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Neel Jani ist Porsches erste Wahl

Jetzt ist es fix: Neel Jani erhält eines von zwei Porsche-Cockpits in der Formel E. In einem Jahr wird der Seeländer für die Deutschen auf Punktejagd gehen. Bis dann steht dem Team viel Arbeit bevor.

Neel Jani fährt kommende Saison in der Formel E für Porsche. zvg
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Moritz Bill

Wirklich überraschend ist die Meldung nicht, bedeutend indes schon. Seit Porsche den Einstieg in die Formel E in Aussicht gestellt hat, wurde Neel Jani als Kandidat für eines der zwei Cockpits gehandelt. Dass er nun als erster Pilot auserwählt worden ist, war so selbstverständlich aber doch nicht.

«Alle wollen einen der beiden Porsche-Plätze», sagt Jani, «die Konkurrenz ist sehr gross.» Die Cockpits der Werksteams sind ohnehin begehrt. Wenn eine renommierte Marke wie Porsche in eine Rennserie eintritt, steigt das die Attraktivität zusätzlich. Eine Kandidatenliste veröffentlicht Porsche natürlich nicht, doch kann davon ausgegangen werden, dass so ziemlich alle aktiven Formel-E-Fahrer sowie aktuelle und ehemalige Porsche-Werksfahrer ihre Bewerbungsdossiers nach Weissach ins Entwicklungszentrum geschickt haben.

Warum fiel die Wahl also auf den 35-jährigen Jenser? «Neel ist zweifellos der richtige Mann für unser neues, technologisch zukunftsweisendes Programm», sagt Fritz Enzinger, der Leiter von Porsche Motorsport. «Er bringt nicht nur viel Speed mit, sondern auch grosse Monoposto-Erfahrung (Einsitzer, Anm. d. Red). Er fuhr bereits Formel E und ist bei uns in Weissach auch als Entwicklungsfahrer eine etablierte Grösse.» Enzinger war bereits Janis Chef in der LMP1 gewesen. Der Seeländer ist seit 2013 Porsche-Werksfahrer und weiss, dass ihm das im Auswahlverfahren dienlich war. «Ich habe einen guten Fussabdruck hinterlassen, das war sicher ein Vorteil.»


Viel Arbeit, wenig Know-how
Dass er bereits erste Erfahrungen in der Formel E sammeln konnte, würde zwar nicht schaden, sagt Jani, «doch allzu viel helfen wird mir das nicht». Vor einem Jahr heuerte Jani bei Dragon Racing an, nach nur einem Rennwochenende wurde die Zusammenarbeit wegen unterschiedlichernAuffassungen über die Entwicklungsrichtung beendet (das BT berichtete).

In der Porsche-Werkstatt weiss Jani nun deutlich mehr Manpower hinter sich. Das Know-how muss sich der deutsche Sportwagenhersteller in der für ihn neuen Rennserie jedoch erst erarbeiten. «Das wird eine Herausforderung für uns. Die anderen Teams haben einen Erfahrungsvorsprung», sagt Jani. Kommt hinzu, dass in der Formel E das Reglement weniger Entwicklungsspielraum offenlässt, als das in der LMP1 der Fall gewesen war. Zahlreiche Bauteile sind vorgeschrieben.
Viel Arbeit liegt also vor dem Team. Zeit ist vorhanden:Zum Start der sechsten Formel-E-Saison dauert es noch ein ganzes Jahr. Im Januar soll der Wagen fertiggestellt sein, dann folgt ein ausgedehntes Testprogramm. «Zum zweiten Mal bei einem ganz neuen Porsche-Motorsport-Projekt von Anfang dabei zu sein, bedeutet mir viel», sagt Jani, der schon während der Entwicklung des 919 Hybrid (LMP1) Seite an Seite mit den Ingenieuren zusammenarbeitete.


Wer wird der Teamkollege?
Wer Janis Teamkollege wird, ist offen. Gut möglich, dass es sich dabei um einen Fahrer handelt, der derzeit schon in der Formel E tätig ist und dementsprechende Erfahrung mitbringt. Ein solcher Kandidat wäre zum Beispiel André Lotterer, Janis früherer Teamkollege im Porsche LMP1 und aktuell im Rebellion.

Im Zuge des neuen Engagements stellt sich auch die Frage, ob Jani jenes bei Rebellion fortsetzt. Mit dem Schweizer Rennstall bestreitet der Jenser die laufende Langstrecken-WM (WEC), die mit den 24 Stunden von Le Mans im Juni zu Ende gehen wird. Jani hat darauf noch keine Antwort, will abwarten, wie viel Zeit er neben der Formel E aufwenden kann. Als Beobachter scheint eine Fortsetzung unwahrscheinlich. Zum einen hat die WECseit den Ausstiegen von Porsche und Audi an Attraktivität eingebüsst, zum anderen sind die Privatteams wie Rebellion chancenlos gegen das einzig verbliebene Werksteam von Toyota.