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Orientierungslauf

«Ich traue Simona noch zweimal Gold zu»

Fabian Aebersold ist als Ersatzläufer an der EM in Neuenburg dabei. Der 20-jährige Brügger spricht über sein Programm, die Medaillenchancen seiner Schwester und seine Stärken im Berglauf.

Fabian Aebersold startet in diesem Jahr erstmals bei der Elite. Bild: Christian Aebersold

Michael Lehmann

Sein erstes grosses Ziel bei der Elite hat Fabian Aebersold knapp verpasst. Gerne hätte der 20-Jährige an der Sprint-EM in Neuenburg teilgenommen. Intensiv hat er sich darauf vorbereitet, doch er schaffte es nicht, sich in die Top-10 des Männerteams zu kämpfen. Natürlich sei er ein wenig enttäuscht gewesen, sagt der Seeländer. «Leider habe ich in der Selektionswoche nicht meine beste Leistung abrufen können.» Sein Potenzial haben die Trainer jedoch erkannt. Deshalb boten sie Aebersold auf, das EM-Team als Ersatzläufer zu begleiten. Sollte ein Läufer krank oder verletzt ausfallen, würde er einspringen.

Es könnte also sein, dass Fabian Aebersold im morgigen Einzelsprint plötzlich am Start steht. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch eher tief und darauf hoffen möchte er auch nicht. Er sieht die Zeit mit dem Nationalteam - es weilt während der EM in einem Hotel in Vaumarcus - primär als Trainingswoche. In Absprache mit dem Männertrainer François Gonon hat er sein eigenes Programm aufgestellt, das er parallel zu den Wettkämpfen abspult.

Kommt so überhaupt ein wenig EM-Feeling auf? Aebersold bejaht die Frage. «Am Donnerstag habe ich mit dem Rest des Teams die Sprint-Staffel im Fernsehen verfolgt. Obwohl ich wahrscheinlich nicht antreten werde, wurde ich bei den Bildern gleich ein bisschen nervös.»

Nach Gold gab es eine Schorle
Gross gefeiert hat das Nationalteam die Goldmedaille in der Staffel indes nicht. «Mit einer Schorle haben wir angestossen», sagt der Sportwissenschaftsstudent. Schliesslich ist es gestern gleich mit der Qualifikation für den Knockout-Sprint weitergegangen (mehr in der Infobox). Nach dem letzten Rennen von morgen werde es dann – ohne die Corona-Auflagen zu missachten – wohl etwas ausgelassener, so Aebersold.

Das kommt auch ein wenig darauf an, wie gut das Schweizer Team in den vier verbleibenden Rennen abschneidet. Die Hoffnungen ruhen nicht zuletzt auf Simona Aebersold, Fabians knapp drei Jahre ältere Schwester. «Ich traue Simona noch zweimal Gold zu», sagt Fabian Aebersold bestimmt. «Im Einzelsprint gehört sie definitiv zu den Favoritinnen. Der Knockout-Sprint ist unberechenbar.» Es ist ein Format, bei dem sich vermeintliche Aussenseiterinnen plötzlich ganz vorne klassieren.

Dass der mediale Fokus derzeit klar auf seiner Schwester liegt, stört Aebersold nicht. Er weiss, dass der Sprung vom Nachwuchs in die Elite bei den Männern ein grösserer ist als bei den Frauen. Bereits im März haben die beiden in einem Interview mit dieser Zeitung erklärt, dass sie sich gegenseitig anstacheln und durch die gemeinsamen Trainings voneinander profitieren.

Eine andere WM im Visier
Nach der EM wird sich Simona Aebersold auf die Wald-WM in Tschechien vorbereiten, die in der ersten Juli-Woche stattfinden soll. Für Bruder Fabian kommt dieser Grossanlass noch etwas zu früh, er wird stattdessen versuchen, sich für den einen oder anderen Weltcup-Anlass zu qualifizieren. Das Thema «WM 2021» ist für den Brügger jedoch noch nicht abgeschlossen. Statt nach Tschechien würde er aber gerne nach Thailand reisen. Dort findet im Herbst die Berglauf-WM statt.

Die Bergläufe oder Trail-Runs hat Aebersold auch durch Corona für sich entdeckt. Weil im letzten Jahr kaum OL-Wettkämpfe stattfanden, nahm der Seeländer vermehrt an solchen Läufen teil. «Die Abwechslung zwischen Auf- und Abwärtslaufen ist spannend und liegt mir.» Das hat er zuletzt vor zwei Wochen bewiesen, als er sich bei einem Testlauf des Berglauf-Nationalkaders auf dem zweiten Rang hinter OL-Kollege Jonas Soldini klassierte. «Dass wir Orientierungsläufer im Wald eine gute Chance haben, war mir klar. Dass es so gut laufen würde, hätte ich trotzdem nicht gedacht.» Nun möchte er bei den nächsten Testläufen das gute Resultat bestätigen.

Im Zentrum bleibt jedoch der OL. Zur Premiere an einem Grossanlass kommt es an diesem Wochenende wohl noch nicht. Doch Fabian Aebersold weiss bereits, was er morgen tun wird, wenn er nicht zum Einsatz kommt: «Dann laufe ich als Ersatz von Vaumarcus bis nach Neuenburg, wo ich hoffentlich die nächsten Medaillengewinne bejubeln kann.»

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Simona Aebersold qualifiziert sich problemlos
An der Sprint-EM in Neuenburg hat gestern die Qualifikation für den heutigen Knockout-Sprint stattgefunden. Simona Aebersold, die am Donnerstag mit der Staffel zu Gold gelaufen ist, präsentierte sich dabei weiterhin in Hochform. Als Schnellste ihres Heats (insgesamt 19 Läuferinnen) qualifizierte sich die Brüggerin für die Finals. Die beiden anderen Heats gewannen die Schweizerin Elena Roos und die Norwegerin Andrine Benjaminsen. Der Knockout-Sprint beginnt heute ab 13.20 Uhr mit den Viertelfinals. Das SRF überträgt ab 15 Uhr (Halbfinals) live.

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