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Eishockey

Haas debütiert und alle fiebern mit

Gaëtan Haas hat als erst zweiter Seeländer in der NHL gespielt. Im ersten Match musste sich der Bieler mit einer Nebenrolle begnügen. Dennoch ist die Euphorie seiner Weggefährten gross.

Gaëtan Haas (links) gewinnt mit Edmonton gegen Vancouver 3:2 (im Bild Loui Eriksson und Quinn Hughes). nhl.com

Moritz Bill

Es war ein kurzes Debüt – doch eines von grosser Bedeutung für das Seeländer Eishockey. Der Bieler Gaëtan Haas spielte in der Nacht auf gestern erstmals in der National Hockey League (NHL). 19 Jahre nachdem mit dem Lysser Michel Riesen der erste und bis gestern einzige Seeländer in der besten Liga der Welt seinen Einstand gegeben hatte. Wie es der Zufall will, trugen beide dasselbe Logo auf der Brust, jenes der Edmonton Oilers.
Zwei Minuten und elf Sekunden – Haas bekam im kanadischen «Season Opener» gegen die Vancouver Canucks (3:2) wenig Auslauf und damit sogleich seinen Nobody-Status zu spüren. Dennoch war der 27-jährige Center nach Spielschluss natürlich überglücklich, sagte im Garderoben-Interview, dass er noch nicht wirklich realisiert habe, dass sein Traum soeben wahr geworden ist. «Es war ein langer Weg bis hierher, auf dem ich auf grosse Unterstützung von vielen Leuten zählen konnte.»

Der talentierte «Gitterlibueb»
Einer von ihnen ist Kevin Fey. Der Verteidiger des EHC Biel war nicht nur Haas’ langjähriger Teamkollege, sie sind auch privat verbunden; Haas war Feys Trauzeuge. «Ich bin sehr stolz auf ihn. Seine Technik, sein Speed, sein Skating – für mich verkörpert er das Musterbeispiel eines modernen Spielers», sagt Fey. Biels Captain Mathieu Tschantré erinnert sich, wie Haas vor zehn Jahren als «Gitterlibueb» in die 1. Mannschaft kam. «Sein Talent war offensichtlich, doch es fehlte manchmal an der richtigen Einstellung. Das änderte sich nach seiner langwierigen Schulterverletzung.»
Noch weiter zurück reichen Rajan Satarics Erinnerungen. Der heutige EHCB-Verteidiger spielte bei den Junioren mit Haas zusammen. «Schon damals war ersichtlich, dass sich ‹Gates› auf einem höheren Niveau bewegt als wir. Wir haben davon geträumt, es einmal bis in die NHL zu schaffen – und jetzt ist er dort, unglaublich.» Diese Gespräche sind auch einem anderen Teamkollegen von damals noch präsent. Florin Gerber, heute beim SC Lyss in der MySports Leage tätig, spricht deshalb über einen «ganz speziellen Moment», als er seinen Freund vor dem TV in der NHL spielen sah. Gerber hatte den Wecker auf 3.45 Uhr gestellt, und er war ohne kalte Dusche sofort hellwach. «Als er aufs Eis kam, hatte ich Hühnerhaut.»
Trotz aller Euphorie analysiert Gerber Haas’ Einstand nüchtern als «schwierig». Die beiden Star-Center Connor McDavid (21:40 Eiszeit) und Leon Draisaitl (26:46) nehmen viel Platz ein. «Die Oilers sind nach der verkorksten letzten Saison auf einen guten Start angewiesen. Ich denke, Gaëtan wird später zu mehr Eiszeit kommen, um sich beweisen zu können», sagt Gerber.

Brunner lag richtig
Gleicher Meinung ist Damien Brunner. Der 135-fache NHL-Spieler hatte schon im August prognostiziert, dass Haas zu Einsätzen kommen wird. Brunner traut ihm auch einen Stammplatz zu. «Die Ausgangslage ist schwierig. Aber wenn das Team nun viel gewinnt, wird Haas mehr spielen. McDavid und Draisaitl können nicht jeden Match 23 Minuten auf dem Eis sein.» Brunner weiss aus eigener Erfahrung, dass es mit weniger als zehn Minuten Eiszeit schwierig ist, seine Fähigkeiten zu zeigen.
An sein Debüt erinnert sich der heutige Biel-Stürmer noch ganz genau. Zwar verloren seine Detroit Red Wings bei den St. Louis Blues 0:6. Doch der Schweizer Neuling stand dabei in der «Starting Six» und anschliessend über 18 Minuten auf dem Eis. Bei seinem ersten Einsatz begrüsste ihn David Backes sogleich mit einem harten Check in der neuen Liga. «Ich verlor beinahe meinen Helm», erzählt Brunner.
Nicht wegen eines Checks, sondern weil er schon weit zurückliegt, sind Marc-Antoine Pouliots Erinnerungen an seinen ersten NHL-Match verschwommen. Vor 14 Jahren begann der Kanadier, ebenfalls in der Organisation der Edmonton Oilers, zwischen NHL und AHLhin und her zu pendeln. Dieser Konkurrenzkampf sei für Nordamerikaner völlig normal. «Für Europäer ist das ungewohnt und am Anfang wohl schwierig. Ich freue mich für Gaëtan, hat er es ins Team geschafft.» Dass er sich dort behaupten kann, habe nicht nur mit Talent zu tun, weiss Pouliot. «Du brauchst auch Glück, das Timing muss stimmen. Am wichtigsten ist, dass du das Vertrauen der Coaches gewinnst.» Die nächste Möglichkeit dazu hat der Bieler Neo-NHL-Spieler in der Nacht auf Sonntag im Heimspiel gegen die Kings aus Los Angeles.

Stichwörter: Eishockey, Gaetan Haas, NHL