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«Mehrere tausend Zuschauer kann ich mir nicht vorstellen»

Christian Lanz, Klubpräsident und Technischer Leiter im Seeland, war in Lenzburg vor Ort und spricht über die Organisation des Pilotprojekts, Christian Stucki und bevorstehende Anlässe.

Kranzfest wie an einem Frühlingsschwinget: Christian Stucki am Sonntag gegen Christoph Bieri. Bild: Keystone

Interview: Beat Moning

Christian Lanz, Klubpräsident SK Unteres Seeland, Technischer Leiter des Seeländischen Schwingerverbandes: Sie waren in Lenzburg. Was ging Ihnen am Sonntagmorgen früh durch den Kopf, als Sie sich auf das kleine Schwinggelände begaben?
Christian Lanz: Ein Schritt in die Normalität, ein Schritt aber auch zurück zu den Wurzeln. Schon früher hatten wir Feste in dieser Grössenordnung. Von daher wussten wir in etwa, was uns erwartet. Insgesamt kam es mir vor, als befänden wir uns an einem ersten Frühlingsfest. Die meisten Leute, die Einlass fanden, sind aber dem Schwingsport sehr verbunden und waren bestimmt nicht zum ersten Mal an einem Fest.

Der Schwingsport erlebte in den letzten Jahren einen unglaublichen Aufschwung. Ist dieser gebremst worden?
In der Tat wurde die Schwingerei zu einem grossen Hype und vielleicht schadet es unserem Sport nicht einmal, wieder etwas herunterzufahren.

Glauben Sie noch an Schwingfeste mit 10 000 Zuschauern?
Mehrere tausend Zuschauer kann man sich im Moment und in der jetzigen Zeit nicht vorstellen. Also in diesem Jahr wird das kaum der Fall sein. Auch wenn sich das der Technische Leiter des Schwingerverbandes wünscht. Aber es wird letztlich mehr Schwingfeste ganz ohne Zuschauer geben. Allein die Bergfeste, an denen es die Platzverhältnisse nicht zulassen, werden keine Zuschauer aufnehmen. Ich habe die Hoffnung, dass es dann 2022 wieder möglich sein wird, grössere Feste mit bedeutend mehr Zuschauern zu absolvieren. Allen voran das Eidgenössische in Pratteln.

Auch das Seeländische in Täuffelen am 3. Juli wird ohne Zuschauer geplant. Bedauern Sie das?
Ich habe Verständnis dafür. Welche 1000 Leute zum Beispiel dürften denn rein? Und wer nicht? Zudem ist die Vorbereitungszeit zu kurz, noch etwas Grosses auf die Beine zu stellen.

Grosses planen die Organisatoren des Bernisch-Kantonalen in Aarberg. 5000 Zuschauer sind da zugelassen, sollte der Bundesrat seine Ankündigung Ende Monat noch bestätigen.
Eine Herkulesaufgabe für das OK. Im Unterschied zu anderen Schwingfesten, die von Null auf starten, haben die Aarberger schon einiges mehr an Tickets vor Corona verkauft, als dann Zuschauer zugelassen werden. Ich bin gespannt, wie es dort in dieser Sache weitergehen wird. Ich kann vor allem für uns Schwinger sprechen: Es ist absolut zentral, dass wir ab jetzt wieder Feste absolvieren können. Ob mit oder ohne Zuschauer, so schön es auch ist, vor Schwinganhängern zu schwingen, spielt in diesem Jahr nicht einmal eine so grosse Rolle.

Apropos Organisation: Welchen Eindruck hatten Sie in dieser Hinsicht?
Die Aargauer waren gut vorbereitet und ich hatte den Eindruck, dass der Einlass ganz ordentlich über die Bühne ging. Mit einer Ausnahme: Hätten alle die zugeschickten Formulare bereits zu Hause ausgefüllt, wäre es noch etwas schneller gegangen. Auch die Testerei vor Ort lief reibungslos. Um die Diskussionen aber kam man nicht herum. Nicht alle hatten Verständnis dafür, dass im Innenraum eine Maske getragen werden musste.

Was können Sie dem OK für die Feste in Täuffelen mit auf den Weg geben?
Da keine Zuschauer kommen werden, wird man sich auf das Nötigste konzentrieren können. Ich mache mir da überhaupt keine Sorgen. Da alle Anwesenden, Schwinger und Funktionäre, einen ganzen Tag vor Ort sind, wird man sicher bei der Verpflegung ein besonderes Augenmerk darauf legen müssen.

Kommen wir noch zum Sportlichen. Haben Sie Christian Stucki so stark erwartet?
Vor dem Fest sprach ich noch mit seinem Athletikcoach Tommy Herzog. Der hat mir versichert, dass er physisch gut drauf ist. Vom Schwingen her wusste ich von unseren Trainings, dass er sich seriös vorbereitet hat. Gut, er war extrem nervös, so nervös wie sonst nicht. Die eigenen Erwartungen waren auch sehr gross. Wichtig war der erste Gang, um dann Fahrt aufnehmen zu können. Dieser verlief perfekt. So konnte er durchmarschieren und den Schlussgang taktisch bestreiten.

Es waren nur 87 Schwinger vor Ort, etwa die Hälfte eines normalen Aargauer Kantonalen. Sind die Über-20-Jährigen noch nicht bereit?
Das war schon eine tiefe Zahl für ein Kantonales. Ich hoffe schon, dass sich am Seeländischen mehr einfinden, damit wir ein Feld von 150 Schwingern präsentieren können. Ja, dem ist sicher so. Die Ü20 trainieren noch nicht so lange wie die Unter-20-Jährigen oder jene Schwinger, die einen Eidgenossen-Status haben. Der Rückstand ist da und war auch da und dort ersichtlich. Ich denke aber, dass wir diesen Rückstand bis in vier Wochen wettgemacht haben. Wettkämpfe kannst du im Training nicht simulieren. Daher ist es im Hinblick auf das Kantonale wichtig, dass nun regelmässig Feste stattfinden.