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Tennis

Spielerinnen sollen offensiver auftreten Bertens gewinnt zweimal

In Gstaad blickt man wie schon im April in Biel auf ein mager besuchtes Frauenturnier zurück. Heute starten im Oberland die Männer zum ATP-Turnier – und die Organisatoren hoffen auf mehr Zuschauer.

Trauriges Bild: Das WTA-Turnier in Gstaad zog sehr wenig Publikum an. Die Organisatoren «grübeln» nach den Gründen. Die Aufnahme stammt vom Einzelfinal gestern. bmb

Beat Moning

Ist es für einen Veranstalter Pech, dass das Aushängeschild Timea Bacsinszky kurzfristig verletzt absagen muss? Pech, dass die anderen Schweizer Spitzenspielerinnen in den ersten Runden ausgeschieden sind? Pech, dass am Freitag im Viertelfinaltag ein Gewitter angekündigt war?

«Es tat mir weh»
Die grosse Masse machte man letzte Woche im Berner Oberland nicht aus. Zwar vermeldeten die Organisatoren der Jazztage Lenk auf ihrer Homepage oft ein «Full House». Da war man beim Frauenturnier in Gstaad weit davon entfernt. «Es war unter den Erwartungen und wir werden rote Zahlen schreiben», sagt Turnierdirektor Jeff Collet. Er hat das Glück, dass dank Sponsoren und Männerturnier die Frauenwoche weitgehend aufgefangen werden kann. Ob das aber über Jahre hinweg gut gehen kann? Da findet auch Jeff Collet keine schlüssige Antwort. Er wisse nur, dass das letzte Jahr besser war. Nicht zuletzt darum, weil da vier Schweizerinnen am Wochenende noch im Einsatz gestanden waren.

Geht es den Gstaadern schlecht, kommt man unweigerlich zum WTA-Turnier in Biel. Letzte Woche stattete die OK-Vizepräsidentin Géraldine Dondit dem Turnier und der OK-Spitze einen Besuch ab. «Es war interessant, aber es hat mir ehrlich gesagt wehgetan, als ich so wenig Zuschauer auf der Tribüne feststellen musste. Obwohl doch einige Weltklassespielerinnen auf dem Platz gestanden sind. An der Tennis-Attraktivität kann es nicht liegen.»

Eintrittspreise gesenkt
Was tun? Dondit hat nicht das Gefühl, dass das Frauentennis grundsätzlich ein Identifikationsproblem hat. Die Fedcupspiele in der Schweiz haben schon mehrmals gezeigt, dass der Aufmarsch durchaus gross sein kann. Braucht es also einfach die Schweizer Spitzenspielerinnen, die weit nach vorne stossen? «Das ist sicher so, das hilft bestimmt», sagt Dondit und blickt auf Biel zurück, als die Einzelspielerinnen alle in der ersten Runde (Bencic, Masarova) oder der zweiten (Golubic) ausgeschieden sind. Immerhin ging es mit dem Doppel um die Spielerinnen Hingis, Bacsinszky und Knoll bis in den Halbfinal, beziehungsweise Final.

«Es sind zwei verschiedene Turniere an völlig verschiedenen Orten. Eines draussen, eines drinnen. Und dennoch gibt es Synergien. Wir müssen zusammenspannen, müssen clevere Ideen sammeln, wie wir das Publikum anziehen können», blickt Dondit voraus. Das könnte zum Beispiel über Kombi-Tickets geschehen, über gegenseitige Bewerbung der Anlässe. Für Dondit ist auch klar, dass die Eintrittspreise zwar eine Rolle, aber wie sich in Gstaad zeigt, nicht eine alles entscheidende Rolle spielt. Da hat man die Preise gesenkt und konnte für 39 oder 49 Franken am Freitag Tageskarten kaufen. Das ist gegen die Hälfte der Preise von Biel im April und Gstaad im letzten Jahr.

Offensivere Spielerinnen
Die ehemalige Spielerin Géraldine Dondit, mit Erfahrung im Federer-Management, meint, dass die Spielerinnen vermehrt Öffentlichkeitsarbeit erledigen müssen. «Man kennt sie zwar vom Namen her, aber nicht vom Gesicht. Das Zuschauer-Problem haben ja nicht nur Gstaad und Biel. Es ist wichtig, dass diese Spielerinnen international bekannter werden.» Das müsse nicht mit Homestorys geschehen, aber vermehrt mit Geschichten um die Personen herum, mit Öffentlichkeitsterminen, mit Anlässen mit der Jugend. «Die Spielerinnen sollen den Kontakt zur Bevölkerung vermehrt suchen und in den Neuen Medien präsenter auftreten. Es ist für einen Sponsor wichtig, wenn das Stadion gut besetzt ist. Wir sitzen schliesslich alle im gleichen Boot.»

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Bertens gewinnt zweimal

Mit Kiki Bertens bekam das Gstaader Frauen-Tennisturnier eine namhafte, Siegerin. Bertens setzte sich im hochstehenden Final gegen die Estin Anett Kontaveit 6:4, 3:6, 6:1 durch. Kontaveit verlor bereits den Final im April in Biel. Danach siegte die Holländerin an der Seite auch noch im Doppel an der Seite der Schwedin Johanna Larsson. Das Duo besiegte im Champions Tiebreak das Duo Viktorija Golubic, die vor einem Jahr im Final Bertens noch besiegte, und der Serbin Nina Stojanovic. Golubic’ Spiel war erneut zu fehlerhaft, sodass man auch vielversprechende Zwischenstände nicht ausnutzen konnte.

Bertens turnte bis 2015 in der Weltrangliste um Position 100 herum. Vor zwei Monaten gelang ihr nach dem Turniersieg in Nürnberg unmittelbar vor dem French Open erstmals der Sprung unter die Top 20. Dann aber folgten schwierige Wochen: In Paris schied sie in der 2. Runde aus. Auf Rasen gewann sie einen Monat lang kein einziges Einzel. Kiki Bertens kehrte verunsichert nach Gstaad zurück. Diese Verunsicherung kam auch im Final zum Ausdruck. Bertens führte im Entscheidungssatz mit 2:1, weinte aber beim Seitenwechsel bei der Aussprache mit Coach Raemon Sluiter bittere Tränen. «Die Situation war so schwierig», erzählte Bertens nach dem Sieg. «Anett (Kontaveit) spielte so unglaublich gut. Und ich wollte auf keinen Fall nochmals den Final verlieren.» Nach 1:52 verwandelte sie den ersten Matchball zum vierten Turniersieg. Kontaveits Fehlerquote stieg beträchtlich. sda