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Eishockey

Er ging in die Kabine und wusste: Das war es wohl

Es sollte ein Neubeginn beim SC Lyss werden. Nun hat Tim Dubois mitten in der Saison beschlossen, definitiv mit dem Eishockey abzuschliessen. Der 25-Jährige erklärt, was passiert ist.

Tim Dubois will nach mehreren Gehirnerschütterungen kein Risiko mehr eingehen. Bild: Barbara Héritier/Bieler Tagblatt
Interview: Michael Lehmann
 
Tim Dubois, was ist Ende November im Auswärtsspiel gegen Seewen geschehen?
Kurz vor Schluss habe ich einen Check gegen den Kopf kassiert. Im Nachhinein war es nicht einmal schlimm. Ich habe keine grossen Nachwehen verspürt. Trotzdem hat dieser Moment irgendetwas in mir ausgelöst.
 
Was denn?
Es kamen Erinnerungen an früher hoch. Ich fürchtete, wieder Probleme mit den Augen zu kriegen, und stellte mir die Frage: Was mache ich eigentlich hier? Ich ging in die Kabine und wusste da bereits, dass dies wohl mein letztes Spiel war.
 
Dazu muss man wissen, dass Sie 2017 erstmals Mühe mit dem Sehen bekamen, nachdem Sie mehrere Gehirnerschütterungen erlitten hatten.
Es war wie ein Flimmern in den Augen. Ein Gefühl, Dinge etwas verspätet wahrzunehmen. Im Alltag ging es nach einem Monat wieder recht gut. Doch sobald ich aufs Eis ging oder sonst den Puls hochjagte, begann es zu flimmern. Das ging etwas ein halbes Jahr so.
 
Sie hatten deswegen ihre Spitzensportkarriere beendet. Was hat Sie dazu gebracht, beim SC Lyss einen Neustart zu wagen?
Ich spielte dazwischen einige Zeit beim EHC Bellmund in einer tiefen Liga. Das machte mir zwar Spass, den Ehrgeiz und die Emotionen vermisste ich allerdings. Und weil es bei Bellmund lange gut ging, ich keine Rückschläge zu verkraften hatte, wollte ich nochmals in einer höheren Liga spielen. Joël Schwab (Sportchef des SC Lyss, die Red.) und ich arbeiten zusammen und so kamen wir ins Gespräch.
 
Auch in Lyss ging es lange gut, Sie zählten zu den Leistungsträgern. Wie war es für Sie, das Team über den Rücktritt zu informieren?
Es war hart, denn das Team und der Zusammenhalt sind toll. Und sowieso ist es bitter, sich mitten in der Saison zu verabschieden. Das möchte niemand. Aber für mich war klar, dass es besser ist so. Und ich denke, dass die meisten meine Entscheidung verstanden haben.
 
Sie haben gesagt, dass Sie unmittelbar nach dem Check wussten, dass es für Sie nicht weitergeht. War es ein Kurzschluss-Entscheid?
Nein, ich habe mir danach nochmals ein paar Tage Zeit genommen, um mir sicher zu werden. Ich bin sogar noch einmal aufs Eis, doch sobald dieser Gedanke in meinem Kopf war, brachte ich ihn nicht mehr da raus. Der Respekt war zu gross, dass beim nächsten Mal etwas Schlimmeres passieren und dies womöglich Langzeitfolgen haben könnte. Den Trainer habe ich zwei Tage nach dem Spiel informiert, dass ich wohl nicht mehr auflaufen werde. Der definitive Entscheid folgte ein paar Wochen später.
 
Eine Rückkehr ist dieses Mal ausgeschlossen? Auch nicht in einer tieferen Liga?
Für mich ist klar, dass es besser ist, nun einen Schlussstrich zu ziehen. Ich habe bei Bellmund gemerkt, dass mir nicht liegt, einfach ein bisschen aus Freude Eishockey zu spielen. Daher werde ich mich nun auf die Arbeit und die Weiterbildung fokussieren, und mir einen neuen Sport suchen.
 
Welcher Sport reizt Sie?
Schwierig ... Unihockey, vielleicht. Auch Golf würde mich interessieren. Mal schauen.
 
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Jähes Karriereende nach Meistertitel
 
Tim Dubois hatte immer davon geträumt, Eishockeyprofi zu werden. Sein Vorbild war Vater Gilles, der zwischen 1985 und 1995 sowie von 1998 bis 2001 für den EHC Biel aufspielte und zu den Klublegenden zählt.
 
2016 stand Tim Dubois vor dem Durchbruch. Der Verteidiger führte die Elite-Junioren des SC Bern als Captain zum Meistertitel und kam auch in der National League, in der Bern ebenfalls Meister wurde, zu ersten Einsätzen. Nichts deutete darauf hin, dass der U20-Nationalspieler nur eineinhalb Jahre später, von der nationalen Bildfläche verschwinden würde.
 
Verantwortlich dafür waren die insgesamt sechs Gehirnerschütterungen, die Dubois erlitt. Die vermutlich damit zusammenhängenden Augenprobleme (mehr im Interview) liessen Dubois die Notbremse ziehen. Mit 21 Jahren beendete der damals an Visp ausgeliehene Seeländer seine Karriere im Spitzensport. In der Folge spielte er einige Jahre beim EHC Bellmund in der 3. Liga, ehe er Anfang 2021 einen Vertrag beim MSL-Team des SC Lyss unterschrieb.
 
Nach seinem definitiven Rücktritt fokussiert sich der 25-Jährige auf seinen Job als Autoverkäufer und mögliche Weiterbildungen.
 
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Lyss startet mit Heimspiel ins neue Jahr
 
Die Festtage sind vorbei, der SC Lyss ist ins letzte Drittel der regulären Spielzeit gestartet. In der ersten Partie des neuen Jahres empfangen die Seeländer am Samstag (17 Uhr) den HC Düdingen. Die Freiburger liegen derzeit mit sieben Punkten Rückstand auf die fünftplatzierten Lysser auf dem neunten Rang – also direkt unter dem Playoff-Strich.
 
Die beiden Teams sind sich in dieser Saison schon zweimal gegenübergestanden. Der SC Lyss setzte sich in beiden Duellen in der Verlängerung durch; beide Male erzielte Michael Maurer das Game-Winning-Goal.
Stichwörter: SC Lyss, Tim Dubois