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Eishockey

«Ich habe physisch und spielerisch viel nachzuholen»

Er wurde Meister mit dem SC Bern, trat dann aber bereits mit 21 Jahren zurück, weil er viele Gehirnerschütterungen erlitten hatte. Nun wagt Tim Dubois beim SC Lyss einen Neubeginn.

Statt in der Postfinance Arena (hier bei einem Spiel vom Januar 2016) läuft Tim Dubois demnächst in der Seelandhalle auf. Bild: Keystone

Michael Lehmann

«2016? Da muss ich kurz nachdenken, es ist ja schliesslich auch schon länger her.» Dann erinnert sich Tim Dubois aber gut an die Ereignisse. Er war 19 Jahre alt, Elite-Junior beim SC Bern und Ergänzungsspieler in der National League. Am Ende der Saison konnte er deshalb gleich doppelt feiern: den Meistertitel mit den Junioren, die er als Captain anführte, und den Meistertitel der ersten Mannschaft, bei der er zu 18 Einsätzen gekommen war.

Dubois stand vor dem Durchbruch, war U20-Nationalspieler, eine grosse Zukunftshoffnung. Doch nur eineinhalb Jahre später sollte er seine Karriere frühzeitig beenden.

Sechs Gehirnerschütterungen
Es war immer Dubois’ Traum gewesen, Eishockeyprofi zu werden; in die Fussstapfen seines Vaters Gilles zu treten, der zwischen 1985 und 1995 sowie von 1998 bis 2001 für den EHC Biel aufspielte und zu den Klublegenden zählt. Dass es nicht so weit kam, lag an den Gehirnerschütterungen, die er sich früh zugezogen hatte – die erste mit zwölf Jahren. Als Dubois schliesslich die Notbremse zog, hatte er bereits sechs erlitten. Er habe noch einigermassen Glück gehabt, sagt der Seeländer. Denn es seien immer nur leichte Gehirnerschütterungen gewesen.

Doch auch leichte Verletzungen hinterlassen ihre Spuren. Nach zwei kurz aufeinander folgenden Gehirnerschütterungen beklagte Tim Dubois Probleme mit der Sicht. «Zwischenzeitlich wurden meine Augen relativ schnell müde. Es war so, als ob ich alles ein bisschen später wahrnahm.» Das brachte ihn dazu, seinen Weg zu hinterfragen. Mit der Gesundheit, so schloss er, ist nicht zu spassen. Der damals an Visp ausgeliehene Verteidiger zog sich mit 21 Jahren aus dem Spitzensport zurück.

Wehmut ja, Bereuen nein
Bereut hat Dubois den Entscheid nie, denn er wusste, dass es das Richtige für ihn war. «Aber natürlich hat es wehgetan, wenn ich danach Eishockey geschaut habe. Auch, als ich eine Meisterfeier im Fernsehen verfolgte, war ich ein bisschen traurig, dass ich den Durchbruch nicht ganz geschafft habe.» Zwar konnte Dubois 2016 und 2017 zweimal mit dem SCB den Titel feiern. Allerdings sei es halt doch nicht das Gleiche, wenn man «nur» zu Teileinsätzen während der Regular Season gekommen sei.

Geholfen hat ihm in der Zeit danach, dass er sich beruflich gleich neue Ziele setzte. Der gelernte Hochbauzeichner nahm die Berufsmaturität in Angriff und arbeitete nebenbei als Landschaftsgärtner. Das zuerst angestrebte Studium hat er vorerst aufgeschoben, weil er bei einer Autogarage als Verkäufer einsteigen konnte.

Die Herausforderung vermisst
Dem Eishockey schwor Dubois nicht gänzlich ab. Dafür liebte er den Sport zu sehr. Er spielte fortan beim EHC Bellmund in der 3. Liga. Die Zeit bei den Bellmundern habe er genossen, sagt Dubois. «Aber es ging dort halt mehr um den Spass, als darum, sich weiterzuentwickeln.»

Da er viele Freunde beim SC Lyss hat, schaute sich Dubois vermehrt deren Spiele in der dritthöchsten Liga an. Bei den ersten Kommentaren der Spieler, er solle sich ihnen anschliessen, winkte er noch ab. Auch die Anfrage von Sportchef Joël Schwab, der bei derselben Autogarage arbeitet, reagierte er zögerlich. Mit zunehmender Zeit vermisste der mittlerweile 24-Jährige jedoch die Emotionen, vermisste es, gezielt und intensiv auf etwas hin zu trainieren.

«Willst du das wirklich?», hätten ihn seine Eltern gefragt. Mit seiner Vorgeschichte überrascht es nicht, dass sie sich Sorgen machen. «Aber mir geht es gut, Beschwerden hatte ich schon lange keine mehr», sagt Dubois. Auf die leichte Schulter nehme er die Vergangenheit allerdings nicht. «Ich werde weiter Nackenübungen machen und auf dem Eis den Blick möglichst aufs Spielgeschehen halten, nicht auf den Puck.»

Bei Tim Dubois’ Engagement gehen beide Seiten ein kleines Wagnis ein. «Es wird eine riesige Herausforderung für mich, denn das Niveau in der MSL ist hoch», sagt der Neo-Lysser. «Zwar habe ich sicher nicht alles verlernt, dennoch habe ich physisch und spielerisch viel nachzuholen. Mir steht ein hartes Sommertraining bevor, aber ich freue mich auch sehr darauf.»

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Struchen kommt, zwei Routiniers zögern
Weil die letzte Saison wegen des Coronavirus vorzeitig abgebrochen werden musste, hatte Lyss’ Sportchef Joël Schwab schon früh Zeit, das Kader für die kommende Spielzeit zu gestalten.

Zwei Zugänge sind bisher bekannt: Neben dem Verteidiger Tim Dubois (mehr im Haupttext) wird auch Dario Struchen zum SC Lyss stossen. Der 20-jährige Stürmer spielt beim U20-Team des EHC Biel und ist derzeit der viertbeste Skorer des Teams (12 Tore, 13 Assists). Struchen wurde seit 2018 wiederholt an die Lysser ausgeliehen, sodass er bereits auf 30 Einsätze in der 1. Liga und der MSL kommt.

Als Abgänge stehen bis jetzt Christopher Smith fest, der nach Kanada zurückkehrt, sowie Michael Schwoerer und Jonathan Aeby, deren Verträge nicht verlängert werden.

Bei fünf Spielern ist die Zukunft beim SC Lyss noch offen. Darunter sind mit Bruno Blatter (34) und Sascha Aeschlimann (30) zwei Routiniers des Klubs.Sie brauchen zusätzliche Bedenkzeit, ob sie eine weitere MSL-Saison anhängen möchten. Ebenfalls noch unklar ist, ob die Valenza-Brüder Alexis und Luca sowie Bastien Taccoz ein weiteres Jahr für die Seeländer auflaufen werden.

Trainer Serge Meyer hat sich indes für eine weitere Saison verpflichtet. Sein Vertrag enthält jedoch eine Ausstiegsklausel für Teams aus einer höheren Liga. leh

Vorläufiges Kader des SC Lyss. Torhüter: Geissbühler, Gribi, Maruccia. Verteidiger: Aeschbacher, Blaser, Dubois (neu), Fleury, Graf, Röthlisberger. Stürmer: Burgener, Gerber, Girardin, Glarner, Lehner, Mattioni, Minder, Schmid (U20), Siegenthaler, Struchen (neu). Abgänge: Aeby, Schwoerer, Smith. Offen: Aeschlimann, Blatter, Taccoz, Alexis Valenza, Luca Valenza.

Stichwörter: Tim Dubois, SC Lyss