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Daviscup

Swiss Tennis arbeitet an der Tenniskultur

Swiss Tennis ist seit genau 20 Jahren in Biel beheimatet. Nach dem WTA-Frauenturnier findet ab Freitag der erste Daviscup statt. Der Verband stellt sich die grosse Frage: Wie stark ist das Interesse?

Erstes Daviscup-Team in Biel: Adrian Bodmer, Luca Margaroli, Henri Laaksonen, Severin Lüthi, Marco Chiudinelli und Antoine Bellier (von links). Bild: Keystone

Beat Moning

An der Roger-Federer-Allee 1 in Biel herrscht Hochbetrieb. Gestartet ist das ITF-U18-Turnier und die Daviscup-Teams der Schweiz und Weissrussland trainieren – und haben nur den Sieg vor Augen. Ab Freitag geht es in der neuen Swiss Tennis Arena um Sein oder Nichtsein. Erstmals findet in Biel eine Daviscup-Begegnung statt. Keine Begegnung, um den Cup zu holen. Wie 2014. Sondern ein Spiel um den Ligaerhalt. Roger Federer und Stan Wawrinka verfolgen die Begegnung aus der Ferne und so bleibt es der zweiten Garde überlassen, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Spieler und Coaches äusserten sich gestern an der offiziellen Medienkonferenz. Beide Teams betont vorsichtig. Doch die Vorgabe ist klar: Es zählt nur der Sieg, und sei es erst im fünften Match im fünften Satz mit 20:18. Dann würde es ein langer Sonntag.

Vor genau sieben Jahren stieg das Schweizer Team nach einem 0:5 in Kasachstan (mit Stan Wawrinka, Marco Chiudinelli, Michael Lammer und Yves Allegro) letztmals aus der Weltgruppe ab. Ein Jahr später schaffte man nach Erfolgen über Portugal (5:0, mit Wawrinka, Federer und Chiudinelli) sowie auswärts über Australien (3:2, mit den eingesetzten Wawrinka und Federer im Einzel und Doppel) den Wiederaufstieg. Drei Jahre später folgte der Höhepunkt in der Schweizer Daviscup-Geschichte, als im Final auswärts Frankreich bezwungen wurde.

 

Verlust programmiert
Nun also eine neue Geschichte. Wenn auch nicht ganz neu, weil die Schweizer bereits im Vorjahr in Usbekistan (3.2, das entscheidende Einzel gewann der junge Antoine Bellier) und 2015 gegen Holland in Genf (4:1) gewinnen mussten, um oben zu bleiben. Eine neue Geschichte ist es, da die Schweizer erstmals in Biel und somit am Sitz von Swiss Tennis antreten. Nach Scheuren im Jahr 1976 ist es das zweite Mal in der Region (siehe BT vom letzten Mittwoch). Swiss Tennis hat die Halle nicht zuletzt aus diesem Grund gebaut. Es gilt, teure Infrastrukturkosten gerade bei Begegnungen ohne die Aushängeschilder einzusparen.

Der Zahlenvergleich ist eklatant: 2014 im Halbfinal in Genf gegen Italien verfolgten 18 400 Zuschauer (pro Tag!) die mit 3:2 gewonnene Partie. 6,5 Millionen Franken wurden umgesetzt und der Verband notierte einen Nettogewinn von 1,5 Millionen Franken. Wobei die Hälfte an die Equipe ausgeschüttet wurde.

In Biel hat man ein Budget von gegen 400 000 Franken und es braucht 1000 verkaufte Tickets pro Tag. «Davon», so Swiss-Tennis-Geschäftsführer Stefan Flückiger, «sind wir leider, Stand heute, weit entfernt.» Er macht kein Geheimnis daraus: «Wenn an der Tageskasse an den Spieltagen nicht noch etwas geschieht, dann schreiben wir einen grösseren Verlust.» Das war nicht die Idee der neuen Halle. «Aber», sagt Flückiger, «anderswo in einer eingemieteten Halle würde der Verlust noch deutlich grösser ausfallen.»

 

Zur Hälfte schon besetzt
Ganz überrascht ist Stefan Flückiger über das mangelnde Interesse nicht. «Sind wir ehrlich, ohne Federer und Wawrinka ist es nicht dasselbe. Nur mit einem von beiden würden wir die Halle locker füllen.» Dennoch sagt er, dass er es bedauern würde, wenn die Fans ausbleiben. «Es geht hier um den Ligaerhalt in der Weltgruppe und es ist noch immer ein internationaler Match mit guten Tennisspielern, die man sonst in Biel nicht sieht.»

Die Frage also: Wie gross ist das Interesse in der Bevölkerung? Die Halle mit einer Kapazität von 2700 Zuschauern ist mit Partnern, Sponsoren und nationalen wie internationalen Kontingenten zur Hälfte sicher gefüllt. Der Vorverkauf läuft seit einiger Zeit (90 Franken für das Doppel, 110 Franken für die Einzel am Freitag und Sonntag, 240 Franken für Dauerkarten), jedoch unter den Erwartungen. Die Preise wurden gegenüber anderen Daviscup-Begegnungen um 25 Prozent gesenkt.

 

Aktion mit dem EHC Biel
Der Verband hat mit Partnerschaften einige Aktionen in die Wege geleitet. So auch mit dem EHC Biel, wobei EHC-Abonnement- und Einzelkartenbesitzer der Spiele gegen Langnau letzten Samstag, Fribourg-Gottéron gestern und Genf am Samstag sowie Daviscup-Karteninhaber vergünstigt Tickets der anderen Veranstaltung erwerben können (Tenniszuschauer für das EHC-Heimspiel am Samstag gegen Genf nach der Doppelbegegnung).

Flückiger sucht nach Erklärungen für den bislang schlechten Vorverkauf. «Positionierung und Vermarktung müssen wir überdenken. Da haben wir womöglich unsere Hausaufgaben nicht zufriedenstellend gemacht.» Fakt sei aber auch, dass schon die WTA-Veranstaltung im April die Tennisfans nicht in Massen angezogen habe. «Biel ist eine Eishockeystadt, und das spüren wir auch bei den Sponsoren. Aber wir arbeiten daran, dass Biel und die Region eines Tages eine Tenniskultur aufweisen wird und wir so unser Stadion füllen werden.»

Man müsse jetzt erste Erfahrungen sammeln und die richtigen Rückschlüsse ziehen, um beim nächsten Anlass kostendeckend abzuschliessen. Im Fedcup- und Daviscup-Fond befinden sich noch 2,3 Millionen Franken. Im Februar schon könnte es gegebenenfalls zu einer Fedcup-Partie in Biel kommen.

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Zwei Weissrussen werden «vermisst»
Die Schweizer meldeten sich gestern zur offiziellen Medienkonferenz komplett. Man rechnet nicht damit, dass Roger Federer auf einmal bis Donnerstag auftauchen wird. Henri Laaksonen war letzte Woche anlässlich seines Auftritts in China bei 35 Grad noch krank. «Aber ich habe mich gut erholt und bin für Freitag bereit», so der Schweiz-Finne.

Auch die Weissrussen waren zwei Stunden später an der Medienorientierung. Mit sieben Spielern! Nur: Die beiden besten Akteure fehlten. Teamcaptain Vladimir Voltchkov hofft aber, dass der routinierte Max Mirnyi, der Doppelspezialist schlechthin, rechtzeitig aus Florida abreisen kann. «Es ist möglich, dass er bis Donnerstag da ist.» Mehr Geheimniskrämerei herrscht um die Nummer 1 des Teams, die 126 der Welt, Egor Gerasimov. Die weissrussischen Medienvertreter geben den Schweizer Kollegen diesbezüglich keine Auskunft. Man solle sich an den Coach wenden. Und auch dieser hüllt sich in Schweigen. «Er ist noch in Minsk.» Ob krank oder verletzt, sagte er nicht. Nur: «Ich hoffe, dass er noch kommt.»

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Zusammenarbeit mit Regionalverband
Mit dem im April erstmals in der neuen Halle in Biel ausgetragenen WTA-Frauenturnier kann Swiss Tennis auf Erfahrungen zurückgreifen. So hat man wiederum eine Zusammenarbeit mit dem Regionalverband Biel-Seeland aufgegleist. Präsident Peter Zaugg hat zusammen mit Brigitte Spring, die Volunteers-Erfahrung mitbringt (Olympische Spiele, Tennisturnier), sowie Monika Dubler die nötigen 30 bis 35 Helfer inzwischen gefunden. Darunter sind einige Fahrer, Platzanweiser und Eingangskontrolleure, die beim Frauenturnier bereits im Einsatz standen.

Zaugg: «Ich bin positiv überrascht, dass sich sogar Personen von der Ostschweiz und Genf bei uns gemeldet haben.» Etwas mehr Helfer hätte er sich von den regionalen Tennisklubs erhofft, «doch sind wir insgesamt zufrieden. Wir können, wenn nötig, immer noch sofort auf einzelne Leute zurückgreifen.» Total sind um die 100 Helfer am Werke (inklusive Linienrichter, Ballkinder, Hostessen, Securitas).

Für Jonas Maag, der bereits Chef Infrastruktur beim WTA-Turnier war, ist es trotzdem eine neue Herausforderung. «Weil sich das Ganze mehrheitlich nur in der neuen Halle abspielt», so Maag, der davon spricht, dass man gegen 20 Räumlichkeiten benötigt, um allen Bedürfnissen auch vom internationalen Tennisverband gerecht zu werden (Büroräumlichkeiten, Dopingraum, Medienräume). Daher wird auch der alte Teil teilweise in Anspruch genommen. Insgesamt sind 40 Medienleute akkreditiert. Die Weissrussen sind mit 37 Personen, inklusive sieben Spielern und fünf Medienvertretern, angereist. Bis Freitag wird neben der Halle auch noch ein Fan-Village erstellt. bmb

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Das Programm

  • Die Trainings der beiden Equipen sind nicht öffentlich.
  • Spieler treffen sich heute ca 10 Uhr mit Bieler Schülern auf der Esplanade vor dem Kongresshaus zum Tennisspielen.
  • Die Auslosung (definitive 
Nennungen, erste Paarungen) morgen Mittag im Kongresshaus.
  • Spielzeiten: Freitag ab 13 Uhr zwei Einzel, Samstag ab 13 Uhr das Doppel, Sonntag ab 13 Uhr zwei Einzel (best of five).
  • Vorverkauf: Ticketcorner, Swiss-Tennis-Website und Empfang während den Bürozeiten, Tageskasse ab Freitag. bmb

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