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Tennis

Ein Fest mit ungewisser Zukunft

Ab morgen treten Roger Federer, Rafael Nadal und andere Grössen in Genf zum dritten Laver-Cup an. Der Anlass ist ein Erfolgsmärchen, um dessen Fortbestand sich jedoch Fragen ranken. Eine Analyse.

Gut gelaunt bei der Begrüssung: Rafael Nadal, Roger Federer, Namensgeber Rod Laver und Captain John McEnroe (v.l.). Bild:Keystone

René Stauffer, Genf

Zu behaupten, der Laver-Cup sei von der Tenniswelt mit offenen Armen empfangen worden, wäre gelogen. Eine wirkliche Chance erhielt er nur, weil einflussreiche Leute dahinterstanden, allen voran Roger Federer, der Ideengeber, und sein Partner Tony Godsick, der für die Umsetzung sorgte. Die Idee mutete auch etwas naiv an: ein Tennisfest zu veranstalten, das alle vereint, alle Generationen, die Legenden und Talente der Sportart, das zum Schmelztiegel für die verschiedenen Parteien und Verbände werden sollte mit dem hehren Ziel, eine Art Ryder-Cup des Tennis zu kreieren und die Vergangenheit hochleben zu lassen.

Dass niemand die Idee besser repräsentiert als Rod Laver und sie diesem auch sogleich gefiel, war ein anderer Glücksfall. Der liebenswerte, 81-jährige Australier steht in der Tennisgeschichte über allen, hat als Einziger alle vier Grand-Slam-Turniere zweimal im gleichen Jahr gewonnen, 1962 und 1969. Federer, ein Liebhaber der Tennishistorie, wollte explizit auch sein Erbe ehren und ihm, nebenbei, auch finanziell helfen.

Alle Fragen führen zu Federer

Trotzdem wurde der Laver-Cup von vielen als überflüssige Schauveranstaltung im überfüllten Kalender betrachtet, als es 2017 in Prag zur Premiere kam. Die Grand Slams, in deren Stadien Godsick den Laver-Cup sogar gerne ausgetragen hätte, standen ebenso abseits wie der Internationale Verband sowie die ATP, welche die Männertour ausrichtet.

Der Laver-Cup war dann schon bei seiner Premiere in Prag ein grosser Erfolg, bei Spielern, Zuschauern und Sponsoren. Nichts zeigte seine Andersartigkeit besser als die Szenen innerhalb der Teams – zum Beispiel, wie sich Rafael Nadal und Roger Federer, sonst grosse Rivalen, nach ihrem ersten gemeinsamen Doppel in die Arme fielen. Nachdem die zweite Austragung in Chicago ebenso euphorische Reaktionen auslöste und etwa John McEnroe von der besten Neuerung im Tennis seit Jahrzehnten sprach, hatte das zarte Pflänzchen schon starke Wurzeln geschlagen.

Den Ritterschlag erhielt der Laver-Cup im Mai 2019, als ihn die Profitour ATP als offizielles Turnier anerkannte. Nachträglich wurden alle Resultate in die Statistiken aufgenommen, dazu unterstützt sie den Anlass auch mit Schiedsrichtern, Physiotherapeuten und ihren Marketingkanälen. Wer heute den Laver-Cup noch als Schauturnier einstuft, wird ihm und den Spielern nicht gerecht, die ihr Herzblut auf dem Platz zu lassen pflegen und sich unter grossem Druck sehen.

Dennoch ranken sich Fragen um den Anlass. Fragen, die letztlich alle zu ihm führen: Roger Federer. Er ist das Fundament, als Integrationsfigur und Spieler, seine Agentur Team8 richtet das Turnier aus, und nicht zufällig gehören viele seiner Sponsoren zu den tragenden Säulen. Was wird sein, wenn Federer nicht mehr spielt? Wird das Turnier stark genug sein, um die Erfolgsmaschine am Laufen zu halten? Selbst dass längst absehbar ist, dass Federer ihm in einer Form treu bleiben wird, ist keine Erfolgsgarantie.

Fragen betreffen auch die finanzielle Situation des Turniers. Es scheute bisher keine Kosten. Zahlen werden keine veröffentlicht, und ob das Turnier bereits profitabel ist, wie die Ausrichter behaupten, wissen die Tennisgötter. An Finanzkraft fehlt es ihm nicht, zumal mit Federer- und Godsick-Freund Jorge Paulo Lemann auch ein brasilianisch-schweizerischer Milliardär zu den Investoren gehört – neben dem amerikanischen und dem australischen Verband, der in Genf für die verschiedensten Bereiche zuständig ist.

Einmalige Konstellation

All diese Fragen brauchen in Genf aber niemanden zu interessieren. Die glückliche Konstellation, Federer und Nadal Seite an Seite in ihrem goldenen Herbst in der Schweiz zu erleben, in Anwesenheit von Grössen wie Borg, McEnroe und anderen, wird es ohnehin nie mehr geben.

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