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Regionalfussball

In Nidau sind die Erwartungen schon jetzt übertroffen worden

Sieben Fussballer hat der FC Nidau zu sich transferiert. Der bekannteste Mann aber steht oder sitzt neben dem Feld: Trainer Kurt Baumann.

Routinier Tobias Küffer traut seiner Mannschaft in der anstehenden Saison viel zu. Bild: Matthias Käser

Beat Moning

Kurt Baumann zum FC Nidau. Eine Meldung inmitten der Corona-Pandemie-Pause, die über den Regionalfussball hinaus wie eine Bombe eingeschlagen hat. Und jene, die gerne lästern, sagten, dass sich der Kurt aus Lengnau noch nie so weit in den Westen getraut hat. In der Tat: Lyss, südlich gelegen, dann natürlich der FC Biel, im Nachwuchs und bei den Aktiven vor und nach dem Abstieg aus der Challenge League, Grenchen sowie Pieterlen, Büren und sein Stammklub Lengnau waren seine Stationen. Der frühere beinharte Verteidiger des FC Lengnau betritt also in Nidau Neuland. Angetreten ist er da schon allemal. In Erinnerung das Spiel mit dem FC Biel, als dieser 2015/16 in der 2. Liga neu starten musste. Es war eine emotionale Begegnung, auch zwischen den Trainern Kurt Baumann und David Meister, der nun beim SV Lyss wirkt. Die Klingen werden sich also auch da wieder kreuzen. Das entscheidende Wiedersehen aber fand beim FC Biel intern statt, nämlich der Transfer von Tobias Küffer zum FC Biel 2016, als Baumann das Traineramt des neuen FCB ein Jahr zuvor übernommen hatte. Das war zwar keine allzu lange Ehe. Nach dem Aufstieg in die 1. Liga bis in die Winterpause 2017/18. «Aber ich war immer der Meinung, dass Kurt ein sehr guter Trainer ist», so der heutige Nidau-Captain. Die Meinung war so vertieft, dass sich Küffer in diesem Frühjahr nach Rücksprache mit dem einen oder anderen Leistungsträger dafür entschied, den 63-Jährigen für das Traineramt anzufragen. «Wir wussten, was wir mit Kurt bekommen. Sein Engagement und seine Leidenschaft sind bekannt.» Alle seien glücklich darüber gewesen, einen kompetenten Mann zur Unterschrift bewegen zu können.

Funken sprang schnell über

Kurt Baumann selber spricht von einem interessanten Klub und einer interessanten Mannschaft, die er da angetroffen hat. Nach den ersten Trainings und den ersten Spielen sind die Erwartungen bei Baumann wie bei Küffer sogar übertroffen worden. «Die Nidau-Spieler hatten in der Szene den Ruf, Minimalisten zu sein», so Baumann. Er habe aber schnell festgestellt, dass dem nicht so ist. «Die Spieler haben von Beginn an mitgezogen, sind immer zahlreich zum Training erschienen. Wir trainierten phasenweise dreimal wöchentlich, das war man sich in Nidau nicht gewohnt.»

Küffer seinerseits hält fest, dass er nicht von Kurt selber überrascht worden sei, sondern eben auch von den Teamkollegen. «Dass der Funken so schnell vom Trainer auf die Mannschaft überspringt, damit habe ich nicht unbedingt gerechnet.» Es seien Spieler darunter, die zuletzt Mühe hatten, nun aber positiv mitgezogen haben und in der Intensität zulegen konnten. Jeder weiss, wo es geschlagen hat. Mit dem neuen Wind ist der Konkurrenzkampf grösser geworden.» Sagt Tobias Küffer und hält selbstkritisch nach dem Match gegen den FC Wyler vor zwei Wochen fest. «Ein solches Spiel darf ich mir nicht mehr leisten. Sonst lande dann am Ende auch ich auf der Ersatzbank.»

Ballbesitz und offensiv

In Nidau werden also neue Töne angeschlagen. Dazu brauchte es zuerst ein paar Massnahmen ausserhalb des Feldes: Ein neuer Massagetisch musste her, jeder bekam seine eigene Trinkflasche, und die Mannschaft zügelte von der eigenen, aber kleineren Garderobe in die bisherige Gästegarderobe. «Gastgeber zu sein in Ehren, aber der eigenen Equipe gehört doch die grössere Kabine», sagt Rolf Grimbühler, der Teammanager, unter Baumann schon zu FC-Biel- und Grenchen-Zeiten. Dazu ist an den Trainings eine Masseurin vor Ort. Kurt Baumann sagt zu all den Massnahmen: «Wir wollten einfach im Gesamten etwas professioneller werden.»

Was ist vom FC Nidau zu erwarten? Einer Mannschaft, die schon vorne mitgespielt hat, die aber auch schon das Augenmerk nach hinten richten musste. «Die Erwartungshaltung ist gestiegen. Das habe ich schnell einmal gespürt», sagt Baumann. Erwartungen können aber nur erfüllt werden, «wenn alle mitziehen». Da habe er zwar ein gutes Gefühl bekommen, aber die Wahrheit liege bekanntlich auf dem Platz. Auch, was die Spielweise und die Taktik anbetreffen. «Änderungen gehen nicht von heute auf morgen, aber wir sind auf gutem Wege.» Dominant mit Ballbesitz und weitgehend offensiv mit Kontern wolle man auftreten. Aber auch bereit sein, sich zurückfallen zu lassen oder mit Gegenpressing zu agieren. Baumann spricht davon, flexibel bleiben zu wollen. Tobias Küffer sagt, ohne mit der Wimper zu zucken: «Wir dürfen zurecht Ambitionen hegen.» Im Fall von Nidau sei Rang drei durchaus möglich. Küffer wie Baumann rechnen damit, dass Besa und Courtételle ganz vorne anzutreffen sind. «Wir haben jetzt nicht nur elf Spieler, die wir gerade einsetzen können, weil sie da sind. Sondern wir haben einen grossen Kader und können daraus die elf besten Akteure aufs Feld schicken», ist der Captain überzeugt. Und spricht von der neuen Einstellung, von einem Teamspirit, der sich in den letzten Wochen entwickelt hat. Wobei Küffer wohl zu Recht ergänzt: «In Nidau haben wir immer vom Teamspirit gelebt.»

Start nach Mass?

Der Auftakt am 15. August erfolgt daheim gegen Langnau. Dann geht es gegen Breitenrain und Kirchberg, bevor am 5. September in Lyss das erste Seeländer Derby auf dem Programm steht. Will Nidau vorne mitspielen, müsste eigentlich ein Start nach Mass resultieren. Auf den 3. Oktober freut sich Kurt Baumann schon heute. Da geht es zum FC Besa mit den Sheholli-Brüdern und Safari. «Wir stehen nach wie vor in engem Kontakt und das wird bestimmt eine ganz spezielle Partie.» Das Trio war massgeblich unter Baumann an den beiden Aufstiegen des FC Biel von der 2. Liga in die 2. Liga interregional und von dort in die 1. Liga beteiligt. Heute spielt Nidau sein letztes Testspiel, daheim um 20 Uhr gegen Prishtina.

Alles zum Regionalfussball unter:
www.bielertagblatt.ch/regionalfussball

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FC Nidau 2020/21

Torhüter: Marco Signer, Christian

Kobel, Boban Brankovic.

Verteidiger: Elton Lekaj, Raphal Möckli, Lars Catanese, Fabio Truffer, Raphal Sallin, Alec Hofer (Biel).

Mittelfeld: Steven Biedert, Matthieu Schindelholz (Aurore), Marc Bönzli, Marco Birkhofer, Tobias Küffer, Nico Zumwald (Grünstern), Valentin Depraz, Sandro Verardi, Jan Birkhofer, Adrian Kurti, Dimitar Spasov.

Stürmer: Ben Küffer, Nodi Yildirim

(Azzurri), Roman Vonäsch, Matthias Schnyder (Lengnau), Jason Luzubu (Aurore), Adrian Espasandin (Aurore).

Abgänge: Luca Ordinelli (?), Luca Troilo (Azzurri), Robin Allenbach (SV Lyss).

Staff: Kurt Baumann (Trainer), Ricardo Molina (Torhütertrainer), Rolf Grimbühler (Teammanager), Philippe Hübscher (Sportchef), Kurt Sutter (Transfers, Scouting), Catherine Scherler, Ramona Daumüller (Masseurinnen). bmb