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2. Liga regional

So, als wäre er nie weg gewesen

Der FC Nidau besiegt den FC Aarberg 5:2. Bei Nidau kann Ben Küffer nach 20-monatiger Verletzungspause erstmals wieder mittun – und macht dabei sogleich das, was er am besten kann.

Knapp zehn Minuten braucht Ben Küffer (im grünen Dress hinten) bis er seinem Ruf des Goalgetters gerecht wird. copyright: Matthias Käser/Bieler Tagblatt

Moritz Bill

Was wäre der Sport bloss, würde er nicht immer wieder Geschichten schreiben, die in der Erzählung unglaublich erscheinen? Ohne seine Dramen der Niederlagen, ohne seine Euphorien der Erfolge und vor allem ohne der Persönlichkeiten, die zu gefeierten oder tragischen Helden werden, wäre der Sport bloss ein fader Wettkampf ohne jegliche Würze.
Ben Küffers (31) Comeback ist genau eine solche Geschichte, die eigentlich zu süss und kitschig ist, um wahr zu sein. Gestern steht der Stürmer erstmals nach 20 Monaten nicht mehr als verletzt, sondern als Auswechselspieler auf dem Matchblatt des FC Nidau. Nach 80 Minuten wird er eingewechselt. Und nach etwas mehr als anderthalb Jahren Abwesenheit macht Küffer in den etwas mehr als zehn Spielminuten gegen den FC Aarberg genau das, für was er im Seeland und im Jura bekannt ist: Er schiesst ein Tor und bereitet ein weiteres vor. So, als wäre das die normalste Sache der Welt. So, als hätten nicht viele ihr Geld eher auf sein Karriereende als auf sein Comeback gewettet. So, als wäre sein rechtes Knie damals im Auswärtsspiel gegen Besa auf dem Kunstrasen nicht derart malträtiert worden, dass beide Menisken rissen. Nein, Ben Küffer spielt einfach so, als wäre er nie weg gewesen. 

Schlaflos zum Traum-Comeback
Ganz so einfach, wie das nun klingt, war es dann aber schon nicht. Nach dem Ende des Spiels, das Nidau 5:2 gewinnt, gesteht der Protagonist, dass er «ziemlich nervös» gewesen sei und deswegen in der Nacht zuvor kaum Schlaf gefunden habe. Dafür findet er dann schnell ins Spiel. «Nach dem ersten Zweikampf merkte ich, dass ich einfach Fussball spielen muss.» Küffer kommt dabei der Zwischenstand entgegen. Sein Team liegt zu diesem Zeitpunkt 3:2 vorne, Aarberg muss etwas riskieren, was für den freien Raum sorgt, den ein Stürmer zur Entfaltung seines Könnens noch so gern ausnutzt. Zudem profitiert Küffer beim 4:2 von Samuel Buchers mustergültigen Zuspiel. Wobei auch festgehalten werden muss, dass Küffer beim 5:2 ebenso selbstlos zum Hattrick-Schützen Luca Troilo passt, anstatt den wahrscheinlichen zweiten persönlichen Treffer zu markieren. «Es ist wie ein Traum, dass nun alles so perfekt aufgegangen ist», sagt Küffer zusammenfassend.
Wie es nun weitergeht, lässt der Vollblutstürmer offen. Sicher möchte er beim Saisonabschluss nächsten Samstag in Courtételle mittun. Aber der Entscheid, ob er eine weitere Saison anhängt, hat Küffer noch nicht getroffen. Einerseits hat er als Besitzer und CEO einer aufstrebenden Uhrenmarke beruflich, und als junger Familienvater privat einiges los. «Andererseits gibt mir der Fussball sehr viel. Mit den Teamkollegen Zeit zu verbringen, bereitet mir enorm viel Freude.» An einen Rücktritt hatte der Goalgetter schon vor seiner schweren Verletzung gedacht, dazu durchringen konnte er sich bereits damals nicht.

Vorne wie hinten nicht auf der Höhe
Während Küffer von Gratulationen überhäuft wird, ziehen die Aarberger mit gesenkten Köpfen von dannen. Die Gäste aus dem Zuckerstädtchen hätten sich den Sonntag durchaus mit einem Sieg versüssen können. Doch im Gegensatz zu den Nidauern zeigten sie sich im Abschluss ineffizient und leisteten sich in der Abwehr die noch gröberen Fehler als die ebenfalls alles andere als kompakt agierende Nidau-Abwehr. Solches Fehlverhalten schliesst Trainer Marco Aebischer auf die falsche Einstellung zurück. «Ich dachte eigentlich, wir könnten nach dem geschafften Ligaerhalt befreiter aufspielen. Doch das scheint nicht der Fall zu sein.» Die Aarberger sind nun seit sechs Spielen sieglos. In anderen Jahren wären sie mit ihrer aktuellen Punkteausbeute in arge Abstiegsgefahr gerutscht. Umso wichtiger wäre im Hinblick auf nächste Saison ein Erfolgserlebnis im letzten Spiel am Samstag zuhause gegen Develier.

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Die Szene
Da es für beide Teams viel mehr um Prestige als um Tabellenpunkte ging, fehlte es dem Derby an Dringlichkeit. Das zeigte sich auf beiden Seiten vor allem im Abwehrverhalten. Das «Machenlassen» erreichte nach einer gespielten Stunde den Höhepunkt. Zuerst hatte Aarbergs Fabian Blaser im Strafraum ziemlich mühelos den Ball erobert und spielte diesen auf Yannis Köhli, der kaum bedrängt einschieben konnte. Aarbergs 2:1-Führung hielt jedoch nur eine Minute stand, ehe Luca Troilo auf der Gegenseite alle möglichen Freiheiten genoss und deshalb wenig überraschend zum 2:2 traf. bil

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