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Fussball

Seeländer bleiben weiterhin im Ungewissen

Cédric Zesiger und Raphaël Nuzzolo sind gespannt, ob ab 8. Juni in der Super League wieder gespielt wird. Während dies YB-Verteidiger Zesiger begrüssen würde, wäre aus Sicht von Xamax-Stürmer Nuzzolo ein Saisonabbruch der richtige Entscheid.

Symbolbild: Keystone

Francisco Rodríguez

Nach den letzten Lockerungen des Bundesrats liegt der Ball nun bei der Swiss Football League (SFL). In den Profiligen sind ab dem 8. Juni Stand heute wieder Spiele möglich, zumindest unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Wie sinnvoll eine Wiederaufnahme der Meisterschaft in Coronazeiten ist, darüber scheiden sich die Geister. Das SFL-Komitee will zunächst abklären, welche Folgen die möglichen Szenarien für die Super und Challenge League sowie deren 20 Klubs haben könnten (siehe BT von gestern). Es gibt einige Super-League-Vereine wie YB oder Servette, die für eine Fortsetzung sind, sowie andere wie Xamax, Sion oder Thun, die sich den Abbruch wünschten.

Zesiger will Titelkampf fortsetzen

«Wir Spieler haben da nicht viel zu sagen und akzeptieren jeden Entscheid», meint YB-Verteidiger Cédric Zesiger. «Ich persönlich hoffe, wir können möglichst bald wieder gemeinsam trainieren und die Meisterschaft fortsetzen», sagt der 21-jährige Treitener. Schliesslich sei man bis zum Unterbruch sehr gut im Rennen gelegen und habe nicht nur in der Meisterschaft als Co-Leader mit dem punktgleichen Tabellenführer St. Gallen, sondern auch als Cup-Viertelfinalist seine Titelchancen gewahrt.

Gegen den Abstieg spielte dagegen Xamax. Unabhängig der sportlichen Situation wünschte sich Teamtopskorer Raphaël Nuzzolo, dass diese Saison nicht mehr weitergeführt würde. «Es wird schwierig, ab dem 11. Mai unter Einhaltung aller Vorgaben wieder ein geregeltes Mannschaftstraining zu organisieren und es birgt ein grösseres Sicherheitsrisiko», so der 36-jährige Bieler im Neuenburger Dress. «Der Sport hat seine Berechtigung, um den Menschen Freude zu bereiten. Ich empfinde aber ehrlich gesagt keine Freude mehr am Sport, wenn ich mich alle drei Tage einem Coronatest unterziehen lasse und dauernd um meine Gesundheit, jener meiner Kollegen und unserer Familien bangen muss.» Zudem sei der Fussball unter den gegebenen Umständen ein finanzielles Verlustgeschäft, das diverse Klubs in Existenznöte bringen könnte.

Appell an den Staat

Xamax-Präsident Christian Binggeli sagte vorgestern in einem Interview mit dem Westschweizer Fernsehen, dass Geisterspiele dem Verein teurer zu stehen kämen, als der Saisonabbruch. Für Xamax und sein 9,5-Millionen-Budget würden sich die Verluste auf 800000 bis 1,7 Millionen Franken belaufen. Bei YB lässt man sich auf keine voreiligen Rechnereien ein. «Es ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, die finanziellen Verluste genau zu beziffern, weil noch zu viele Fragen offen sind», sagt der Kommunikationsverantwortliche Albert Staudenmann. Sollten aber die Super-League-Klubs über eine längere Zeit Geisterspiele ohne Zuschauer bestreiten müssen, wären sie auf finanzielle Unterstützung des Staates angewiesen, um überleben zu können.

Für die Young Boys sei klar, dass man die Saison fortsetzen wolle. «Nicht nur aus Sicht der sportlichen Fairness», meint Staudenmann. «Würden wir die Saison abbrechen, würde der Schweizer Klubfussball auf längere Sicht massiven Schaden erleiden. Es wäre kaum möglich, Spieler zu transferieren, die restlichen Fernsehgeld-Raten würden wohl nicht fliessen. Klubs, die zum Beispiel nicht aufsteigen könnten, würden wohl den Rechtsweg beschreiten. Und wir haben auch eine soziale Verantwortung gegenüber den Fans, den Sponsoren, aber nicht zuletzt auch gegenüber den Spielern, die sich nun schon seit über sechs Wochen zuhause einigermassen fit halten müssen», so Staudenmann.

Zesiger und Nuzzolo absolvieren individuelle Trainingsprogramme, die sie von ihren Coaches erhalten. «Es ist nicht so cool, alleine zu trainieren», sagt Zesiger, der zwar alles unternehme, um für den Ernstkampf bereit zu sein, dem aber aktuell das Teamfeeling fehle. Bei Xamax gebe es laut Nuzzolo einmal in der Woche eine Videokonferenz, bei YB alle zwei Tage ein Videotraining. «Ich bin froh, dass ich zumindest via Zoom die anderen sehe und mich beim 15-minütigen Aufwärmen auf dem Veloergometer ein wenig mit meinen Teamkollegen unterhalten kann», so Zesiger.

Nuzzolo liefert Blumen

Für einen Augenblick und unter Einhaltung des vorgeschriebenen Sicherheitsabstands hatten die Xamax-Spieler direkten Kontakt mit den Fans. Als die Gartencenter noch geschlossen waren, organisierte der Klub in Zusammenarbeit mit seinem Blumen-Partner eine Verkaufsaktion. Die Spieler lieferten die online bestellten Geranien in Kartons verpackt bis an die Wohnungstür. Auch Nuzzolo stand dreimal im Einsatz und spricht über sympathische Begegnungen mit Leuten, die man sonst nur im Stadion treffe. Ob der nächste Einsatz auf dem Platz erfolgt, wird sich bald weisen.