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Leichtathletik

«In Magglingen wird die Basis für meine Erfolge gelegt»

Angelica Moser ist Anfang März Hallen-Europameisterin im Stabhochsprung geworden. Am 2. August steht für die 23-jährige Zürcherin, die in Magglingen wohnt und trainiert, an den Olympischen Spielen die Qualifikation an.

Koordination über alles: Angelica Moser im Spezialtraining mit Jan Seiler. Bild: Kurt Henauer

Kurt Henauer

Immer wieder nimmt Angelica Moser in der Halle End der Welt am Bundesamt für Sport (Baspo) in Magglingen Anlauf, sticht den Stab ein, schwingt sich in die Höhe, landet – und blickt zu ihrem Trainer Damien Inocencio. Als Mosers langjähriger Trainer Herbert Czingon letztes Jahr im Spätherbst pensioniert wurde, hat Inocencio die ganze Gruppe, die in Magglingen trainiert, übernommen. «Er hat eine andere Herangehensweise als Herbert, er achtet auf andere Punkte», so Angelica Moser. «Im Sprint trainieren wir etwas andere Dinge.» Der Anlauf und das schnelle Aufrollen sind an diesem Morgen die Schwerpunkte, die der Franzose mit der mehrfachen Schweizer Meisterin gezielt angeht. Dreimal mit kurzem Anlauf, dreimal mit langem Anlauf, so sind die Serien, welche die Athletin des LC Zürich absolviert. Nach jedem Sprung analysiert und korrigiert Inocencio, der 2012 seinen Landsmann Renaud Lavillenie zu Olympia-Gold geführt hat, mit ihr die Sprünge.

Schnelligkeit im Anlauf fehlt noch

Die Tochter der früheren Siebenkämpferin Monika Moser-Stahl und des Zehnkämpfers Severin Moser, 1988 in Seoul Olympiateilnehmer und Schweizer Meister im Stabhochsprung, hat den Stabhochsprung und den Ehrgeiz im Blut. «Meine Stärken sind der Kopf und der Wille. Die Trainer müssen mich manchmal bremsen», sagt Moser. «Mehr Erholung wäre manchmal wohl besser». Und Schwächen, gibt es die auch? «Die Schnelligkeit im Anlauf fehlt noch», sagt sie.

Daran arbeitet sie unter anderem im Kraftbereich mit Jan Seiler, dem Baspo-Krafttrainingsexperten (siehe auch Infobox). Die Zusammenarbeit mit dem Walliser aus Ernen-Mühlebach begann im Spätherbst 2019. «Wegen Rückenproblemen konnte ich kein Krafttraining mehr machen. Dann half Jan mir mit der richtigen Technik wieder auf die Sprünge». Seiler stand zu Beginn ständig im Austausch mit Trainer Herbert Czingon, nun ist er für das Krafttraining von Angelica Moser komplett verantwortlich. «Meistens dreimal pro Woche trainieren wir spezifisch, im Zentrum stehen die Kräftigung von Rumpf und Oberkörper, aber auch die Verbesserung der Sprintfähigkeiten und nicht zuletzt die Prävention; mit ganz gezielten Übungen werden auch die kleinsten Muskeln gestärkt.

Von Biel nach Magglingen

Magglingen und das Bundesamt für Sport kannte Angelica Moser zuerst nur von Stützpunkttrainings. Seit Ende Oktober 2016 trainiert die Sportsoldatin fix in Magglingen. Im Winter 2016/2017 hat sie die Spitzensport-RS absolviert. Heute nutzt sie die Spitzensport-WK-Tage für Training und Wettkämpfe. Das Maximum von 130 Tagen, die mit Erwerbsersatz und Sold entschädigt werden, hat sie 2020 ausgenutzt; in diesem Jahr stehen in der Planungsliste des Kompetenzzentrums Sport der Armee in Magglingen bei Sport Sdt Moser 121 Tage. «Seit der RS ist Magglingen mein zweites Zuhause, der Ort, an dem die Basis für meine sportlichen Erfolge gelegt wird», sagt Moser, die in der Halle mit einer Bestleistung von 4,75 m und draussen mit 4,66 m zu Buche steht. Zum Schweizer Rekord der Magglingerin Nicole Büchler, die in der Trainingsgruppe von Damien Inocencio mithilft, fehlen ihr noch 5 respektive 12 cm.

Nachdem Moser zuerst unter der Woche in Biel gewohnt hat, lebt sie nun in einer WG in Magglingen. «Von Montagmittag bis am Freitag bin ich am Baspo. Am Wochenende trainiere ich zuhause in Andelfingen oder in Winterthur in der Trainingsgruppe von meiner Mutter», so Moser, die in der wettkampfreien Zeit auch einmal pro Woche als Kunstturnerin an den Geräten trainiert. Am Bundesamt für Sport in Magglingen habe sie für ihr Training eine super Infrastruktur und optimale Trainingsbedingungen, sagt die Betriebswirtschafts-Studentin, die derzeit aber hauptsächlich ihrer Leidenschaft, dem Stabhochsprung, frönt. «Ich habe gute Trainer, ein gutes medizinisches Team und vieles mehr – und alles in nächster Nähe», sagt Moser, die sich an den Schweizer Meisterschaften in Langenthal Ende Juni an der Hand verletzt hatte. «Die Verletzung ist ausgeheilt, nur der rechte Daumen schmerzt noch ein wenig», sagt sie.

Olympia-Ziel: Unter die besten zwölf

Man spürt, dass sie das nicht nicht mehr gross stört. Der Fokus ist auf die Olympischen Spiele gerichtet, ihre zweiten nach Rio de Janeiro 2016, wo sie den 23. Rang belegt hatte. Und was erwartet sie in Tokio? «Mein Ziel ist der Final der besten zwölf», sagt sie. Die Disziplin Stabhochsprung ist unberechenbar. «Um in den Final zu kommen braucht es wohl 4,66 m», ergänzt sie. Das ist ihre persönliche Bestleistung draussen, aufgestellt am 20. September 2020 an den Schweizer Meisterschaften in Basel.

 

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Eine neue Position

Seit August 2019 ist Jan Seiler als Krafttrainingsexperte am Baspo angestellt. «Das ist eine neue Position», so Seiler, der zuvor als Konditionstrainer bei Swiss Ski in der Disziplin Ski alpin tätig war. «Es hat mich gereizt, auch in andere Sportarten reinzukommen», so der 38-jährige Walliser, der in Büren wohnt. An der Eidgenössischen Hochschule für Sport Magglingen hat er den Master Spitzensport abgeschlossen. Der «Swiss Strength Coach» (auf Instagram) hat einen wissenschaftlichen Zugang zum Krafttraining, entwickelt sich ständig weiter. Von seinem Wissen profitiert in Magglingen nicht nur Angelica Moser. Er gibt auch Inputs bei der Spitzensport-RS sowie den -WK und betreut neben Angelica spezifisch auch den Kugelstösser Stefan Wieland, Fechterinnen sowie den Mountainbike- und Strassenfahrer 
Alexandre Balmer. khe