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Leichtathletik

Mathys setzt Höhenflug in Portugal fort

Christian Mathys hat an der WM im Trail Running in Portugal Bronze gewonnen. Für den Büetiger ist es der grösste Erfolg seiner Karriere. Zehn Sekunden trennten den Linienpiloten vom 4. Rang.

Kaum Platz zum Überholen: Im Trail Running muss man auch ein guter Taktiker sein. Im Bild Christian Mathys auf dem Weg zu WM-Bronze. Bild: zvg/Miro Cerqueira

Patric Schindler

Im vergangenen Jahr gelang Christian Mathys mit dem 6. Platz an der Berglauf-Europameisterschaft im nordmazedonischen Skopje seine beste Klassierung an internationalen Titelkämpfen. Eine Platzierung, die Lust auf mehr machte. Die EM vom 7. Juli dieses Jahres in Zermatt stand deshalb bei ihm zuoberst auf der Agenda. Die Vorfreude, sich mit den besten Bergläufern Europas zu messen, war dementsprechend gross. Zwar hatte der 32-Jährige das EM-Ticket noch nicht in der Tasche, aber eine Selektion wäre keine Überraschung gewesen. Mathys nahm also Kurs auf das Matterhorn, allerdings nur so lange, bis er die Strecke abgelaufen hatte. Danach kam er zum Schluss, dass bei diesem Streckenverlauf zwischen 1600 m und 2580 m über Meer eine Medaille für ihn eher unwahrscheinlich wäre. «Da ich aufgrund meiner Arbeit keine Zeit für Höhentrainingslager habe, bin ich bei Wettkämpfen auf einer solchen Höhe nicht bei den Weltbesten dabei», sagt Mathys. Ein internationaler Podestplatz war aber schon lange der Traum des Seeländers.

In diesem Jahr eine Medaille an einer EM oder an einer WM zu gewinnen, war vielleicht die letzte Chance, um es in seiner Karriere doch noch auf ein internationales Podest zu schaffen. Es war womöglich der letzte Aufruf für Passagier beziehungsweise Berg- und Trailläufer Mathys. Denn der 32-jährige Seeländer Co-Pilot der Swiss will im Januar die Ausbildung zum Captain beginnen. In Zukunft wird er nicht mehr auf Langstreckenflügen arbeiten, sondern auf dem europäischen Kontinent im Einsatz stehen. Dies hat nicht nur eine Umstellung seines Trainingsprogramms zur Folge, sondern könnte auch dazu führen, dass er weniger Zeit zum Trainieren und zum Erholen hat. «Aufgrund dieser Ausgangslage kam ich zum Schluss, dass ich an der WM im Trail Running versuchen möchte, ganz nach vorne zu laufen», sagt Mathys. Im März gelang ihm die Selektion, letztes Wochenende erfüllte er sich dann im portugiesischen Miranda do Corvo mit dem Gewinn der WM-Bronzemedaille einen Traum.

400 Läufer am Start
Auf dem Weg dazu kam der vierfache Schweizer Meister im Berglauf schon vor dem Startschuss ins Schwitzen. «Die 400 Läufer befanden sich kurz vor der Startlinie auf engstem Raum. Für mich war es wichtig, schon von Beginn weg vorne zu stehen und dann auch in der Spitzengruppe zu laufen», sagt Mathys. Denn ein so grosses Feld von hinten aufzurollen, sei ein schwieriges Unterfangen, auch weil beim Trail Running oft enge Platzverhältnisse herrschen würden. Er habe es schliesslich dennoch auf die zweite oder dritte Startreihe geschafft.

Einige seiner Konkurrenten seien von Beginn weg ein sehr hohes Tempo gelaufen. «Es war wichtig, dass ich mich nicht dazu habe verführen lassen, mitzulaufen.» Deshalb sei er nach dem ersten Kilometer lediglich auf dem 40. Rang gelegen. Dann habe er begonnen, viele Läufer zu überholen. «Nach rund vier Kilometern war ich an der Spitze des Rennens. Gut, dass ich vorne mit dabei war, denn bald einmal standen Singletrails auf dem Programm. Dort zu überholen, ist äusserst schwierig», sagt der ehemalige Orientierungsläufer.

Zwei Stunden alleine geführt
Auf den ersten 500 m des Singletrails musste er noch Geduld haben, bis der Seeländer auf und davon ziehen konnte. Es folgten zwei Stunden, in denen er alleine in Führung lag und vom Titel träumte. Dann war Mathys bei Kilometer 27 an einem kritischen Punkt angelangt und wurde überholt. «Mir machte die Hitze und der Flüssigkeitsmangel zu schaffen. Dazu kamen später auch erste Anzeichen von Krämpfen», blickt Mathys zurück. Als er zwei Kilometer vor dem Ziel bis auf den 4. Rang zurückgefallen ist, mobilisierte er nochmals all seine Kräfte. «Die Beine wollten eigentlich den Kampf um Bronze nicht mehr weiterführen, aber der Kopf war anderer Meinung.» Einen Kilometer vor dem Ziel lancierte Mathys einen Angriff, 200 Meter später war er schon wieder an dritter Stelle. «Als ich ins Ziel eingelaufen bin und realisierte, dass ich WM-Bronze gewonnen habe, war dies ein sehr emotionaler Moment. Ich war überaus glücklich, es endlich geschafft zu haben», erklärt der Büetiger. Nach 44 km in der Zeit von 3:40.34 Stunden hatte der Seeländer zehn Sekunden Vorsprung auf Rang vier. Das Rennen gewann der Brite Jonathan Albon (3:35.34), Zweiter wurde der Franzose Julien Rancon (3:37.47).

Neben einer guten Vorbereitung und dem eisernen Willen, es doch noch aufs Podest zu schaffen, haben ihm offenbar auch seine neuen Laufschuhe zu einem Höhenflug verholfen. «Ich habe primär darauf geschaut, dass sie leicht sind und ich gut abrollen kann. Zu grobes Profil empfinde ich beim Laufen als störend.» Dass das Rennen zwischen 100 m und 900 m über Meer ausgetragen wurde, hat ihm sicher auch in die Karten gespielt. «Kein Vergleich also zu Zermatt, wo das Ziel auf 2580 m liegt», sagt Mathys. Die mittlere Höhe des Rennens war auf rund 400 m. Genau gleich hoch gelegen wie mein jetziger Wohnort Bülach», so Mathys.

Berglauf-SM kommt zu früh
Der Seeländer muss sich nun von dieser WM erholen. Deshalb ist die Berglauf-SM von morgen (von Neirivue auf den Moléson hinauf), die auch für die EM-Selektion massgebend ist, für ihn kein Thema. «Eine Woche Erholung wäre zu wenig, um dort meinen eigenen Leistungsansprüchen gerecht zu werden und das EM-Ticket zu sichern», sagt der Linienpilot. Mathys ist sehr froh, dass sein Plan mit einer Medaille an internationalen Titelkämpfen aufgegangen ist, auch wenn er gerne an der EM in Zermatt teilgenommen hätte. «Es war eine schwierige Entscheidung, aber aus sportlicher Sicht die richtige», sagt der WM-Bronzemedaillengewinner aus dem Seeland.

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Berglauf und 
Trail Running
Die Disziplinen Berglauf und Trail Running sind sich sehr ähnlich. Unter Trail Running versteht man lange Läufe abseits von asphaltierten Strassen. Zum Beispiel auf Schotterpisten, Waldstücken, Wurzelpfaden oder im alpinen Gelände. Beim Berglauf gibt es vor allem grosse Höhenunterschiede für die Läuferinnen und Läufer zu bewältigen. Typischerweise ist ein Berg oder eine markante Höhe das Ziel des Laufs oder wird im Verlauf des Wettkampfs als Zwischenstation erreicht. Die Strecke verläuft oft auf Wegen und Bergpfaden. mt