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Fussball

Rekorde interessieren ihn nicht

Auch nach zwei Jahrzehnten ist Raphaël Nuzzolos Liebe zum runden Leder ungebrochen. Vor der Rückrunde der Challenge League mit Xamax zeigt sich der Bieler voller Tatendrang – wie lange spielt der 38-Jährige noch?

Raphaël Nuzzolo zeigt den jungen Spielern 
den Weg.
 Bild: Lucas Vuitel

Laurin Petitat/pl

Der Winter hat die Schweiz fest im Griff und seit Wochen herrscht bittere Kälte. Trotzdem geht die Wettkampfsaison des Schweizer Fussballs morgen in die Rückrunde. Auch der unverwüstliche Raphaël Nuzzolo wird wieder im Scheinwerferlicht stehen. Der 38-jährige Bieler in Diensten des Challenge-League-Vereins Neuenburg Xamax zeigt sich voller Tatendrang und freut sich auf die Fortsetzung der Saison: «Meine Liebe zum Fussballspiel ist ungebrochen. Ich warte ungeduldig auf den Anpfiff, denn der zweite Teil der Meisterschaft ist ist oft spannender. Da geht es ums Ganze.» Zudem zeigt sich Nuzzolo erleichtert, dass die Vorbereitungszeit, die er als «nicht lustig» empfindet, jetzt ein Ende nimmt.

Bei den letzten Meisterschaftsrunden von 2021 war der Bieler wegen einer Verletzung eingeschränkt. Nun aber fühlt er sich im Vollbesitz seiner Kräfte, und das will er auf dem Rasen demonstrieren. Allerdings strebt er in seinem Alter keinen Rekord an Spielzeit an. Ebenso wird man von ihm nicht mehr so viele Tore wie früher erwarten. Vielmehr wolle er «beweisen, dass ich meinem Team immer noch helfen kann». Nuzzolo denkt dabei an die jungen Spieler, denen er seine Erfahrung vermittelt: «Ich achte darauf, dass sie sich selbst nicht zu stark unter Druck setzen, weder auf dem Spielfeld noch ausserhalb.»

 

Gestiegene Erwartungen

Die Nummer 14 der Neuenburger «Rouges et Noirs» gefällt sich in der Rolle als versierter Berater im Team. Dennoch steht Xamax nach dem Abgang der zwei Offensivspieler Maren Haile-Selassie (Lugano) und Louis Mafouta (Metz) vor einer neuen Herausforderung. Obwohl der beim FC-Zürich ausgeliehene 20-jährige Angreifer Henri Koide einen Teil der Lücke füllen wird, lasten auf dem Mittelfeldspieler Nuzzolo gestiegene Erwartungen. Der Bieler bestätigt denn auch: «Ich werde deswegen tatsächlich etwas mehr Verantwortung übernehmen.»

Darauf freue er sich in der zweiten Saisonhälfte. Er räumt ein, dass Xamax Ende Jahr «nicht unbedingt ausgezeichnete» Resultate geliefert hatte. Trotzdem sei die Tabelle sehr eng. Deshalb gäbe es «viel Raum für eine bessere Klassierung.» Die Analyse des ehemaligen Young-Boys-Spielers überzeugt. Mit Ausnahme des letztplatzierten SC Kriens mit sechs Punkten liegen die neun restlichen Teams der zweithöchsten Liga der Schweiz innerhalb einer Bandbreite von neun Tabellenpunkten. Die kompakten Resultate sind unüblich in der Challenge League, sagt Nuzzolo: Normalerweise gäbe es immer eine oder zwei Mannschaften, die obenauf schwingen. «Daher gilt es jetzt, so rasch wie möglich ein paar Punkte zu holen. Dann werden wir sehen, was wir bis zum Ende der Meisterschaft erreichen können», so der Bieler.

 

In der Tabellenmitte

Im letzten Testspiel gegen den FC Basel verlor Neuenburg Xamax mit 1:3. Morgen Abend werden die Neuenburger im Brügglifeld mehr über ihre aktuelle Form erfahren. «Wir wissen, dass die Begegnungen mit Aarau immer kompliziert ablaufen», bestätigt Nuzzolo. Er weist darauf hin, dass seine Mannschaft gut vorbereitet sei und «alle Trümpfe für einen Sieg» in der Hand halte.

Immerhin ist Aarau die Nummer zwei der Meisterschaft. Sollte Xamax (Rang neun) das Spiel für sich entscheiden, wäre dies ein starkes Signal an die Konkurrenz in der Rückrunde. Schliesslich waren die Neuenburger in der Hinrunde gut gestartet und fielen dann ins Mittelfeld zurück. Spricht er über die Ambitionen seines Klubs, bleibt Raphaël Nuzzolo bescheiden: «Letztes Jahr hatten wir bis zum Ende um den Ligaerhalt gekämpft. Wenn wir uns diesmal in der Tabellenmitte halten, wäre das wenigstens ein guter Ausgangspunkt für die nächste Saison.»

Gemessen an der Konkurrenz in der Challenge League steht ein mittlerer Tabellenplatz für einen starken Verein wie Xamax wohl für das minimale Ziel, das es in dieser Saison zu erreichen gilt.

 

Im Frühling soll Klarheit herrschen

Seit 21 Jahren kämpft Raphaël Nuzzolo auf den Schweizer Fussballfeldern. Seine Karriere ist mit zwei Vereinen verbunden: Insgesamt 15 Jahre spielt er schon bei Xamax. Von 2011 bis 2016 machte er einen Unterbruch und stand für die Berner Young Boys unter Vertrag. Danach kehrte er auf die Maladière zurück. Am 5. Juli wird der Bieler 39 Jahre alt. Sein Vertrag mit Neuenburg endet am 30. Juni. Wie es danach weitergeht, bleibt ungewiss, wie Nuzzolo verrät: «Ehrlich gesagt, darüber habe ich bisher nicht mit meiner Vereinsleitung gesprochen.» Er wird seine Entscheidung im März oder April treffen, denn «vorher will ich in Erfahrung bringen, wie meine ersten Begegnungen in der Rückrunde verlaufen». Nuzzolo ist sich bewusst, dass sich die Situation von älteren Akteuren im Leistungssport rasch ändern kann, «etwa wegen Verletzungspech oder schwindender Motivation».

Trotz allem rückt der Zeitpunkt des Rücktritts näher. Das weiss der langjährige Mittelfeldspieler: «Man sagt, mit 30 Jahren sollte man sich mit der Zeit nach der Sportkarriere auseinandersetzen. Heute bin ich bald 40 Jahre alt», meint er scherzend. lpe/pl