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Fussball

Ein Team aus Rivalen

Für den am Montag beginnenden Seeland-Cup sind der SV Lyss und der FC Aarberg eine Zweckehe eingegangen. Die beiden Zweitligisten wollen gegen die oberklassigen Gegner trotz Ferienabwesenheiten kompetitiv sein. Doch wer übernimmt das Coaching?

Gegner machen gemeinsame Sache: Der FC Aarberg und der SV Lyss verschmelzen am Seeland-Cup zu einem Team (im Bild links der Aarberger Fabian Schleiffer, daneben Micha Subramaniam vom SV Lyss). copyright: Matthias Käser/BT

Moritz Bill

Etwas überspitzt formuliert sind der FC Aarberg und der SV Lyss zur Heirat gedrängt worden. Erstmals werden die beiden Zweitligisten gemeinsam mit einer Mannschaft unter den Namen Team Lyss/Aarberg am Seeland-Cup antreten.Und das kam so.
Nachdem die Aarberger vor einem Jahr am traditionellen Vorbereitungsturnier ihre beiden Spiele mit einem Gesamtskore von 0:14 verloren hatten, und auch die Lysser (resultatmässig weniger deutlich) chancenlos geblieben waren, sah das OK Handlungsbedarf. Der für den Spielbetrieb zuständige Stephan Heiniger kam auf die Idee der temporären Vermählung. «Wegen des Ligaunterschieds ist eine gewisse Unterlegenheit normal. Jedoch haben beide Teams zusätzlich jedes Jahr mit Ferienabwesenheiten zu kämpfen, weshalb sie manchmal keine elf Spieler der 1. Mannschaft aufbieten konnten. Das Gefälle war zu gross», erklärt Heiniger.
Nur, bei Lyss und Aarberg handelt es sich nicht bloss um einen Sommerflirt zweier beliebiger Seeländer Fussballklubs. Zum einen sind die beiden Mannschaften nach Lyss’ Aufstieg ab kommender Saison wieder Ligakonkurrenten. Zum anderen verbindet die beiden Nachbarn eine Rivalität. Heiniger, seit Dekaden im regionalen Fussball tätig, sagt denn auch, dass eine solche Kooperation vor 30 Jahren unvorstellbar gewesen wäre. Er war als Trainer der Fanionteams schon in beiden Vereinen tätig und liess seine Beziehungen spielen. Jedenfalls stiess er mit seinem Vorschlag grösstenteils auf offene Ohren. Bloss ein paar Alteingesessene äusserten Skepsis. Auf Aarberger Seite befürchtete man zum Beispiel aufgrund des Gastgeberstatus’ des SV Lyss eine Lysser Mannschaft mit ein paar Aarberger Ergänzungsspielern.

Zauberformel 6-4-1
Dem ist aber nicht so. Für die beiden Gruppenspiele stehen voraussichtlich je sieben Spieler beider Klubs im Aufgebot. Im ersten Spiel am Montag gegen Köniz tritt das Team unter Lysser Flagge und mit Neo-Lyss-Trainer DavidMeister als Headcoach an. Die Startelf soll sich aus sechs Lyssern, vier Aarbegern und dem Lyss-Goalie zusammensetzen. Für die zweite Partie eine Woche darauf gegen die U21-Mannschaft der Young Boys ist mit umgekehrten Vorzeichen Aarberg mit Cheftrainer Marco Aebischer am Drücker. Diese Handhabung haben beide Trainer bei einem Treffen festgelegt.
Wer den Lead bei einem allfälligen dritten Spiel am Finaltag übernimmt, ist offen. Man rechnet trotz der veränderten Ausgangslage weiterhin nicht damit, sich gegen die Oberklassigen durchzusetzen.

Offen statt verschlossen sein
David Meister ist überzeugt, dass neue Wege einzuschlagen nichts Verkehrtes ist, er sagt:«Ich bin ein absoluter Fan davon, im Seeländer Fussball Synergien zu nutzen.» Bedenken, dass durch die Zusammenarbeit taktische Geheimnisse offenbart werden, hat er keine. Man wisse ohnehin um die Stärken und Schwächen der Gegner. Zudem habe die Taktik auf Amateurstufe einen weniger entscheidenden Einfluss als weiter oben, so Meister. Marco Aebischer ist gleicher Meinung und fügt an: «Die ausgeklügeltste Methode zur Ausführung einer Standardsituation werden wir aber natürlich schon nicht testen.»
Der Aarberger Trainer begrüsste den Vorschlag zum Bündeln der Kräfte ebenfalls, ist aber gleichwohl froh, dass der Seeland-Cup in die Anfangsphase der Vorbereitung fällt. Die im Hinblick auf die Meisterschaft wichtigen Testspiele würden erst später folgen, so Aebischer.
Die Skepsis einzelner Spieler gegenüber diesem Projekt konterte Aebischer mit Mut zur Veränderung:«Wir müssen auch mal offen und neugierig sein.» Er kann sich vorstellen, dass dies der Startschuss zu einer anhaltenden Zusammenarbeit sein könnte. «Unter den Jurassiern ist ein Austausch an Informationen gang und gäbe. Ich fände es gut, würden auch die Seeländer Teams untereinander ihre Erfahrungen teilen, die sie mit gegnerischen Mannschaften gemacht haben – auch wenn wir in der Liga Konkurrenten sind.»

Match ja, Training nein
Vorerst geht es darum, am Seeland-Cup gegen die favorisierten Teams eine gute Falle zu machen. Aebischer denkt zwar, dass man wegen der Kooperation stärker besetzt sei, jedoch setzt er ein Fragezeichen hinter die Umsetzung auf dem Platz. Wie gut das Zusammenspiel unter fremden Spielern funktioniert, kann er nicht abschätzen. Gemeinsam trainieren werden die Frischvermählten nämlich nicht. Das wäre dann doch etwas des Guten zu viel, heisst es. Wie in einer Scheinehe üblich, tritt man nur in der Öffentlichkeit gemeinsam auf – daheim werden getrennte Betten bevorzugt.