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Stabhochsprung

Trainieren, ohne zu forcieren

Nicole Büchler gibt morgen nach einer dreiwöchigen Verletzungspause ihr Wettkampf-Comeback. Vollständig verheilt ist der Muskelfaserriss nicht, weshalb die Bielerin den Anlauf verkürzt hat.

Nicole Büchler musste wegen eines Muskelfaserrisses eine rund dreiwöchige Wettkampf- pause einlegen. «Das war schon frustrierend», sagt sie. Morgen gibt sie in Slowenien ihr Comeback. Copyright: Pedro Rodrigues/a

von Moritz Bill

Eigentlich hätte alles zusammengepasst. Nicole Büchler war in Form und fühlte sich gut. Die Trainingssprünge am Diamond-League-Meeting in Birmingham (Eng) bestätigten den Eindruck der Stabhochspringerin. «Ich hatte das Gefühl, dass ich sogar meine Bestmarke hätte übertreffen können», erinnert sich die Bielerin. Doch ein Zwicken im Oberschenkel beim Aufwärmen stoppte Büchlers Enthusiasmus abrupt. Ohne Wettkampfsprung musste sie verfrüht die Heimreise antreten. Zurück in der Schweiz wurde bei der ärztlichen Untersuchung ein Muskelfaserriss im rechten Oberschenkel diagnostiziert. «Rückblickend war das sehr schade. Aber eine solche Verletzung passiert leider eher, wenn man schnell unterwegs ist», sagt Büchler.

Seither sind drei Wochen vergangen und die Genesung scheint gut voranzukommen. Die Schweizer Rekordhalterin kann fast wieder voll trainieren. Einzig das Rennen beim Anlauf macht ihr noch zu schaffen. «Ich bin erst bei 80 bis 90 Prozent», sagt Büchler. Aus diesem Grund hat die 31-Jährige die Anlaufstrecke verkürzt, um beim Rennen die Beinmuskulatur nicht voll belasten zu müssen. Auch beim Wettkampf-Comeback morgen Abend im slowenischen Velenje wird Büchler mit einem verkürzten Anlauf starten. Das Meeting dient nach der Wettkampfpause als Standortbestimmung. «Ich will schauen, wie es geht.»

Masterarbeit als Ablenkung

Eine Verletzungspause ist für Sportler zwangsläufig eine mühsame Angelegenheit. Da die Sportstudentin vor anderthalb Wochen ihre Masterarbeit abgeben musste, war sie aber in der ersten Hälfte der Pause beschäftigt und abgelenkt. Danach hätte sie gerne sofort wieder ins Wettkampfgeschehen eingegriffen, sagt Büchler, «das war schon frustrierend».

Auch wenn die Wettkampfpause sicherlich ungelegen kam - die zweifache Olympia-Teilnehmerin glaubt nicht, dass sie dadurch für die weitere Saison stark zurückgeworfen worden ist. «Jetzt darf aber nicht nochmals etwas passieren.» In diesem Zusammenhang sei es momentan nicht ganz einfach, die richtige Balance zu finden. «Einerseits muss ich intensiv trainieren, um in Form zu bleiben. Andererseits darf ich nicht zu stark forcieren, um den Heilungsprozess nicht zu gefährden», erklärt Büchler.

So hat die Bielerin ihr weiteres Programm noch nicht in Stein gemeisselt und macht dieses vom Heilungsfortschritt abhängig. Gerne würde sie in den nächsten Wochen an Wettkämpfen in Frankreich und Deutschland antreten. Zudem steht mit dem Meeting in Luzern Mitte Juli ein wichtiger Wettkampf in der Schweiz an.

Neue Bestmarke im Visier

Der Saisonhöhepunkt ist mit der Weltmeisterschaft in Peking (Chn) auf Ende August angesetzt (die Limite von 4.55m hat Büchler Ende Mai in Hengelo (Hol) geschafft). Jedoch bezeichnet die Bielerin die WM nicht zwingend als das Highlight des Jahres: «Mein Saisonziel ist das Übertreffen meiner bisherigen Bestleistung. Deshalb ist jeder einzelne Wettkampf wichtig.» Die 4.67m hat die mehrfache Schweizer Meisterin am letztjährigen «Weltklasse Zürich» übersprungen. Dass sie nun den Schweizer Rekord erneut Anfang September im Letzigrund brechen könnte, ist für Büchler zweitrangig. Sie sei überhaupt nicht abergläubisch.

Die Kulisse vor Heimpublikum wäre jedenfalls angemessen. Denn an wie vielen anderen Diamond-League-Meetings Büchler antreten kann, ist offen. Die Verletzung hat sie im Ranking zurückgeworfen. Umso wichtiger, dass sie baldmöglichst wieder mit vollem Anlauf und ohne Rücksicht auf die Verletzung springen kann. Ob sie dabei - wie Anfang Saison geplant - noch mit einem längeren Stab antreten wird, bezweifelt Büchler. Vorgesehen war, im Juli auf das 15 Zentimeter längere Modell umzusteigen und sich nach den Tests für einen Stab zu entscheiden «Ich weiss nicht, ob das nach der Pause im Juni noch Sinn macht», sagt Büchler. Denn sie weiss; um eine Bestleistung erzielen zu können, muss alles zusammenpassen.