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Orientierungslauf

Schmerzende Beine, glänzende Aussichten

Vier Medaillen, eine scheinbar übermächtige Gegnerin und eine Titelfeier mit dem Freund: Simona Aebersold blickt auf die intensive WM-Woche in Tschechien zurück.

Diese Ausbeute kann sich sehen lassen: Simona Aebersold gewinnt an der WM vier Medaillen. Bild: Remy Steinegger
Michael Lehmann
 
Simona Aebersold ist nach der WM in Tschechien nicht ins heimische Brügg zurückgekehrt. Stattdessen reiste sie zusammen mit Freund Kaspar Fosser im Zug nach Norden. Via Prag, Berlin, Hamburg und Kopenhagen erreichten sie Anfang Woche Göteborg. Hier wohnt der Norweger und studiert – wie Aebersold – Sportwissenschaften. Ferien seien es aber nur teilweise, sagt die Seeländerin. Sie bereitet sich auf die Weltcup-Rennen im schwedischen Idre Fjäll vor, die in einem Monat stattfinden. In dieser Woche ist aber noch etwas Erholung angesagt. Denn: «Meine Beine sind so kaputt wie wohl noch nie», sagt Aebersold.
 
Das überrascht kaum, hat die 23-Jährige doch eine intensive Woche hinter sich. In sieben Tagen ist sie fünf WM-Rennen gelaufen. Als einzige Schweizerin wurde sie für jede Medaillenentscheidung nominiert. Und Aebersold hat das Vertrauen zurückgezahlt: Sie gewann einmal Silber, dreimal Bronze und verpasste im Sprint eine weitere Medaille bloss um vier Sekunden. Dies notabene, nachdem sie bereits zwei Monate zuvor an der EM in Neuenburg in jedem Rennen eine Medaille gewonnen hatte.
 
Erklärbarer Zeitverlust
Keine Frage: Die Brüggerin ist derzeit die stärkste Orientierungsläuferin der Schweiz. Weltweit steht sie momentan jedoch noch hinter einer anderen Läuferin: Tove Alexandersson. Die 28-jährige Schwedin war als grosse Favoritin nach Tschechien gereist, wo sie ihre blendende Form unterstrich. Nach jedem Rennen stieg sie auf das oberste Treppchen des Podests, über Lang- und Mitteldistanz nahm sie den ersten Verfolgerinnen gar über zwei Minuten ab.
 
Wie ist das, gegen eine Frau anzutreten, die so dominiert? Aebersold zögert auf die Frage. «Ich wurde auch schon gefragt, ob es deprimierend sei. Das ist es aber sicher nicht. Ich sehe es vielmehr als Ansporn, genau so gut zu werden.» Aebersold ist sicher, dass die Schwedin der Konkurrenz nicht komplett entrückt ist. «Alle Minuten, die ich auf Tove verloren habe, sind erklärbar.» Zum Beispiel hadert Aebersold noch immer mit ihrer Leistung über die Mitteldistanz. Schon unmittelbar nach dem Rennen hatte sie gesagt, sie sei nie richtig in den Flow gekommen. Mit etwas Abstand ahnt sie auch, warum das so war. «Ich hätte mir für die Routenwahl mehr Zeit nehmen sollen», sagt Aebersold. «Wer weiss, was dann möglich gewesen wäre.»
 
Abgesehen von der verpassten Chance im Mitteldistanz-Rennen blickt Simona Aebersold zufrieden auf ihre zweite WM-Teilnahme zurück. «Enorm cool» sei es, dass sie gleich vier Medaillen gewonnen habe. Dass sich unter ihren mittlerweile sieben WM-Medaillen noch keine goldene befindet, nimmt die Seeländerin locker. Zeit, diese zu holen, bleibt genügend. Spätestens an der Heim-WM 2023 in Graubünden soll es jedoch so weit sein. «Dort ein Rennen zu gewinnen, ist mein ganz grosses Ziel», erklärt Aebersold.
 
Vom Duell zum Mitfiebern
In dieser Hinsicht hat Freund Fosser ihr bereits etwas voraus. Zum Abschluss der WM setzte sich der 22-Jährige über die Langdistanz überlegen durch und gewann Gold. Sie habe mit ihm mitgefiebert und sich auch sehr über seinen Exploit gefreut, sagt Aebersold. Anders war es in der Mixed-Staffel, als die beiden Konkurrenten waren. Als Startläuferin hatte Aebersold rund 40 Sekunden Vorsprung auf die norwegische Läuferin herausgeholt, am Schluss musste sich das Schweizer Team im Kampf um den zweiten Rang den Norwegern aber doch knapp geschlagen geben. «Da habe ich natürlich nicht mehr mit ihm geredet», erzählt Aebersold mit einem Augenzwinkern.
 
Nun kann das OL-Paar die anstrengende Woche verdauen, ehe es mit der Vorbereitung auf die Weltcup-Rennen im August und September weitergeht.
 
Stichwörter: OL, Simona Aebersold

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