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Wochenkommentar

Sport als Hilfe zur persönlichen Krisenbewältigung

Eine Sportveranstaltung nach der anderen wird abgesagt. Die Coronakrise hat uns fest im Griff. Umso wichtiger wird es, mit individueller Sportbetätigung etwas für Körper und Geist zu tun.

Francisco Rodríguez am letzten Aarberger Stedtlilauf, als Veranstaltungen noch nicht verboten waren./Bild: Aimé Ehi

Francisco Rodríguez

Das Coronavirus hat die Welt in eine tiefe Krise gestürzt und beeinflusst alle Bereiche in unserem täglichen Leben stark. Die Lage verschärft sich von Stunde zu Stunde, und ein Ende ist noch nicht absehbar. Die Folgen der Pandemie, sollte sie denn endlich eingedämmt worden sein, werden noch jahrelang zu spüren sein. Eine Rezession droht. Auch der Sport bleibt von der globalen Katastrophe nicht verschont. Das wegen der diversen Grossanlässe, wie der Fussball-Europameisterschaft in diversen Städten, der Eishockey-Weltmeisterschaft in der Schweiz oder den Olympischen Sommerspielen in Tokio als Sportjahr betitelte 2020 droht zum totalen Ausfall zu werden. Es gibt in diesen Monaten kaum eine Veranstaltung, die nicht abgesagt oder verschoben werden muss. Weitere Absagen werden folgen, mit weitreichenden Konsequenzen für die Organisatoren, Athleten und das Publikum. Viele kleinere und mittelgrosse Anlässe und Vereine, dessen finanzielle Möglichkeiten eng beschränkt sind, sehen ihre Existenz gefährdet. Dies gilt auch für grössere Organisationen, wie die Schweizer Eishockey- oder Fussballvereine, die sich in den letzten Jahren im hart umkämpften Spielermarkt mit immer höheren Lohnforderungen konfrontiert sahen und sowieso schon am Limit laufen. Alle Teamplayer werden letztlich ihren Beitrag leisten müssen, um die finanziellen Auswirkungen abzufedern und dem Sport, der eine grosse gesellschaftliche Bedeutung hat, nach der Coronavirus-Krise eine neue Chance zu geben.

Solidarität ist nun aber vor allem in der brutalen Realität des Alltags vonnöten. Die Probleme im Sport sind aufgrund der vielen Kranken und Toten längst in den Hintergrund gerückt. Speziell bei älteren Menschen und solchen mit einer Vorerkrankung kann das Virus lebensbedrohliche Konsequenzen haben. Wenn es nicht gelingt, die Ansteckungswelle abzuflachen, können viele Leute aufgrund überfüllter Pflegestationen nicht mehr richtig behandelt werden. Unter diesen Umständen ist es geradezu ein Hohn, wenn sich einige Besserwisser um die Regeln der Regierung foutieren und sich beklagen, dass sie in ihren Freiheitsrechten eingeschränkt werden. Während in der Nacht in Pärken Ansammlungen von meist jungen Menschen von der Polizei aufgelöst werden mussten, kämpften Ärzte, Pflegepersonen und Helfer in den Spitälern um das Leben ihrer Patienten und tun es weiterhin aufopfernd und mit vollem Einsatz. Sie sind die wahren Helden in dieser Krise und erhielten gestern um 12.30 Uhr als Zeichen der Dankbarkeit und Solidarität in einer über Social Media organisierten Aktion minutenlang Applaus von der Schweizer Bevölkerung.

Bedankt haben sich auch viele Sportstars, die wegen der Pandemie aktuell auf organisierten Spitzensport verzichten müssen. Sport darf und soll in einem individuellen Rahmen dennoch weiterhin getrieben werden, was auch für die breite Bevölkerung gilt und speziell in dieser schwierigen Zeit eine noch grössere gesundheitliche Bedeutung hat. Wer sich regelmässig bewegt, stärkt sein Immunsystem und unternimmt auch etwas gegen den Isolationskoller. Ein Spaziergang zusammen mit seinen engsten Familienmitgliedern im Wald oder eine Joggingrunde alleine in der Natur wirkt befreiend. Sollte der Bundesrat wie bis anhin auf das Verhängen einer strikten Ausgangssperre verzichten, wie sie beispielsweise in Spanien gilt, ist Erholungssuche ausserhalb der eigenen vier Wände unter Einhaltung der entsprechenden Vorgaben weiterhin möglich. Ansonsten wird noch mehr Kreativität gefragt sein, wenn es darum geht, sich zuhause oder im eigenen Garten sportlich zu betätigen. Was die Sportveranstaltungen betrifft, kommt jetzt eine wegweisende Zeit auf alle Beteiligten zu. Zentral wird sein, wie genau sich die Einwohner an die verschärften Massnahmen halten. Sollte es gelingen, das Coronavirus erfolgreich zu bekämpfen und die Lage zu entspannen, wird zumindest die zweite Hälfte des Sportjahrs 2020 wieder etwas realistischer.

franciscorodriguez@bielertagblatt.ch

 

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