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Hochschule für Sport Magglingen

«Schweizer Sport ist gut vernetzt»

Die engen wirtschaftlichen Verbindungen zu China sind wohlbekannt. Weniger geläufig ist, dass sich Sportler und Sportstudenten im Austausch weiterbilden. Jingfan Zhou studiert seit zweieinhalb Jahren in Magglingen.

Vielseitig interessiert: Die chinesische Studentin Jingfan Zhou an der Hochschule für Sport Magglingen. Ueli Känzig/Baspo

Beat Moning

Als Streberin bezeichnet sich Jingfan Zhou nicht, aber als seriöse und offene Studentin, die während ihres Aufenthaltes in der Schweiz möglichst viel von der hiesigen Kultur und den Mechanismen im Schweizer Sport mitbekommen möchte. Denn das Ziel der bald 25-Jährigen ist klar und verträgt keine Halbheiten: «Ich möchte in einer international grossen Sportorganisation tätig sein.» In welcher lässt sie offen, aber ihre Zuneigung zum Wintersport ist beträchtlich gestiegen und hat im wesentlichen zwei Gründe: «In China ging ich schwimmen und spielte Badminton, in der Schweiz lernte ich das Windsurfen, aber auch Snowboarden. Zudem finden 2022 bei uns die Olympischen Winterspiele statt.»

Darauf hat sich Jingfan Zhou inzwischen fokussiert. Die wesentlichen Prüfungen ihres Masterstudiums hat sie hinter sich, die Schlussarbeit widmet sie nun diesen Winterspielen. Deshalb wird Zhou demnächst für kurze Zeit in die Heimat zurückreisen, um die entsprechenden Kontakte zu knüpfen. Um herauszufinden, ob das erfolgreiche Spiele werden und wie es mit der Nachhaltigkeit steht.

Ihre Zuneigung zum Wintersport hat sie in einem dreimonatigen Praktikum bei Swiss Ski vertieft. «Da habe ich viel gelernt, viel gesehen, etwa an den Lauberhornrennen, und weiss, wie komplex der ganze Skizirkus ist.» Die Kontakte sind also geknüpft, Jingfan Zhou wäre bereit und erfreut, dem Verband zu helfen. «Wer in China etwas will, der braucht die nötigen Kontakte. Ich würde das sehr gerne im Hinblick auf die Olympischen Spiele bei uns in sechs Jahren tun.»

Lob dem vernetzten Schweizer Sport

Ohne Kontakte wäre Jingfan Zhou auch nicht in Magglingen gelandet. Seit zwölf Jahren tauschen sich Magglingen und Peking in sportlichen Belangen aus. Baspo-Vizedirektor Walter Mengisen, Rektor der Hochschule für Sport Magglingen (EHSM), weilte verschiedentlich in China und referierte an der Universität für Sport (das BT berichtete). Einzelne Schweizer haben in Peking bereits studieren können. Jingfan Zhou ist in diesem Sinn eine Austauschstudentin und derzeit eine von vier aus dem Ausland, die in Magglingen weilt. «Ich bin sehr stolz, dass mich Walter ausgelesen hat. Ich zögerte nicht lange.» 2011 habe sie mit den Eltern, die mit zwei Geschwistern dreieinhalb Flugstunden von Peking in Kun Ming wohnen, erstmals Magglingen besucht und sich ein generelles Bild über die Region und über die Schule machen können. Sie nahm damals an einem einwöchigen Sommercamp teil, mit Surfen und Mountainbike. Schliesslich kam sie 2013 nach Magglingen, wohnt da im Bernerhaus in einer Studentenwohnung. Und beim Abschied im Herbst werden ohne Zweifel Tränen fliessen.

Den Schweizer Sport hat sie als sehr offenherzig kennengelernt. «Man spürt, dass Sport hier wichtig ist, man sieht, dass die Ausbildung einen nicht minder wichtigen Platz bei den Profisportlern einnimmt.» Das könne sie nur begrüssen. Zahlreiche Gespräche mit Schweizer Spitzensportlern, die in Magglingen ein- und ausgehen, habe ihr bestätigt, «dass die Förderung von Sportlern in der Schweiz vorbildlich ist.» Es sei im Vergleich zu China eine individuelle Förderung, gekoppelt mit Institutionen, die gut koordiniert und vernetzt sind und gegenüber den Sportlern sehr hilfsbereit auftreten.» Da seien die Wege in China mehr von oben gezeichnet und auch in Individualsportarten sei die Gruppendynamik allgemein grösser. Auch wenn individuelle Förderung durchaus denkbar ist.»

Wie Walter Mengisen sagt, habe Peking inzwischen gewisse Lernprozesse hinter sich. Gerade was Schule und Sport in Einklang bringen kann. Zhou erwähnt, «dass ein sozialer Aufstieg in China nicht selten über den Sport erfolgt und die Chinesen extrem stolz sind, ihr Land im Ausland zu vertreten.» Möglichst erfolgreich.

Gedanken über den Sport hinaus

Zhou lernt viel (Englisch spricht sie fliessend, in Deutsch kann sie sich gut verständigen), aber sie gibt ebenso einiges weiter, sodass die Studenten Interessantes vom aufstrebenden fernen Sportland China zu hören bekommen. Im Stundenplan ist sie als Referentin da und dort eingeschrieben. Das sei auch so vorgesehen gewesen, wie Walter Mengisen ausführt. «Alle haben einen Nutzen davon, wenn sie von anderen Kulturen und Konzepten hören. Es gibt immer Punkte, die man zum eigenen Vorteil verwenden kann.» Jetzt zu glauben, die Chinesin würde sich nur mit Sport auseinandersetzen, ist falsch. Sie macht sich sehr wohl, wenn auch zurückhaltend, Gedanken über die Politik der in dieser Beziehung unterschiedlichen Länder. Und sagt: «Was uns am meisten beeindruckt, ist die Schweizer Qualität. Die Uhrenbranche hat es sozusagen vorgemacht, daher ist der Respekt auch für andere Bereiche sehr gross.»