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Standpunkt

Ist Biel eine Sportstadt?

Es gibt ja unzählige Zusatzbezeichnungen für Städte wie Stadt der Liebe, Stadt der Museen, Stadt der Türme und Ähnliches. So wurde Biel als Zukunftsstadt, dann als Kommunikationsstadt bezeichnet.

Walter Mengisen Bild: bt/a

von Walter Mengisen

Hochkonjunktur hat heute die Bezeichnung Sportstadt. Aber was bedeutet dies eigentlich? Genügt es, Stadien zu bauen und in Beton zu investieren?

Sportanlagen zu bauen ist das eine, sie zu unterhalten das andere. Betriebskonzepte sind hier gefragt, die den doch grossen finanziellen Aufwand decken können. Sich Sportstadt oder -gemeinde nennen zu dürfen, bedeutet grossen Aufwand und eine entsprechende politische Kultur.

Eigentlich beginnt der Prozess schon bei der Raum- und Zonenplanung. Gibt es genügend Bewegungsraum, Sportzonen, die auch möglichst viel genutzt werden können? Wie sieht es mit der Zugänglichkeit der Sportinfrastrukturen aus? Dies ist ein Dauerthema und Gegenstand hitziger Debatten. Wer darf wann und wie lange die Sportanlagen benutzen? Wer entscheidet darüber, die Ferienordnung, der Hauswart oder doch allenfalls eine zuständige Behörde? Zugänglichkeit und Benutzungsdauer sind vielmals ein Streitpunkt bezüglich Lärmimmissionen zwischen Anwohnern von Sportanlagen und Nutzern. Die Umweltverbände sehen oft beim Verkehrskonzept von Sportanlagen den (Ver-)hinderungsgrund.

Damit die verschiedenen Interessen und Anliegen koordiniert werden können, braucht es eine kompetente Anlaufstelle, im besten Falle ein Sportamt. Die lokale und regionale Sportkoordination soll bedarfsorientierte Sportangebote schaffen oder unterstützen. Das heisst auch, die Vernetzung von organisiertem und nicht organisiertem Sport zu fördern und möglichst allen Bevölkerungsgruppen Zugang zu Sportangeboten zu ermöglichen.

Selbstverständlich muss man auch die Schule betrachten in einem Sportkonzept. Das Mindeste, das man erwarten darf, ist die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, nämlich der vorgeschriebenen drei Sportlektionen pro Woche für die obligatorische Schulzeit und die Gymnasien. Darüber hinaus müsste auch der freiwillige Schulsport gefördert werden als Teil der Schulkultur und Verbindungsglied zu den Sportvereinen. Auch der Spitzensport braucht spezifische Schulangebote. Wer sich Sportstadt nennen will, sollte auch hier entsprechende Anstrengungen unternehmen. Gesamthaft betrachtet ist Biel auf dem richtigen Weg zur Sportstadt. Erwähnt seien hier nur einige Eckpunkte. Die Stelle des Sportdelegierten wurde wieder besetzt, die neuen Sportstadien entstehen, es besteht ein entsprechendes Angebot für Schule und Spitzensport, und es besteht eine grosse Vielfalt von Sportvereinen. Hier darf man die Stadtbehörden auch mal loben. Dies im Gegensatz zum Kanton respektive zu einem Teil des Kantonsparlaments, der im Rahmen der Sparübung ein Schulangebot für Spitzensportler und -sportlerinnen abschafft und daran ist, auf einzelnen Schulstufen die gesetzlichen Vorschriften für Sportunterricht zu unterlaufen.

Machen Sie liebe, Leserinnen und Leser, doch einmal eine Sportverträglichkeitsprüfung in Ihrer Gemeinde. Würden Sie ein entsprechendes Label vergeben?

Info: Walter Mengisen ist Rektor der Eidgenössischen Hochschule für Sport Magglingen EHSM und stellvertretender Direktor des Bundesamts für Sport Baspo, ausserdem Präsident des SC Lyss.
sportredaktion@bielertagblatt.ch