Sie sind hier

Abo

Automobil

Janis Zukunft in der Formel E ist ungewiss

Heute nimmt Neel Jani einmal mehr die 24 Stunden von Le Mans in Angriff. Jedoch tut er dies zum ersten Mal virtuell. Wie es für den Seeländer Rennfahrer auf der echten Piste weitergeht, bleibt offen.

Wann Neel Jani seinen Helm das nächste Mal für ein Rennen in der Formel E aufsetzt, ist offen. zvg/Porsche

Moritz Bill

Die Coronakrise wirbelt auch den Motorsport durcheinander. Weniger Autoverkäufe gleich weniger finanzielle Mittel, die in den Motorsport fliessen. Die ersten Folgen sind bereits Tatsache: Hersteller steigen aus Rennserien aus. Porsches Rückzug aus der US-amerikanischen IMSA-Serie wird beispielsweise von Kennern als «Erdbeben» gewertet. Die dort bis anhin angestellten Werksfahrer stehen plötzlich ohne Cockpit da. «Vieles ist wegen der Krise in Bewegung», sagt der Seeländer Rennfahrer Neel Jani und vergleicht die Situation mit dem Stuhltanz-Spiel «Reise nach Jerusalem»: «Momentan spielt die Musik noch, doch wenn sie stoppt, werden sich nicht alle Fahrer einen freien Sitz ergattern.»
Auch Janis Zukunft ist offen. Noch ist nicht definiert, wo er nächste Saison fahren wird. Und es kursieren Gerüchte, dass er seinen Formel-E-Platz an den Ex-Formel-1-Fahrer Pascal Wehrlein verlieren könnte. Jani kann das weder bestätigen noch dementieren, denn das Gespräch mit Porsche über seine Zukunft steht erst noch an. Normalerweise diskutiert man im Sommer, doch wann die Verhandlungen heuer stattfinden, ist offen, da die Formel-E-Saison je nachdem erst im August zu Ende gefahren wird (siehe Text unten). Und der IMSA-Ausstieg, respektive die Folgen daraus, hat bei Porsche derzeit höhere Priorität. 
Jani würde gerne noch ein Jahr in der Elektroserie anhängen. Handkehrum ist er bis jetzt nie richtig warm mit der Formel E geworden. In der Saison 2017/18 endete seine Premiere schon nach zwei Rennen. Er verliess Dragon Racing, weil das Fahrzeug nicht konkurrenzfähig war. In der aktuellen Meisterschaft fuhr der Jenser im Porsche in fünf Rennen nie in die Punkte; manchmal unverschuldet, andere Male selbstverschuldet.
Ans Aufhören denkt der 36-Jährige aber keinesfalls, er sagt: «Ich möchte mindestens noch vier Jahre professionell fahren.» Sollte die Formel-E-Türe tatsächlich zugehen, stünden die Chancen trotz Coronakrise gut, dass er anderswo unterkäme. Der Le-Mans-Sieger und Langstrecken-Weltmeister von 2016 geniesst in der Motorsport-Szene ein grosses Renommee, ebenso bei seinem Rennstall, für den er seit 2013 als Werksfahrer tätig ist. Eine Weiterverpflichtung bei Porsche in einer anderen Serie könnte deshalb zum Thema werden. Doch momentan kann Jani zu möglichen Optionen verständlicherweise nichts sagen.

Rückkehr in die Langstrecken-WM?
Interessant erscheint jedenfalls die neue LMDh-Kategorie, die 2022 (Stand vor Corona) in die Langstrecken-WM (WEC) eingebettet werden soll. Bei diesen Prototyp-Autos können die Hersteller ihre eigene Motoren einbauen und auch Teile der Karosserie selbst gestalten. Und vor allem sind die Kosten überschaubar – das Argument schlechthin. Porsche und Audi waren nicht zuletzt wegen des immensen finanziellen Aufwands aus der LMP1 ausgestiegen; noch vor der aktuellen Pandemiekrise.
Aber eben: Wann diese Kategorie an den Start gehen kann und welche Hersteller ein Engagement eingehen werden, ist derzeit schwierig abzuschätzen. Erst gilt es abzuwarten, wie stark die Coronakrise den Motorsport noch durchrütteln wird.

****************************

Formel E: Alle restlichen Rennen in Berlin?

Die Veranstalter der Formel E haben bislang nicht offiziell kommuniziert, wie sie die nach fünf Rennen unterbrochene Meisterschaft zu Ende bringen wollen. Laut «Bild.de» sollen zwischen dem 5. und 12. August vier bis sechs Rennen am selben Ort stattfinden, und zwar auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof in Berlin. Dort hätte im Mai ursprünglich der deutsche E-Prix gefahren werden sollen.
Der Flughafen bringt ideale Voraussetzung mit, um die Corona-Massnahmen zu erfüllen. Das Gelände ist gut absperrbar und kann problemlos eine ganze Woche benutzt werden. Den Plänen zufolge soll die mit Betonelementen aufgebaute Strecke für die verschiedenen Rennen umgebaut werden, um bei den Fahrern und den Fans vor den Bildschirmen für etwas Abwechslung zu sorgen.
Der offizielle Entscheid zur Durchführung des speziellen Saisonfinales soll am nächsten Freitag fallen. Dann werden die Veranstalter wohl auch kommunizieren, wie sie gedenken, die zig Mitarbeiter und die Tonnen an Material der 15 Teams aus allen Herren Ländern einzufliegen. Denn nicht allerorts gelten die gleichen Reiserestriktionen.
Neel Jani möchte die Saison – falls möglich – beenden. «Ich würde gerne fahren. Die vielen Rennen in einer Woche wären kein Problem.» bil

****************************

Die 24 Stunden von Le Mans im Simulator

Heute und morgen hätte das legendäre 24-Stunden-Rennen in Le Mans stattgefunden. Aus bekanntem Grund ist der Klassiker auf das Wochenende vom 19./20. September verschoben worden. Dennoch kommt heute und morgen so etwas wie Le-Mans-Feeling auf: Die Franzosen haben kurzerhand das bisher grösste virtuelle Rennen auf die Beine gestellt. Das Sim-Race orientiert sich an der Bedingungen des realen Rennens, gefahren wird in Teams und natürlich ganze 24 Stunden lang. An den Start gehen 50 Teams mit virtuellen LMP2-Sportprototypen und GT-Fahrzeugen. Die Teams setzten sich aus je vier Fahrern zusammen: zwei Sim-Racer und zwei Profi-Rennfahrer.
Das Starterfeld umfasst mit Max Verstappen, Fernando Alonso oder Charles Leclerc illustre Namen. Mit dabei ist auch Neel Jani. Zusammen mit seinem Porsche-Teamkollegen André Lotterer und zwei Sim-Fahrern setzt sich der Seeländer in einem virtuellen Porsche 911 RSR GT hinters Lenkrad. Zuletzt war er schon die «Race at Home Challenge» der Formel E im Simulator gefahren (8. Gesamtrang, das BT berichtete). Trotz dieser Erfahrung erwartet Jani eine schwierige Aufgabe, er sagt: «Dieses Auto ist anders zu fahren, zudem sind die Sim-Fahrer stark.» Deshalb hat er diese Woche Zeit ins Training investiert. «Zum Glück war das Wetter meistens schlecht, so fiel es mir leichter, im Simulator zu sitzen.»  bil

Stichwörter: Automobil, Neel Jani, Formel E