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2. Liga regional

Selbsterklärend, aber auch rätselhaft

Der FC Azzurri Biel bezwingt den FC Nidau 2:1. Mit einem Doppelschlag drehen die Italo-Bieler einen Rückstand in einen Sieg. Die Erklärungen für Nidaus Niederlage scheinen naheliegend.

Leere Bank: Der FCNidau tritt gegen Azzurri mit nur einem Auswechselspieler (Roman Vonäsch, beim Einlaufen, nicht im Bild) an. Trainer Marc Bönzli (stehend)und Goalietrainer Ricardo Molina können sich breit machen. copyright: Nico Kobel/Bieler Tagblatt

Moritz Bill

Manchmal kann der Ausgang eines Fussballspiels auf einen einzigen Umstand hinuntergebrochen, und damit simpel erklärt werden. Für den gestrigen Match zwischen dem FCAzzurri Biel und dem FC Nidau bietet sich das an.
Die beiden Zweitligisten liefern sich der Bedeutungslosigkeit zum Trotz ein attraktives und ausgeglichenes Duell, in dem die Gäste aus Nidau dank Michael Chiapparellis Kopfballtreffer nicht unverdient, aber auch nicht wirklich zwingend mit einer 1:0-Führung in die Pause gehen. Zu Beginn der zweiten Halbzeit besitzen sie erneut die etwas besseren Torchancen. Dann aber – mit einem Doppelschlag innerhalb nur vier Minuten – drehen die Italo-Bieler die Partie.Michael Brönnimann trifft zweimal aus der Distanz, zuerst per Freistoss, danach aus dem Spiel heraus. Weitere Tore fallen keine mehr, Azzurri gewinnt 2:1.
Ohne Hintergrundwissen ist die simple, naheliegende Erklärung rasch gefunden:Nidaus Goalie Dominic Mülchi gibt bei beiden Weitschüssen nicht die beste Figur ab, beim Freistoss steht zudem die Mauer schlecht. Sein Trainer Marc Bönzli wird hinterher sagen, dass sein Torhüter höchstens einmal pro Jahr einen solchen Schuss aus 25 Metern vorbeiziehen lässt. Doch alleine Mülchi die Schuld für die Niederlage in die Torwarthandschuhe zu schieben, wäre dann doch des Simplen zu viel. Nidaus Schlussmann zeigt in anderen Szenen starke Reflexe (siehe auch Infobox), und schenkt damit den Worten seines Trainers Glauben, der sagt: «Trotz dieser Gegentore ist er über die ganze Saison hinweg der beste und konstanteste Spieler des Teams.»

Der Bär steppt am Stedtlifest
Mit etwas Hintergrundwissen bietet sich eine andere, einfache Erklärung für Nidaus Niederlage an. Am Wochenende stieg bekanntlich das Stedtlifest, an dem der FC Nidau traditionell ein Festzelt stellt. Da liegt es in der Natur der Sache, dass der Nidauer Fussball-Bär eher auf der Biertheke steppt, als dass er sich ausreichlich Erholung im Bett gönnt.
Mit diesem Wissen lässt der Blick auf die Nidauer Ersatzbank, wo sich kurz vor dem Anpfiff um 10 Uhr gerade mal ein Auswechselspieler platziert, kaum für Verwunderung. Trainer Bönzli winkt aber ab, denn die rekordverdächtige Absenzenliste sei Verletzungen und anderen Abwesenheitsgründen geschuldet, er sagt aber: «Aufgrund des Stedtlifests hätte ich während des Spiels schon gerne mehr Wechsel vorgenommen.» Will heissen: Nicht alle Spieler waren ausgeschlafen. Unabhängig dessen sei des Trainers taktische Einflussnahme «sehr begrenzt», wenn ihm nur ein einziger Wechsel zu tätigen möglich ist. Das zeigt auch ein Blick auf die andere Seite: Beide Azzurri-Tore fielen just nach einer Auswechslung …
Trotzdem, nur das schmale Kader für die Niederlage verantwortlich machen will Bönzli nicht. «Klar ging uns gegen Ende des Spiels ein bisschen die Puste aus, doch dominieren lassen mussten wir uns nicht.» Neben der Goalie- greift auch die Stedtlifest-Erklärung zu kurz. Mit mehr Glück hätte das dezimierte Nidau durchaus punkten können. So ist der Ausgang dieses Fussballspiels selbsterklärend und rätselhaft zu gleich – zum Glück, sonst würde sich niemand mehr Sonntagfrüh einen Match ansehen wollen.

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Die Szene
Dominic Mülchi war gestern nicht zu beneiden. Zuerst hatte der Nidauer Goalie zweimal nach einem Distanzschuss hinter sich greifen müsssen. Als ob das die Seele eines Torhüters nicht schon genug schmerzen würde, musste er kurz vor dem Abpfiff noch körperliche Qualen über sich ergehen lassen. Seine Mitspieler warfen in Rückstand liegend alles nach vorne, worauf Azzurris Topskorer Scott Mbemba und Mathurin Ndo Ze alleine vor Mülchis Kasten auftauchten. Mbembas Abschluss parrierte Mülchi bravourös, worauf der Ball bei Ndo Ze landete. Dieser schoss genau dort hin, wo es bei Männern besonders schmerzt. Der im Eishockey gängige Tiefschutz wäre manchmal auch im Fussball eine gute Sache. Zu allem Übel blieb dem Nidau-Torhüter kaum Zeit zur Erholung, da er kurz darauf aufgrund eines steilen Zuspiels schnell aus dem Tor eilen musste. bil

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Mülchi geht, Kurti kommt
Unter den Zuschauern befand sich gestern auch Adrian Kurti – aus gutem Grund, er wird ab kommender Saison für den FC Nidau spielen. Der 30-Jährige war letzten Sommer von Besa zum FC Biel gewechselt und will nun wieder in der 2. Liga angreifen. Ein weiterer Zuzug ist ein interner:Christian Kobel kehrt von der 2. Mannschaft ins Fanionteam zurück. Der Torhüter ersetzt den zum SV Lyss wechselnden Dominic Mülchi. Je nachdem muss Nidau-Trainer Marc Bönzli auch für Robin Allenbach Ersatz suchen, der ebenfalls mit einem Transfer ins Grien liebäugelt (die Lysser stehen nahe am Wiederaufstieg in die 2. Liga). Bereits fix ist der Rücktritt von Michael Chiapparelli, der nächsten Sonntag gegen Aarberg sein letztes Heimspiel bestreiten wird. Für dann ist auch das Comeback des langzeitverletzten Ben Küffer vorgesehen. bil