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Tennis

Die grosse Erleichterung von Biel

20 Jahre Swiss Tennis in Biel, erster Daviscup-Auftritt in Biel. Die Schweiz zog gestern mit zwei Einzelsiegen den Kopf aus der Schlinge. Das Aufatmen bei den Verantwortlichen ist hörbar.

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Beat Moning

Mit «vive la suisse» begrüsste René Stammbach die Medienvertreter. Minuten zuvor holte Marco Chiudinelli den dritten und entscheidenden Punkt. Der langjährige Präsident von Swiss Tennis war sichtlich erleichtert. Schliesslich geht es in solchen Spielen nicht nur um Prestige und um den sportlichen Gehalt in der Weltgruppe, sondern auch um Sponsoren, TV-Gelder, Preisgelder und ITF-Entschädigungen, die bedeutend höher aus fallen als in der Europazone. Bei seinem Ausblick schaute Stammbach indes auch zurück: «Ohne Antoine Bellier wären wir gar nicht hier», sagte er und erinnerte an das fünfte Spiel vor einem Jahr in Usbekistan.

Nun eine ähnliche Ausgangslage in Biel. «Es war insgesamt eine Superleistung des ganzen Teams und ich bin stolz auf diese Spieler. Der Start kam etwas unerwartet (Niederlage von Laaksonen am Freitag, die Red.), danach sah ich aber viel Gutes und vieles, das mich positiv stimmt.» Es sei richtig gewesen, auf die Jungen im Doppel zu setzen, «die eine sehr gute Partie abgeliefert haben. Severin Lüthi konnte so die Einzelspieler für den Sonntag schonen, was sich ausbezahlt hat.»

Beeindruckende Reaktion
Severin Lüthi hatte gestern wenige Aufreger über sich zu ergehen. Sieht man vom zu langen Medical-Timeout der Weissrussen im letzten Match ab, war Lüthi rundum zufrieden. «Wir hatten mit Weissrussland sicher ein gutes Los, um diese Chance zu packen, in der Weltgruppe zu bleiben.» Er lobte Laaksonen für seine Leistung. «Es ist wichtig für einen Spieler wie ihn, aus einer solchen Niederlage wie am Freitag herauszukommen. Seine Reaktion war beeindruckend.» Dann habe auch Marco Chiudinelli noch einmal alles in die Waagschale werfen können. Beide Spieler wird man in der Schweiz in einem Monat wieder sehen, nämlich an den Swiss Indoors in Basel. Ob in der Qualifikation oder mit einer Wild Card im Hauptfeld, wird sich noch zeigen.

Wenige Fans unterstützten stark
Kurz zusammengefasst die Bilanz ausserhalb des sportlichen Bereichs: Um die 3000 Zuschauer kamen an den drei Tagen. «Die, die da waren, machten eine gute Stimmung.» Auch Severin Lüthi musste sagen: «Wenn du die Fans so im Rücken hast, ist viel mehr möglich.» Der Verband wird bei einem Budget von gegen 400 000 Franken einen sechsstelligen Verlust schreiben. Weiterhin sollen Fedcup-Partien der Frauen und kleinere Daviscup-Begegnungen in Biel stattfinden. Ist auch nur einer der beiden Stars dabei, wird man ausweichen müssen. Aus den gemachten Erfahrungen wolle man die nötigen Konsequenzen ziehen, um künftig mehr Publikum anzuziehen. Ein Rückblick aus organisatorischer Sicht im BT_von morgen.

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Fragen um Zukunft bei Chiudinelli und Lüthi
Nach jedem Daviscup stellt sich die gleiche Frage: Spielen im nächsten Jahr Stan Wawrinka und Roger Federer? René Stammbach, Präsident von Swiss Tennis, sagte, er wisse im Moment nichts. Nur soviel: «Wenn Stan 2020 in Tokyo
Olympia spielen will, muss er nächstes Jahr einmal Daviscup spielen.»

Andere Personalien stehen an: Tritt Marco Chiudinelli nun zurück? «Es ist möglich, dass es mein letztes Spiel war. Aber entschieden ist noch nichts.» Und Severin Lüthi? René Stammbach dazu: «Ich rechne mit ihm». Lüthi: «Wir haben ja noch einen Vertrag für 2018. Aber jetzt geniesse ich mal diesen Sieg.» bmb

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Vom 1:2 zum 3:2-Ligaerhalt

•Das Doppel gefiel: Der überwiegend an Future-Turnieren aktive Adrian Bodmer und der auf Challenger-Stufe erprobte Doppelspezialist Luca Margaroli verloren am Samstag gegen die beiden Top-70-Spieler Max Mirnyi/Andrej Wassilewski standesgemäss, aber denkbar knapp in drei Tiebreaks. Beim 6:7 (6:8), 6:7 (4:7), 6:7 (3:7) hielten sich die beiden Schweizer Davis-Cup-Debütanten beachtlich. Trotz augenscheinlicher Unterlegenheit kassierten sie im gesamten Spiel kein Break und kamen in den ersten beiden Sätzen zu insgesamt vier Satzbällen. Belohnt wurden sie für ihre gute Leistung aber nicht. Zu abgeklärt war auf der Gegenseite insbesondere Max Mirnyi, der 40-jährige ehemalige Weltranglisten-Erste im Doppel, der in Biel zum 55. Mal (!) im weissrussischen Davis-Cup-Aufgebot steht. «Ich bin glücklich über die Vorstellung, aber unglücklich über das Resultat. Die Leistung war gut, die Einstellung top», befand Severin Lüthi.

•Laaksonen rehabilitiert sich: Der Schweizer Teamleader behielt nach seinem schwachen Auftritt am Freitag die Nerven und bezwang Dimitri Schyrmont (ATP 333) in zweieinhalb Stunden 6:2, 6:2, 5:7, 6:2. Henri Laaksonen hatte seinen Gegner gut im Griff. Er musste aber eine Zusatzschlaufe einlegen, weil er im dritten Satz neun Breakbälle nicht nutzte. Nach dem missglückten Schläger-Experiment vor zwei Tagen wechselte der 25-jährige Schaffhauser wieder zu seinem alten Wilson-Material. Auch verfehlte die ernste Aussprache mit den Verantwortlichen seine Wirkung nicht.

•Chiudinellis Erfahrung: Es lag also an Marco Chiudinelli, den Sack zuzumachen. Und der 36-jährige Basler überzeugte und spielte seine Erfahrung gegen den 11 Jahre jüngeren Jaroslaw Schyla (390) voll aus. In Gefahr, die Partie zu verlieren, kam Chiudinelli in seinem 28. Einzelmatch für die Schweiz trotz heiklen Passagen und abgewehrten Breakbällen nicht. 6:4, 6:3, 6:4 setzte er sich durch, nach zwei Stunden und sechs Minuten hatte er den ersten Matchball, den zweiten verwertete er dann. «Ich war nicht übermässig nervös, aber ich wusste natürlich um was es ging.» Wie er ergänzte nach dem Motto: «Hero oder Zero.»  Zehnmal schon hat er einen fünften Match für die Schweiz bestreiten können, noch nie ging es dabei um einen wichtigen Punkt. «Ich danke Henri und bin froh, dass es heute wichtig war, und dass ich es geschafft habe.» sda/bmb

Stichwörter: Daviscup

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