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Gymnaestrada

Keine Sieger, nur Gewinner

Zwischen dem 7. und 13. Juli findet in Dornbirn zum 16. Mal seit 1953 die Weltgymnaestrada statt. Der ehemalige
 BT-Fotograf und Journalist Heinz Brönnimann blickt zurück.

  • 1/6 Bild: Heinz Brönimann
  • 2/6 Helvetia führt auf: Hier an der Gymnaestrada im Jahr 1987 im dänischen Herning. Bild: Heinz Brönnimann
  • 3/6 Training der Seeländerinnen auf die Gymnaestrada in Amsterdam im Jahre 1991. Bild: Heinz Brönnimann
  • 4/6 Wer erkennt sich? Zwei Seeländer Gruppen an der Gymnaestrada in Herning 1987. Bild: Heinz Brönnimann
  • 5/6 Wer erkennt sich? Zwei Seeländer Gruppen an der Gymnaestrada in Herning 1987. Bild: Heinz Brönnimann
  • 6/6 König der Romandie: Aufführung der Waadtländer 1987 in Herning. Bild: Heinz Brönnimann
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Beat Moning

Es ist ein Höhepunkt für alle Turner, die daran teilnehmen dürfen: Alle vier Jahre wird die Weltgymnaestrada von der FIG (Fédération Internationale de Gymnastique) ausgerichtet.

Waren in den 50er-Jahren noch bis zu 6000 Turner aus
14 Nationen an den Shows beteiligt, sind es inzwischen über
20 000 aus fast 60 Nationen. Die Geschichte beginnt allerdings bereits im Jahre 1939. Aus Anlass zum 100. Todestag von Turnvater Pehr Henrik Ling wurde unter dem Namen Lingiade ein Weltturnfest der Gymnastik durchgeführt. 30 Nationen machten mit. Eine zweite Austragung nach dem Zweiten Weltkrieg war ein Flop. Es brauchte neue Ideen. 1953 nahm der Holländer Johan François Sommer den Gedanken eines Weltturnfestes wieder auf. Unter dem Motto «Ohne Sieger, aber mit vielen Gewinnern» wurden in Rotterdam die Weltturnspiele wieder ins Leben gerufen. Es sollte eine Erfolgsgeschichte werden.

Ins kalte Wasser
16 Jahre später, oder vor 50 Jahren, schickte das «Bieler Tagblatt» den gelernten Schriftsetzer Heinz Brönnimann, Fotograf und Journalist in einer Person, an die Gymnaestrada nach Basel. «Erst hörte ich nicht richtig. So ein Grossanlass; das war ich mir nicht gewohnt.» Schon bald aber war der Leichtathlet und Turner vom TV Madretsch mit Jahrgang 1931 begeistert. Nicht nur dabei, sondern mittendrin war er auf einmal. Und er sah und bekam mit, welchen Stellenwert die Gymnaestrada weltweit besass. «Für mich ist es nach wie vor der schönste und beste Anlass. Für einmal zählt nicht die Rangliste, sondern nur das Gebotene. Das war derart vielfältig mit Turnern aus vielen Ländern und anderen Kulturen, dass man nur staunen konnte.»

Das Wort «Gymnaestrada» wirke in unserem Land sehr fremd, schrieb Brönnimann damals. «Basel bot in Sachen Gastfreundschaft, Grosszügigkeit und Planung eine Leistung, die man in der Sportsprache mit Weltklasse umschreibt.» Die Begeisterung war aus Brönnimanns Bericht buchstäblich herauszulesen. Er schrieb weiter von «Publicity für die Schweiz». 100 000 Personen haben sich die Aufführungen angesehen. «Ein überwältigender Eindruck in den mannigfaltigsten Variationen», ist nachzulesen.

«Man muss es gesehen haben»
Heinz Brönnimann steht noch heute zu seinen Worten. «Wer nicht persönlich Einblick nehmen kann oder konnte, der hat etwas vom Schönsten in seinem Leben verpasst. Der fachlich Interessierte wird noch auf Jahre hinaus mit ‹Stoff› versorgt sein.» Es sei beeindruckend gewesen, in einem Feld von 500 Medienschaffenden mitzuwirken und ein Teil davon zu sein. «Es gab viele Kontakte und Freundschaften, trotz der Hektik und des Konkurrenzkampfes unter den Medien.»

Es waren auch die immensen Unterschiede in der Infrastruktur, die Heinz Brönnimann bei seinen Reisen zu den Gymnaestraden prägten. «In ein Olympiastadion einzulaufen, wie in Amsterdam oder Berlin, ist natürlich etwas anderes, als wenn die Sache auf einem Märitplatz wie in Herning über die Bühne geht.» Ob da oder dort, der Charme dieser Veranstaltung bleibt, egal, wo geturnt wird, egal, wo die Eröffnungsfeiern stattfinden. Brönnimann sagt: «Weil die Turner eben klar im Mittelpunkt stehen.»

Hautnah dabei
Gespannt verfolgte Heinz Brönnimann das Geschehen. Nicht nur interessiert(e) ihn daran, was die Helvetia-Gruppe aufführte, er war auch bei den Seeländer Teilnehmern hautnah dabei, führte Interviews und fotografierte die Turner bei ihren Aufführungen. «Schon damals war ich begeistert davon, wie die Leiterinnen und Leiter diese vielfältigen Übungen choreografisch umsetzten. Das ist eine Riesenherausforderung.»

Nicht von ungefähr benötige man zwei Jahre Vorbereitungszeit.

Titel der Superlative
«Grandioses Weltfestival der Lebensfreude» titelte er sechs Jahre später aus Berlin, als die osteuropäischen Nationen den Anlass boykottierten.

«Olympiade des Breitensports» lautete die Überschrift 1999 aus Göteborg, seiner letzten Vor-Ort-Bericht für das BT von einer Gymnaestrada – inzwischen mit Splittern und Interviews der Turner angereichert. Und natürlich mit Farbfotos. Auch die Medienberichterstattung machte in dieser Zeit einen grossen Sprung.

Breitensport ja, doch die Organisatoren liessen es sich nicht nehmen, auch die Weltklasseturner für die Show «einzubauen», um dem Anlass noch etwas mehr Würze zu geben.

Das war in den letzten Austragungen dann aber nicht mehr der Fall. Nicht zuletzt Medienschaffende waren es, die diesen Turnern zu viel Gewicht gaben. Dem Anlass an sich wurde das nicht gerecht.

Was für eine Entwicklung
Interessant für Heinz Brönnimann war stets, welche sportliche Entwicklung die Gymnaestrada genommen hat. «Das hat mit dem einstigen Turnen nicht mehr viel gemeinsam. Wie ich auch beim Eidgenössischen kürzlich in Aarau feststellen konnte, ist das heutige Turnen Spitzensport. Noch einmal anspruchsvoller, nahe der Akrobatik.»

Er gehe davon aus, dass auch jetzt in Dornbirn wieder viel Neues zu sehen sein wird. «Von Anlass zu Anlass ist es ein Quantensprung. Für die Leiterinnen und Leiter auf jeden Fall eine gute Gelegenheit, die Entwicklung mit eigenen Augen zu verfolgen und daraus die Lehren für die nächsten Austragungen oder überhaupt für den Turnsport zu ziehen.»

Wann wieder in der Schweiz?
Das Turnland Schweiz habe sich nie verstecken müssen. Da werde die Moderne zelebriert. «Die Schweizer Aufführungen gehören zu den Besten der Welt. Ich bin echt gespannt, wie sie diesmal im Vergleich zu den anderen Nationen abschneiden werden», so Brönnimann.

2011 war der Anlass zuletzt in der Schweiz, in Lausanne. Brönnimann erinnert sich mit Freude: «Unvergesslich und ich bin überzeugt, dass die Schweiz eines Tages wieder zum Handkuss kommen wird.»

Info: Alle Infos unter dem Direktlink www.stv-gymnaestrada.ch

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«Macht dieses Fest farbenfroh»
Die Weltgymnaestrada hat keinen Wettkampfcharakter. Sie bietet den Turnern aus aller Welt die Möglichkeit, ihr Können zu präsentieren. Die Anlässe stehen jeweils unter einem bestimmten Motto.

Dornbirn ist zum zweiten Mal nach 2007 Austragungsort. «Der wahre Geist der Gymnaestrada weht in Vorarlberg!» werben die Organisatoren. Auf turnerischer Ebene wurden neue Vereine gegründet und sowohl die Anzahl als auch die Qualität der Gymnastikgruppen steigerte sich sichtbar. Das Turnen in Vorarlberg konnte wesentlich an Bedeutung dazugewinnen.

Mottos gehören zu den Weltturnspielen. Dornbirn will noch einmal auf 2007 zurückblicken. Da lautete das Motto «Come together, be one». Der zweite Teil steht unter dem Motto «Show your colours». Vielfalt und Farbenfreude kommen da zum Ausdruck. Farbe bekennen und Flagge zeigen, ist die Idee dahinter. «Zeigt eure bunten Shows, macht dieses Fest farbenfroh», fordern die Organisatoren die Teilnehmer auf.

Rund 3000 Turnerinnen und Turner aus dem Schweizerischen Turnverband STV werden an der Gymnaestrada dabei sein (siehe Infobox). An diversen Schweizer Abenden, darunter auch in Biel im Mai, wurde eifrig und zum Abschluss einer langen Vorbereitungszeit noch einmal geprobt. Allgemein wurde den bisherigen Aufführungen viel Lob zugesprochen und ein positives Fazit gezogen. Höhepunkt wird der Nationenabend sein. Seit jeher besitzt der Schweizer Abend Sympathie und viel Anziehungskraft. Am 8. Juli werden die Schweizer und Schweizerinnen im Messequartier (Eishalle) von Dornbirn ihre 90-minütige Show zweimal aufführen. Die 4000 Plätze sind bereits nahezu besetzt.

«Wir haben sehr gute und spannende Vorführungen gesehen, die bereits jetzt auf einem hohen Niveau sind. Die Geschichte ‹Das Leben einer Schweizer Turnerin und eines Schweizer Turners› wurde von den Gruppenleitungen sehr gut umgesetzt. Alles ist vorhanden: hohe Turnqualität, Emotionen, Humor, Kreativität und Abwechslung. Kurz: Alles was es für eine solche Schau braucht. Wir werden eine Schlussnummer sehen, welche das Schweizer Turnen perfekt zusammenfasst», sagt Heinz Kühne, der für den Schweizer Abend Verantwortliche in einem Bericht auf der STV-Website. bmb

Link: www.wg2019.at

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Schweizer Vertreter in Dornbirn

Für die 16. Welt-Gymnaestrada vom 7. Juli bis 13. Juli sind folgende Gruppen für die Nationen-Aufführung selektioniert worden:
- BTV Luzern
- Gym Valais
- Gruppo Ticino Serata Svizzera
- Team Vaud
- TV Lenzburg
- uni-2-tre
- ZweiSteiner GmbH
- Suisse Jumpers
- Säntis Gym PLUS
- Gymnastikgruppe Luzern,
- Ob- und Nidwalden
- Chamäleon
- Gymnaestrada-Gruppe 
 Schaffhausen
- Kantonale Gruppe
- menGym Züri
- Zero Gravity

Einzelvorführungen werden folgende Gruppen zeigen:
- Team Thurgau
- GetuFit/SenVital
- Gym Valais, Senioren VD
- Züri-Fit und TV Egg
- Magic
- Voila@move Seeland, Jura *
- Ticino
- The Rock
- color scale team
- Ali About Blue
- TV Evolution
- Alice of Wonderland, new story
- The Four Elements
- Frauenpower Fit und Cozy
- Team Fribourg
- Swiss Fantasy, Group Rheintal
- Gym Beat.ch

Für die Stadtvorführungen sind folgende Gruppen vorgesehen:
- Men Gym Zürich
- Suisse Gym Team *
- Kant. Gymnastikgruppen BL
- Kant. Gruppe ZüriFit 40+
- Oldies, Swiss Gymnastik
- The Bubbles Girles
- Akront’s
- Jugi-Geräteriege Bad-Ragaz
- Stage Divers.
* über diese beiden Gruppen mit Seeländer Beteiligung berichtet das BT nächste Woche.

bmb