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100-km-Lauf

Dieser Schlussspurt hatte es in sich

Vollblutsportlerin Gabi Birrer gewann 1983 den 100-km-Lauf von Biel. «Das habe ich nicht erwartet», sagt sie rückblickend. Nach einer «Pinkelpause» in Pieterlen wurde sie überholt. Dann spurtete die Nidauerin buchstäblich ins Ziel. Zuvor überholte sie die Führende Eveline Bucher.

Am Ho-Chi-Minh-Pfad: Gabi Birrer zeigt, wo es lang geht. Der Einstieg gleich nach Kirchberg. Für die meisten Läufer in der Nacht eine Tortur. Heute allerdings ist diese Passage gut ausgebaut und teilweise beleuchtet. Bild: bmb
  • Dossier

Beat Moning

Ein Ausflug, mit dem Auto, nach Kirchberg und einige Meter Spaziergang auf jenem Streckenabschnitt nach Gerlafingen, der einigen Glück, anderen viel Leid gebracht hat und weiterhin bringt: Der Ho-Chi-Minh-Pfad, benannt nach einer holprigen Verkehrslinie, die von Nordvietnam nach Südvietnam reicht. Ein Pfad, dem Ufer der Emme entlang, rund sechs Kilometer lang, für die meisten in der Nacht zu bewältigen. «Inzwischen ist dieser Weg gut präpariert und auch beleuchtet. Es ist nicht mehr so wie früher», sagt Gabi Birrer. Sie weiss, dass da einige Läuferinnen und Läufer fluchten, sich über Stock und Stein durchbeissen mussten, oft auch Richtung Wasser abrutschten. Mit einer Taschenlampe ausgerüstet, später mit einer Stirnlampe. Und immer ohne Begleitung. Für Velofahrer gibt es da keine Durchfahrt.

 

«Ich habe Heimvorteil ...»
Auch 1980, als Gabi Birrer, die zum ersten 100er startete, und ihr Ehemann Bruno, der schon einige Hunderter hinter sich wusste, in einer nassen Nacht den Lauf hinter sich gebracht haben. «Es war trotzdem ein schönes Erlebnis, gemeinsam die Strecke zu absolvieren, durch dick und dünn zu gehen.» Einfach sei es nicht gewesen, weil Bruno Birrer eher ein Schnellstarter war, Gabi Birrer dagegen erst auf den letzten Kilometern so richtig aufdrehen konnte. Wie 1983, als die Kindergärtnerin den Lauf gewinnen konnte. «Nach etwa 40 Kilometer sah ich auf einmal ein Militärfahrzeug neben mir. Die Männer sagten mir, ich sei die erste Frau im Feld.» Das hat mich natürlich motiviert.» In Pieterlen musste sie dann hinter einem Baum ihr Geschäft erledigen, als der Velobegleiter nach ihrer Rückkehr auf die Strecke meinte, sie sei von einer Frau überholt worden. «Das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen. Ich gab dann wirklich Gas, lief taktisch etwas hinter ihr und setzte dann zum Schlussspurt an.» Die letzten sechs Kilometer habe sie mit einem persönlichen Rekord abgeschlossen. Sie überholte Eveline Bucher und liess sich als Überraschungssiegerin feiern. «Ich sagte mir stets, ich habe doch Heimvorteil, ich habe Heimvorteil, ich habe Heimvorteil. Es ging schliesslich auf. Es war ein perfektes Rennen.» Dabei habe sie sich im Training und vor dem Start den Sieg nie als Ziel vorgenommen. Auch danach verspürte Gabi Birrer keinen Drang, unbedingt ein zweites oder drittes Mal zu gewinnen. Zwei Jahre später landete sie als Zweite dennoch auf dem Podest.

 

Verlockung war zu gross
Zehnmal hat Gabi Birrer den Hunderter in Angriff genommen, neunmal beendet. Das eine Mal fuchst sie noch heute. «Ich hätte 2008 gar nicht starten sollen», sagt sie auch heute noch. Eine Art Fersensporn behinderte sie zu sehr. Nach 36 Kilometer in Oberramsern war Schluss. «Ich wollte es einfach versuchen. Es wäre mein zehnter Lauf gewesen im Rahmen des 50. Einhunderters von Biel und dies erst noch 25 Jahren nach meinem Sieg. Alles Jubiläen, die Verlockung war gross, an den Start zu gehen.»

Gabi Birrer ist eine Vollblutssportlerin. Dabei durfte sie, in einer Grossfamilie mit zehn Kinder als Zweitälteste aufgewachsen, in jungen Jahren gar nicht Sport treiben, musste in der Familie helfen. «Ich konnte immerhin die Eltern dazu bewegen, dass meine Geschwister dies durften.» Erst später fand sie zum Laufsport, nahm 1972 am Rubi teil und steigerte ihr Training kontinuierlich. Heute, 68-jährig und in Pension, nutzt sie die Zeit voll aus. Dreimal Biken, zweimal Joggen, zwei Krafttrainings. Dreimal, in den 90er-Jahren, absolvierte sie erfolgreich den Hawaii-Triathlon, in ihrer Kategorie mit den Rängen vier, fünf und sieben. «Ein einmaliges Erlebnis, das wir stets noch mit Ferien verbunden haben.» Inzwischen hat sie auch den Langlaufsport entdeckt und nimmt regelmässig am Engadiner Marathon und weiteren Rennen teil.

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Ressortleiterin an Kids Day

Dem 100er ist Gabi Birrer in der Organisation treu geblieben. Als Zielhelferin der Läufer und am Donnerstagabend als Verantwortliche der Kids Run. Sie hofft, dass an diesem 7. Juni erstmals über 1000 Mädchen und Knaben zu den Jubiläumsrennen erscheinen. Es würde es ihr etwas einfacher machen, ihren Entscheid umzusetzen. «Ich habe es zehn Jahre getan und es macht sehr viel Spass. Der Aufwand ist gross und ich denke, es ist an der Zeit, einer jungen Kraft zu übergeben.» bmb


Strahlende Siegerin:  Am 4. Juni 1983 läuft Gabi Birrer nach einem Schlussspurt in 8:27 ein. Bild: zvg
 

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Vom 20. bis zum 29. Lauf 
– die Ranglisten
 

20. Lauf: 1978, 16./17. Juni

4350 Anmeldungen, 2657 im Ziel.

1. Hans van Kasteren (Essingen, Holland) 6:58. 2. Helmut Urbach (Köln) 7:08. 3. Lothar Lauffs (Kronberg) 7:12. Ferner: 17. Fritz Steffen (Biel) 8:01. 20. Reto Calderari (Nidau) 8:10. 28. Urs Schwab (Kerzers) 8:25. 47. Hans Moser (Lengnau) 8:43. 58. Francois Dewael (Biel) 8:51. 60. Hans Schicker (Büren) 8:52.

Frauen (101 Finisher): 1. Rita Weilbächer (Sindelfingen) 9:16. 2. Riet Horber (Frauenfeld) 9:38. 3. Ingrid Graf (Gerolfingen) 10:24. Ferner: 24. Rosa Vögeli (Biel) 15:46. 37. Rosa Vögeli (Aegerten) 18:01.

 

21. Lauf: 1979, 8./9. Juni

4130 Teilnehmer, 2943 im Ziel.

1. Helmut Urbach (Köln) 7:00:09. 2. Lothar Lauffs (Kronberg) 7:04. 3. Mike Newton (Streatham) 7:08. Ferner: 8. Fritz Steffen (Biel) 7:31. 18. Ariberg Hannappel (Brügg) 7:50. 22. Reto Calderari (Nidau) 7:55. 32. Theo Stauffer (Biel) 8:11. 46. Richard Glückler (Busswil) 8:25. 51. Heinz Friederich (Biel) 8:28. 78. Hugo Möri (Ipsach) 8:48. 89. Ernst Von Aesch (Lyss) 8:52. 96. Fritz Nikles (Worben) 8:57. 103. Peter Rhiner (Nidau) 8:59. 108. Jean-Pierre Grelat (Biel) 9:00.

Frauen (133 Finisher): 1. Edith Holdener-Meisterhans (Zug) 8:20. 2. Petra Krehl (Calw, De) 9:14. 3. Rita Weilbächer (Sindelfingen) 9:20. 4. Ingrid Graf (Gerolfingen) 10:08. 6. Pia Leimer (Bettlach) 10:58. 32. Rosa Vögeli (Biel) 15:38. 34. Erica Messmer (Biel) 15:45.

 

22. Lauf, 1980: 6./7. Juni

4342 am Start, 2869 im Ziel.

1. Helmut Urbach (Köln) 6:56. 2. Georges Thüring (Frenkendorf) 7:17, 3. Ernst Wodli (Heuchelheim) 7:14. Ferner: 5. Fritz Steffen (Biel) 7:27. 24. Aribert Hannappel (Brügg) 8:03. 29. Sepp Lang (Schüpfen) 8:08. 49. Fritz Nikles (Worben) 8:34. 60. René Arn (Biel) 8:41.

Frauen (146 Finisher): 1. Riet Horber (Frauenfeld) 8:25. 2. Rita Weilbächer (Hildrizhausen, De) 9:04. 3. Hanni Zehendner (Ulm, De) 9:26. 4. Ingrid Graf (Gerolfingen) 9:29. 7. Pia Leimer (Nidau) 10:16. 12. Gabi Birrer (Nidau) 11:07.

 

23. Lauf, 1981, 12./13. Juni

4371 Teilnehmer, 2996 im Ziel.

1. Fritz Steffen (Biel) 7:12. 2. Kurt Ulmi (Killwangen) 7:19. 3. Josef Fassbind (Therwil) 7:19. Ferner: 19. Francois Dewael (Biel) 8:02. 23. Aribert Hannappel (Brügg) 8:10. 37. Gustav Schöni (Biel) 8:23. 48. Kurt Schmied (Biel) 8:28.

Frauen (183 Finisher): Monika Kuno (Bad Waldsee, De) 8:26. 2. Ursula Schäfer (Weinheim, De) 9:05. 3. Edith Holdener (Zug) 9:13. Ferner: 9. Pia Leimer (Nidau) 9:54. 16. Gabi Birrer (Nidau) 10:45. 31. Andree Kraft (Biel) 13:08.


Sieg 1981: Fritz Steffen vom LSV Biel, der erste Bieler Sieger überhaupt. Bild: zvg

 

24. Lauf, 1982, 11./12. Juni

4095 Teilnehmer, 2844 im Ziel.

1. Peter Rupp (Langnau a/A) 6:59. 2. Mario Peck (Cortaillod) 7:09. 3. Fritz Steffen (Biel) 7:11. Ferner: 13. Sepp Lang (Schüpfen) 7:33. 16. Hans Steiner (Büetigen) 7:38. 17. Fritz Nikles (Worben) 7:39. 19. Aribert Hannappel (Brügg) 7:45. 39. Kurt Schmied (Biel) 8:05. 44. Tony Haas (Pieterlen) 8:07.

Frauen (161 Finisher): 1. Josiane Goy (Nyon) 9:06. 2. Agnes Eberle (Zuuwil) 9:07. 3. Eveline Bucher (Weinheim) 9:08. 9. Gabi Birrer (Nidau) 9:51. 13. Pia Leimer (Nidau) 11:15. 20. Andree Kraft (Biel) 11:59.

 

25. Lauf, 1983, 3./4. Juni

4539 Teilnehmer, 3410 im Ziel.

1. Peter Rupp (Langnau a/A) 6:47. 2. Hanspeter Roos (Wolhusen) 6:56. 3. Kurt Inauen (Gossau) 6:57. 4. Robert Schläpfer (Arosa) 7:10. 7. Tony Haas (Aegerten) 7:18. 12. Sepp Lang (Schüpfen) 7:28. 16. Fritz Steffen (Biel) 7:34. 38. Aribert Hannappel (Brügg) 7:55. 53. Francois Dewael (Biel) 8:11. 54. Heinz Lachat (Biel) 8:12.

Frauen (195 Finisher): 1. Gabi Birrer (Nidau) 8:27. 2. Eveline Bucher (Weinheim, De) 8:02. 3. Agnes Eberle (Zuzwil) 8:41. Ferner: 8. Monique Hofmann (Biel) 9:37. 21. Andree Kraft (Biel) 10:52. 25. Elsbeth Mühlemann (Biel) 12:17.

 

26. Lauf: 1984, 15./16. Juni

4558 Teilnehmer, 3307 im Ziel.

1. Peter Rupp (Langnau a/A) 6:42. 2. Kurt Inauen (Gossau) 6:48. 3. Gerd Boldhaus (Hamburg) 7:01. Ferner: 18. Fritz Nikles (Worben) 7:30. 19. Victor Döbeli (Biel) 7:33. 40. Aribert Hannappel (Brügg) 7:53. 44. Heinz Konrad (Jens) 7:55.

Frauen (Finisher 195): 1. Genoveva Eichenmann (Samedan) 8:05. 2. Riet Horber (Frauenfeld) 8:46. 3. Annemarie Grüner (Ludwigshafen) 8:50. 4. Monique Hofmann (Biel) 9:09. Ferner: 9. Ursula Batt (Orpund) 10:10. 10. Andree Kraft (Biel) 10:24. 22. Ilse Schläppi (Biel) 11:36.

 

27. Lauf: 1985, 7./8. Juni

4296 Teilnehmer, 2858 im Ziel.

1. Robert Schläpfer (Arosa) 6:42. 2. Kurt Inauen (Gossau) 6:49. 3. Hanspeter Roos (Wolhusen) 7:03. 12. Hans Steiner (Büetigen) 7:26. 30. Aribert Hannappel (Brügg) 7:52. 48. Heinz Wachtel (Nidau) 8:02.

Frauen (168 Finisher): 1. Agnes Eberle (Zuzwil) 8:17. 2. Gabi Birrer (Nidau) 8:58. 3. Monique Hofmann (Biel) 9:02. 16. Andree Kraft (Biel) 11:21.

 

28. Lauf: 1986, 6./7. Juni

4054 Teilnehmer, 2814 im Ziel.

1. Robert Schläpfer (Arosa) 6:38. 2. Kurt Inauen (Langnau a/A) 6:56. 3. Peter Rupp (Gossau) 6:56. 4. Gerhard Ineichen (Entlebuch) 7:10. 27. Aribert Hannappel (Brügg) 7:53. 36. Christian Roll (Nidau) 7:59.

Frauen (160 Finisher): 1. Agnes Eberle (Zuzwil) 8:25. 2. Riet Horber (Frauenfeld) 9:00. 3. Trudi Staudenmann (Turgl) 9:00. 4. Monique Hofmann (Biel) 9:06. 12. Gabi Birrer (Nidau) 10:13. 13. Andree Kraft (Biel) 10:19.

 

29. Lauf: 1987, 12./13. Juni

3414 Teilnehmer, 2440 im Ziel.

1. Hans Schnyder (Obererlinsbach) 6:45. 2. Peter Rupp (Langnau a/A) 6:50. 3. Kurt Inauen (Gossau) 7:10. 4. Andreas Ostertag (Egg) 7:11. Ferner: 20. Aribert Hannappel (Brügg) 7:49. 41. Heinz Wachtel (Nidau) 8:15. 43. Fritz Steffen (Biel) 8:16.

Frauen (162 Finisher): Katharina Janicke (Weinsheim) 8:22. 2. Rösli Brechbühl (Konolfingen) 8:24. 3. Simone Hobi (Bern) 8:52. 4. Ursula Schäfer (Weinheim, De) 8:53. 5. Gabi Birrer (Nidau) 8:54. 21. Monika Jeanbourquin (Brügg) 10:27. 25. Ursula Reinhard (Lyss) 11:13.


Medaille. Es ist keine Selbstverständlichkeit, den 100er ins Ziel zu bringen. Bild: psj

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 Jubiläumssieger rächte sich
an den Veranstaltern

Zum 20. Lauf wurden diverse Jubiläumsaktivitäten auf die Beine gestellt, um dem Anlass neue Impulse zu verleihen. Für Aufsehen sorgte aber ausgerechnet 
der Sieger.
 

1978 wurde erstmals ein militärischer Gruppenwettkampf durchgeführt, jeweils mit vier Läufern im Wettkampftenue und aus dem gleichen Truppenkörper. Von den zwölf gestarteten 4er-Patrouillen erreichten nur vier das Ziel. Der Wehrsportverein Burgdorf siegte in 11:38 vor Hollandgruppe Baselland, der Gren RS 35 mit dem Bieler Leutnant Bernhard Müller und der Groupe sportif «Les Chevrons» aus Neuenburg.

700 Helfer waren bereits zur Stelle (zwei Jahre später waren es bereits knapp 1000), um den Lauf reibungslos über die Bühne zu bringen. Zumal es sowohl beim Start wie während der Nacht wie aus Kübeln regnete und die Läufer besondere Aufmerksamkeit benötigten. «Sie bieten einen jämmerlichen Anblick, die Teilnehmer des 20. Laufes. Doch trotz aller Unbill sind sie stolz und glücklich über ihre erzielte Leistung», stand im Fachblatt «Sport» geschrieben.

Nur einer machte nicht mit an diesem 17. Juni 1978. Mit neuem Rekord und erstmals unter sieben Stunden erreichte Hans van Kasteren aus Essingen das Ziel. Obwohl er gleich nach Zielschluss ausgerufen wurde, war der Holländer wie vom Erdboden verschwunden. Auch zur offiziellen Siegerehrung erschien er nicht. Die Medien spekulierten, ob der vermeintliche Sieger überhaupt die 100 Kilometer korrekt absolvierte habe?

Das Organisationskomitee entschied aber, den Läufer zu klassieren. Die Siegerehrung fand mit dem Zweite, Dritten und Vierten statt. Erst zwei Monate später schrieb van Kasteren dem Veranstalter und erklärte sich: Im Vorjahr wäre er zum ersten Mal in Biel gestartet. Bei einem falsch gestellten Wegweiser in Scheunenberg habe er sich verlaufen und musste aufgeben. Zurück im Eisstadion, wollte er vom Wettkampfleiter das Geld zurück oder zumindest einen Gutschein für die nächste Austragung. «Da könne ja jeder kommen», habe man ihm gesagt und ihn abgewimmelt. Das habe ihn verärgert. Er habe sich dann zum Ziel gesetzt, im nächsten Jahr wieder zu kommen und sich für den erlittenen Ärger am Veranstalter zu rächen. Auf diese Weise habe er dies nun können. Zu einem dritten Start kam es nicht. bmb

 


Spielverderber: Der 100-km-Lauf-Sieger von 1978, Hans van Kasteren, zog ohne an der Siegerehrung teilzunehmen mit dem Velo davon. Bild: Peter Samuel Jaggi

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Splitter

Nach Sieg tödlich verunglückt

Sieg und tödliche Wanderung. 1979 sorgte ein Bieler für Schlagzeilen: Fritz Steffen erreichte mit 7:31 eine Traumzeit. Er wurde Achter. Im Jahr darauf lief der PTT-Angestellte gar als Fünfter in 7:27 ein. Und dann der grosse Coup 1981, als er als Sieger in 7:12 einlief. Nach einem Angriff im Biberenthal. Zuvor zermürmte man Favorit Urbach mit abwechselnder Führung. «Erst ab der Grenchner Witi habe ich aber an den Erfolg gedacht», so Steffen im Ziel, bevor er vor vielen Fans eine Ehrenrunde drehte. Im folgenden Jahr belegte er mit einer Minute weniger den 3. Platz. Insgesamt nahm er an zehn 100-km-Läufen teil. Im August 1987 erreichte die Organisatoren die Schreckensmeldung, dass Steffen auf einer Bergwanderung im Oberland zu Tode gestürzt sei.

 

• Elektronik sei dank. 1981 das Jahr, das nun erstmals von der elektronischen Datenverarbeitung geprägt war. Das Stempeln von Kontrollkarten auf den Posten wurde nun weggelassen. Die Identifikation des Startläufers erfolgte nur noch über die Startnummer. Beibehalten wurden jedoch die geheimen Kontrollen, vorzugshalber in engen Passagen. Auch die Verpflegungsposten wurden nun erweitert. Alle acht bis zehn Kilometer liefen die Teilnehmer an einem Stand vorbei. Und der Sponsorenetat konnte mit dem Engagement von Adidas als Ausrüster erweitert werden, dafür stieg ein Jahr später Omega aus finanziellen Gründen aus.

 

«Canal 3» bemerkte Irrtum. Der ständige Ausbau des Streckennetzes erforderte ein grösseres Materialvolumen. In der Gewerbeschule Biel stand schliesslich ein Lagerraum zur Verfügung. Apropos Streckenänderungen: Dank der Liveberichterstattung von «Canal 3» wurde 1986 ein Irrtum bemerkt. Die Organisatoren stellten fest, dass die Strecke in diesem Gebiet 1,6 Kilometer kürzer gewesen ist als angenommen. Bei Pieterlen wurde dann kurzerhand eine entsprechende Zusatzschlaufe «ins Leben gerufen», sodass der Name 100 Kilometer wieder seine volle Berechtigung erhielt.

 

Zweite Sekretärin. 1979, die Arbeiten häuften sich weiter, weil auch immer mehr Begleiter zum Lauf erschienen (nun gab es kilometerlange Autostaus). So wurde nach Nelli Strobel auch Pierrette Blösch als Sekretärin verpflichtet. 1980 ein erster grosser Schreck: Zum einen erlitt beim Start ein Laufbegleiter einen tödlichen Herzinfarkt, zum anderen regnete es derart in Strömen, dass viele Teilnehmer den Weg in Mett über die Bahnlinie statt durch die mit Wasser bis auf Kniehöhe bedeckte Unterführung nahmen. Den Schnellzug aus Zürich konnte der damalige Stationsvorstand in Mett rechtzeitig warnen. Der Zugführer stoppte denn auch die Fahrt. 1984 schliesslich das erste Todesopfer aus der Läuferschar. Nach 24 Kilometer erlag der Deutsche Alfred Hohloch einem Herzversagen. Zuvor absolvierte er den Lauf immerhin sechsmal ohne Probleme.

 

Irgendwann musst du nach Biel. Der deutsche Sportjournalist Werner Sonntag überraschte die Veranstalter 1978 mit einem von ihm verfassten 80-seitigen Buch mit dem Titel «Irgendwann musst du nach Biel». Ein Slogan, der die Organisatoren auch in den nächsten Jahren stets begleiten sollte. Ein Auszug: «Die Massage hat kaum etwas gebracht. Es gibt keine Wundermittel. Kilometer 80 ist Kilometer 80. Aber nun wird es überschaubar. Irgendwann ist alles überschaubar. Du weisst, dass du ankommen wirst. Es ist nur noch eine Sache der Haltung. Bei Kilometer 80 hast du noch keine Haltung. Du zerfliesst, verströmst dich psychisch. Du tust dir leid. Deine Seele ist wund von der Anstrengung, deinen Körper in die Pflicht zu nehmen.» Ein fleissiger Schreiber über Laufberichte war Adolf Weidmann mit Jahrgang 1901. Er stand den Lauf 1984 durch, mit seinem Bruder, der auch 77 Jahre alt war. Die beiden schrieben meist direkt dem Stadtpräsidenten oder der Stadtkanzlei. bmb

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Erste Dopingkontrollen und 
erste medizinische Studien

Doping wurde auch in Biel zum Thema: 30 Läufer wurden bei der Startnummern-Ausgabe 1973 kontaktiert und um Abgabe einer Blut- und Urinprobe gebeten. Bei ihrem Zieleinlauf wurden erneut Proben entnommen. Von irgendwelchen Vorkommnissen wurde in der Auswertung nie etwas bekannt. In den letzten Jahren haben sich die Dopingjäger praktisch nicht mehr gemeldet. Die Organisatoren müssen aber einen speziellen Raum bereithalten. Man weiss eben nie, wann sie kommen.

Auch die Mediziner wurden im Zuge der Joggingwelle auf den Lauf aufmerksam: 1977 wurde der Anlass von einem medizinischen Team aus Deutschland begleitet. Über mehrere Jahre wurden Untersuchungen durchgeführt. Eine Befragung wurde anlässlich des 22. Laufes 1980 durchgeführt. Die Auswertung fand in Zusammenarbeit mit dem Institut für Leibeserziehung und Sport der Universität Bern sowie einem gewissen Dr. med. H. Howald vom sportwissenschaftlichen Institut in Magglingen statt. Über 41 Prozent jener, die den Lauf beendet haben, retournierten das umfassende Dokument. Untersucht wurde in erster Linie der Einfluss von Lebensalter, Messgrössen (Grösse, Gewicht usw) und trainingsmethodischen Kennziffern auf die Leistung des Laufes. Aber auch Fragen über Motivation, Betreuung, Konsumation von Getränken usw. «An die Leistungsgrenze gehen» führt die Tabelle in diesem Bereich der Beweggründe an. Gefolgt vom «Willen, 100 Kilometer mal zu laufen». Auf Rang drei ging es um eine Wette. Besondere Erwähnung finden in diesem fast 100-seitigen Werk die älteren Personen wie Gottfried Naef, der mit 86 Jahren 22 Stunden und 41 Minuten benötigte, oder die Bielerin Rosa Vögeli, die, 79-Jährig, in 15 Stunden und 38 Minuten ins Ziel kam. bmb