Leuten auszutauschen», sagt Trix Käch, die auch als Speakerin im Einsatz steht.

Aber eben, es gibt sie, die Schattenseiten. Unzufriedene Läufer, oft schon im Vorfeld. Teilnehmer, die in fremde Gärten pinkeln (die entsprechenden Reklamationen kommen prompt), Anwohner, die sich vom Klatschen der Zuschauer im Schlaf gestört fühlen usw. Sekretärinnen, die Meister in der Vermittlung und der Versöhnung. Nach dem Motto: Es braucht auch mal die Elefantenhaut.

 

Hektik pur

Im Laufbüro an der Aarbergstrasse 91 und zu Hause verrichten sie stundenlang ihre Arbeit. In einer Woche sind Heidi Schlatter und Trix Käch im Kongresshaus anzutreffen. Niemand fragt mehr nach Computerproblemen oder Krankheit. Rummel und Hektik sind programmiert. «Wir haben uns inzwischen eine gewisse Routine angeeignet. Zudem glaube ich zu wissen, dass wir in einem motivierten Team gut vorbereitet sind», sagt Trix Käch. Sie weiss: Unvorhergesehenes wird kommen. Mit der Hoffnung verbunden, dass die Läufer Verständnis für die Arbeit der Helfer aufbringen und den Problemen mit Anstand begegnen. Schon am übernächsten Wochenende werden die beiden Teilzeitangestellten Trix Käch und Heidi Schlatter wieder unzählige Geschichten erzählen können. Sie werden jenen ähneln, die Nelli Strobel und Pierrette in Erinnerung schwelgen lassen.

 

Das Programm

Standort Kongresshaus

  • Donnerstag, 7. Juni

Ab 14.30 Uhr: Startnummern-Ausgabe und Nachmeldungen.

Ab 16 Uhr: Festwirtschaft.

Ab 17 Uhr: Kids Run.

Ab 18.30 Uhr: Cerebral-Einlage mit 
Behinderten und Prominenten. 
Nachmeldungen Läufer Freitag.

  • Freitag, 8. Juni

Ab 17 Uhr: Startnummern-
Ausgabe und Nachmeldungen bis zwei Stunden vor jeweiligem Lauf.

21.03 Uhr: Start Erlebnislauf.

22 Uhr: Start 100-km-Lauf, 
Partnerlauf, Patrouillenlauf.

22.30 Uhr: Start Ultramarathon, 
Halbmarathon.

23 Uhr: Start 100-km-Stafette.

  • Samstag, 9. Juni

19 Uhr: Zielschluss. bmb