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Die Meinungen gehen auseinander

Über die Wichtigkeit und Notwendigkeit des Laver Cups streitet man sich auch in Fachkreisen. Trotz einer guten Show mit Lokalmatador Roger Federer bleiben die Fragen bestehen.

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In einem Punkt, um mit dem Negativen zu beginnen, ist man sich einig: die Höhe der Ticketpreise. Für die fünf Sessions bis zu 13 000 Franken. Der Laver Cup ist der teuerste Sportanlass, der je in der Schweiz über die Bühne ging. Genaue Zahlen sind nicht erhältlich. «Die happigen Beträge ermöglichten es leider nur einer elitären Gesellschaft, die Tenniscracks einmal live zu sehen. Zumindest sollte man den Laver Cup dem Volke zugänglich machen, anstatt die Übertragungsrechte zu verkaufen. So könnte man eine viel grössere Gruppe erreichen, was die Werbung für den Tennissport noch viel nachhaltiger gestalten würde», sagt etwa Marc Hofstetter, der Tennis-Headcoach des TC Biel. Auch der Präsident des Tennisverbandes Biel-Seeland, Peter Zaugg, bläst ins gleiche Horn: «Mit diesen Preisen wird dieser auf Kommerz ausgelegte Showanlass zu einer Zweiklassen-Gesellschaft mutiert. Das ist sehr schade.»

Doppel rückt in Mittelpunkt

Sportlich hat der Anlass noch keine Traditon, etwa zum seit 1927 stattfindenden Ryder-Cup der Golfer (dessen Akteure notabene für ihren Auftritt im Gegensatz zu den Tennisstars keine Gagen verlangen). «Diese Veranstaltung macht im Tenniskalender sportlich keinen grossen Sinn», sagt Zaugg und ist der Meinung, «dass es vor allem ein Anlass für die Sponsoren ist.» Sicher aber auch für jene Personen, die es sich leisten können, die Stars aus der Nähe verfolgen zu können. «Die Veranstaltung ist von der Besetzung her natürlich attraktiv und nur mit einem Grand Slam oder einem Master zu vergleichen. Von daher kommen die Zuschauer schon auf ihre Rechnung», hält Hofstetter fest. Der spezielle Modus verspreche zudem Spannung bis zum Schluss. Und was den Bieler besonders freut: «Das Doppel erhält die richtige Wertschätzung. Ein Doppel ist sehr attraktiv und sollte ganz allgemein aufgewertet werden. An den Turnieren geht dieser Wettbewerb leider zu Unrecht völlig unter.»

Was sagt Alessandro Greco, Leiter Spitzensport Swiss Tennis mit Sitz in Biel? «Der Tennissport in der Schweiz hat in den letzten Jahren einige Champions produziert. Die Sportart ist bei uns breit abgestützt und der Laver Cup hat in Genf weitere Werbung betrieben», ist Greco überzeugt. Auch für die TV-Zuschauer sei der Anlass spektakulär und mit viel Insider-Wissen übertragen worden. Es ist ein Kompliment an unser Land, dass dieser Anlass mit dem Laver-Tross und somit den besten Spielern der Welt in der Schweiz stattgefunden hat.» Der futuristische Trend zusammen mit Traditionellem wurde bestätigt, dies in einem neuen Format, was unserem Sport nur guttut.» Greco spricht des Weiteren von Medienwirksamkeit, von entsprechendem Interesse der Sponsoren, die am Tennis Gefallen finden. Eine Chance auch für den Verband. «Wir können daher eine solche Veranstaltung nur unterstützen.» Greco geht noch weiter: «Spitzensport ist immer ein Marketinginstrument und hinterlässt meist positive Spuren, auch beim Nachwuchs.»

Was ohne Federer?

Deutlich geht hervor, auch beim Blick auf die Sponsoren, die eng mit Roger Federer verbunden sind, dass dieses Turnier mit dem Schweizer Superstar steht und fällt (siehe BT vom letzten Donnerstag). «Ich kann im Moment nicht abschätzen, wie wertvoll der Anlass noch ist, wenn Rafael Nadel und vor allem Roger Federer nicht mehr als Aktive mit von der Partie sein werden», so Greco. Zudem ist nicht anzunehmen, dass die Schweiz in den nächsten Jahren noch einmal zum Handkuss kommen wird.

Marc Hofstetter fragt sich das auch, vorab wenn er sieht, wie sich die beiden Stars ins Zeug legen. Show ja, «aber das Ganze läuft für mich sportlich korrekt ab und ist kein Fake wie etwa beim Catchen. Es geht darum, ob Europa oder der Rest der Welt gewinnt und die Spieleremotionen zeigen klar, dass die beiden bescheidene Schauspieler wären. Sie führen die Zuschauer bestimmt nicht an der Nase herum.»

Peter Zaugg bleibt dabei, «dass ich lieber echtes Tennis sehe und etwa nach Gstaad gehe. Wenn Federer und Nadal nicht dabei wären, wäre die Nachfrage wohl halb so gross.» Bei der Frage, ob der Tennisnachwuchs profitiert, ist Zaugg zurückhaltend. «Ob es für die jungen Tennisspieler Sinn macht, ist für mich fraglich. Partien an echten Turnieren, wo gekämpft werden muss, um in dieser harten Szene zu überleben, bringen der Jugend bestimmt mehr. Das Ganze geht halt für mich schon Richtung elitäre Golfanlässe.»

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Europäer gewinnen auch den dritten Laver Cup

Auch die dritte Austragung des Laver Cup ging an die favorisierten Europäer. Das von Roger Federer angeführte Team setzte sich in der Genfer Palexpo-Halle gegen das Team World dank Siegen in den letzten beiden Einzeln mit 13:11 durch.

Wie schon im letzten Jahr in Chicago trug Alexander Zverev die letzten Punkte zum Erfolg bei. Der Deutsche, der eine mühevolle Saison durchlebt, setzte sich gegen den Kanadier Milos Raonic mit 6:4, 3:6, 10:4 durch. Raonic, der in Genf seine ersten Matches seit Anfang August bestritt, wehrte sich wie schon am Vortag gegen Nadal trotz fehlendem Spielrhythmus gut, konnte aber an diesem Wochenende wie Landsmann Denis Shapovalov – und im Gegensatz zu den Amerikanern John Isner, Taylor Fritz und Jack Sock – keinen bessere klassierten Europäer schlagen.

Roger Federer trug in den drei Tagen vor insgesamt über 50 000 Zuschauern drei Siege zum Erfolg bei. Nachdem der Basler an den ersten beiden Tagen ein Doppel an der Seite von Zverev und ein Einzel gegen Nick Kyrgios gewonnen hatte, stand er am Schlusstag zweimal im Einsatz. Zum erhofften Doppel mit Rafael Nadal kam es aber nicht. Der Spanier musste wegen einer Verletzung am Handgelenk Forfait erklären und seinen Platz an der Seite von Federer Stefanos Tsitsipas überlassen. Das schweizerisch-griechische Duo verlor gegen John Isner und Jack Sock 7:5, 4:6, 8:10.

Am frühen Sonntagabend bot sich dann Isner die Möglichkeit, das Duell zu entscheiden. Federer wehrte den Matchball ab. Der 38-Jährige gewann 6:4, 7:6 (7:3), nachdem er im zweiten Umgang einen Satzball abgewehrt hatte und leistete damit die Vorarbeit zum Happy-End aus europäischer Sicht.

Im nächsten Jahr findet der Laver Cup wieder in Nordamerika statt. Nach Prag, Chicago und Genf empfängt 2020 Boston die beiden Teams. Austragungsort ist das TD Garden. Das über knapp 20 000 Plätze verfügende Stadion ist Heimstätte der Basketballer der Boston Celtics und der Eishockeyaner der Boston Bruins. sda

 

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