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Kronprinz zittert um Teilnahme an Königskür

Vor zwei Jahren hat der Möriger Nino Bullegato am Eidgenössischen Fest der Jungschützen mit dem letzten Schuss den Final und damit den Königskranz gewonnen. Heuer liegt er bei der Elite in der Qualifikation aktuell nur auf Zwischenrang 42.

Mit seinem Bleiker-Standardgewehr will sich Nino Bullegato für den Schützenkönigsfinal des Eidgenössischen Schützenfests qualifizieren. Bild: Julie Lovens

Markus Dähler

Der Möriger Feldschütze Nino Bullegato hat eigentlich starke Nerven. Vor zwei Jahren holte er mit dem letzten Schuss im Final am Eidgenössischen Jungenschützenfest in Frauenfeld die Krone. Nun hat er im topmodernen Ipsacher Schiessstand Almeli das Qualifikationsprogramm für Final der besten Eliteschützen im Rahmen des Eidgenössischen Schützenfestes absolviert.

Mit 831.6 Punkten aus neun Feststichen und der Zweistellungsmeisterschaft mit je 30 Schuss liegend und kniend belegt er zur Halbzeit Zwischenrang 42. Die 72 besten jeder Kategorie sind beim Krönungsfinal am letzten Festsonntag dabei. «Ich gehe davon aus, dass es reichen könnte», sagt Fredy Baschung, der für die Schützen schweizweit die Resultate zusammenträgt, «aber es braucht schon Nerven.»

Aufregender Final mit K.o.-Modus

Was Bullegato am 11. Juli in Emmen erwarten würde, kennt er schon aus seiner erfolgreichen Jungschützenzeit. Die Qualifizierten schiessen 30 Schuss auf die Zehnerscheibe kniend. Danach treten die besten acht zum Finaldurchgang an, wobei immer nach zwei Schüssen der Letzte ausscheidet. Es bleibt spannend bis zur letzten von insgesamt 144 Patronen.

Auch vor zwei Jahren musste der letzte Schuss entscheiden: Bullegato gelang damals ein 93er; die Finalgegnerin zeigte mit einem 78er Nerven und musste den Möriger vorbeiziehen lassen.

Mit Jahrgang 1999 ist der aus Lyss stammende Mikromechaniker dem Nachwuchsalter entwachsen und hat damit ein entsprechendes Handicap: Einerseits ist die Leistungsdichte bei den «Grossen» viel kompakter, anderseits zählt bei gleicher Leistung für die Rangierung das Alter: Je jünger, je schlechter. «Damit müssen wir Jungen leben, wir werden ja auch älter …», sagt Bullegato und schmunzelt.

Grosser Schritt für Jungschützen

Der Epsacher Matcheur Gabriel Möri ist im Seeländischen Schiesssportverband für den Bereich Leistungssport verantwortlich. Hier finden ambitionierte Schützinnen und Schützen aus dem Seeland ohne Kaderzugehörigkeit Trainingsmöglichkeiten. Nino Bullegato gehört zu dieser Trainingsgruppe und verschiesst in diesem Rahmen pro Saison rund 2000 Schuss. «Der Schritt von den Jungschützen zur Elite ist ein grosser», weiss Möri aus eigener Erfahrung. Die Leistungsdichte ist enorm, das müsse man auch mental verkraften.

Aber Möri ist nicht der Trainer, eher ein Koordinator. Die Schützinnen und Schützen dieser Leistungskategorie unterstützen sich gegenseitig. Er habe besonders von Thomas Struch, Jungschützenverantwortlicher im Seeland, und Michael Wüthrich, Jungschützenleiter im Verein, viel Unterstützung erhalten, sagt Bullegato zu seiner Trainingssituation ohne persönlichen Coach – aber mit vielen hilfsbereiten Vereinskameraden. Struch bestätigt das gerne und rühmt den erfolgreichen Nachwuchsschützen für seine Selbstständigkeit: «Er darf jederzeit zu mir kommen, aber ich dränge mich nicht auf. Er beobachtet genau und will alles wissen und verstehen.» So hat Struch auch mitgeholfen, das neue Standardgewehr aus der Werkstatt Bleiker, Precision Engineering, massgerecht einzustellen. Damit könnte Bullegato jetzt auch an internationalen Wettkämpfen teilnehmen. Aber das wäre noch ein weiter Weg.

Vielfältige Herausforderung

Mit dem Vereinsstich und 96 von 100 Punkten ist Bullegato gut in das Eidgenössische 2021 gestartet. Das Zusammenspiel der Schlüsselkompetenzen wie mentale Stärke und Selbstvertrauen sowie ruhige Hand und das gute Auge haben vorerst funktioniert. Auch die anschliessende Zweistellungsmeisterschaft mit zweimal 30 Schuss liegend und kniend gelang zügig. Das entscheidende koordinative Zusammenspiel von Auge, Atmung, Hand und dem Timing mit dem Finger am Abzug gelang auch während einer Stunde. Hier waren auch Kondition und Ausdauer gefragt. Mit zunehmender Hitze wurde im «Almeli» die Aufgabe anspruchsvoller. Das Materialsetting wollte nicht mehr stimmen und im Gruppenstich schlich sich – völlig ungewohnt – ein Siebner ein. In der Folge vermochte sich Bullegato zu fangen und sein Programm zum Schluss souverän abzuschliessen.

Ob es sich gelohnt hat und der amtierende Jungschützenkönig sein Talent auch bei der Elite zeigen kann, entscheidet sich erst am 8. Juli. Bis dann haben alle Schützinnen und Schützen Zeit, sich für den Finaltag zu qualifizieren.