Sie sind hier

Abo

Tennis

Unscheinbar im Team vieler Leader

Die Schweiz bezwingt Italien mit 3:1. Nun geht es am 20./21. April in die Aufstiegsbegegnung in die Weltgruppe. Zehn Jahre lang trainierte Stefanie Vögele in Biel. Auch sie kam noch zum Einsatz.

Abschluss mit dem Doppel und Stefanie Vögele (rechts) an der Seite von Timea Bacsinszky. Bild: Keystone

Beat Moning

Am Ende, als Belinda Bencic (WTA 43) am Sonntagmittag Italiens besser klassierte Camila Giorgi den dritten und somit siegbringenden Punkt ins Trockene gebracht hatte, lagen sich alle im Schweizer Team in den Armen. Dazu gehören nicht nur die fünf von Captain Heinz Günthardt aufgebotenen Spielerinnen Belinda Bencic, Timea Bacsinszky, Victorija Golubic, Stefanie Vögele und Jil Teichmann. Acht weitere Personen gehören diesem Fedcup-Team an, das nach zuletzt drei Niederlagen und nach teils schwierigen Zeiten (BT vom letzten Donnerstag) in Vollbesetzung auf die Siegesstrasse zurückgekehrt ist. Und genau da liegen die Gründe für ein Fedcup-Team, dem man ähnlich Grosses wie der Daviscup-Mannschaft um Federer und Wawrinka mit dem Sieg 2014 zutraut. «Man spürt buchstäblich die Energie von aussen, wenn man auf dem Platz um die Punkte kämpft», sagt etwa Viktorija Golubic, die nach Bencic’ Startsieg am Samstag gegen Camila Giorgi eine Überraschung gelang. Immerhin spielten da die WTA-Nummer 101 (Golubic) gegen die WTA-Nummer 28. «Alle helfen allen und tun es für das Team. Das läuft nun schon über Jahre so. Es macht wirklich Spass, eine solche Woche miteinander zu erleben», sagt die «Teamsprecherin» Timea Bacsinszky (WTA 111). «Keine Selbstverständlichkeit, weil alles Einzelspielerinnen sind und es fertig bringen müssen, sich in einem Team unterzuordnen», so Günthardt.

Nummern spielen keine Rolle
Für Heinz Günthardt, der von einer «perfekten Woche und einem perfekten Wochenende» sprach, spielen diese Nummern für eine Aufstellung keine Rolle. «Da kommt es drauf an, wie die Spielerinnen zuletzt aufgetreten sind, wie die Gegnerinnen aufgestellt ist, wie trainiert wurde, auf welchem Belag gespielt wird.» Wäre er nach diesen «Nummern» gegangen, hätte er neben Bencic die WTA-Nummer 84, Stefanie Vögele, aufstellen müssen. Günthardt:» «In diesem Bereich um die Position 100 herum ist in der Tat vieles möglich, derart ausgeglichen präsentiert sich das Frauenfeld.» Nach den obligaten Aussprachen am Vorabend der Auslosung entschied sich Günthardt für Bencic und Golubic sowie wie für Bacsinszky/Teichmann im Doppel.

Stefanie Vögele kam am Sonntag dennoch zum Handkuss, weil sich Jil Teichmann (WTA 155) gesundheitlich nicht wohlfühlte. «Das freute mich natürlich», hielt die 28-Jährige fest. Nicht nur, weil dieser Auftritt, der mit einer (unnötigen) Niederlage im langen Tiebreak fiel, in Biel stattgefunden hat. «Als ich Anfang Woche zum Team gestossen bin, war ich schon etwas angespannt. Schliesslich sind es fünf Jahr her, seit ich letztmals Fedcup gespielt habe. Aber ich wurde sofort gut aufgenommen und möchte mich dafür beim Team bedanken.» Für Vögele, die 2005 erstmals Fedcup spielte und im November 2013 als WTA 42 die Bestklassierung aufwies, war es der 21. Auftritt im Schweizer Dress, der fünfte im Doppel (Bilanz sechs Siege, 15. Niederlage).

Vögele: Konstanter werden
Und zurück zu Biel: Da verbrachte die Aargauerin nicht weniger als zehn Jahre. Als sie 13 Jahre jung war, stiess sie nach Biel ins Leistungszentrum, ging da in der Rittermatte und im Alpengymnasium in die Schule, und hatte mit Ivo Werner, dem damaligen Headcoach von Swiss Tennis, einen Trainer zur Seite, der noch heute mit ihr auf die Tour geht. «Es war eine gute Zeit, rund zehn Jahre lang, und es hat mir geholfen, den Einstieg ins Elitetennis zu finden.» Ziel sei es weiterhin, diese gute Position zu halten, ja zu verbessern. «Das wird mir nur gelingen, wenn ich konstanter auftrete.»

Ein Punkt, der auch Heinz Günthardt beim Blick in die Zukunft anspricht. «Um den Fedcup-Pokal wirklich einmal zu holen, braucht es im Team eine gewisse Breite. Diese hatten wir zuletzt verletzungsbedingt nicht. Aber es ist eben wichtig, über ein ganzes Jahr konstant Tennis zu spielen.» Stefanie Vögele ist nicht nur für Günthardt die «Unscheinbarste» im Team. «Eine, die sich immer in den Dienst des Teams stellt.» Timea Bacsinszky schätzt die Art von Vögele. «Sie sagt wirklich nicht viel, aber wenn, dann hat das Hand und Fuss, dann wird oft gelacht, weil die Aussagen völlig unerwartet und überraschend kommen.» Ein Beispiel? Nach der Auslosung sagte Vögele so nebenbei: «Gut, jetzt kann ich wenigstens nach Hause gehen.» Günthardt hatte sie weder im Einzel noch im Doppel vorgesehen. «Alle mussten einfach lachen, dass sie das überhaupt so wie aus dem Nichts gesagt hatte», hielt Bacsinszky fest. Wie weiter? Die Spielerinnen reisen mit Ausnahme von Golubic, die eine zehntägige Trainingsphase einschaltet und dann in Amerika spielen wird, schon in dieser Woche in alle Himmelsrichtungen. Bencic fliegt nach Dubai und danach in die USA, Vögele ebenso nach Dubai und dann nach Acapulco, Bacsinszky nach Indian Wells, bevor sie eine Konditionswoche in der Schweiz absolviert, Jil Teichmann fliegt via Budapest nach Mexiko und schaut dann weiter.

Auslosung morgen
Anfang April jedenfalls sollte man sich dann wieder in der Schweiz sehen, beim WTA-Turnier in Lugano. Morgen weiss man mehr über den Gegner für die Aufstiegsspiele am 20./21. April. Tschechien/Rumänien, Belgien, Deutschland oder die USA/Australien wird es sein. Mit der Hoffnung verbunden, dass nicht Australien zugelost wird. «Wer will schon zwischen den Turnieren in Lugano und dann Stuttgart nach Australien reisen? Nicht einmal die Australierinnen selber», sagt Teamchefin Sandra Perez. Die Auslosung findet morgen statt.

*******************************************************

Gute Stimmung, Präsident zufrieden, Zukunft offen
Der Daviscup ist reformiert, und die Begeisterung hält sich in Grenzen. Namentlich bei den Spitzenspielern, die mehrheitlich dem neuen Daviscup-Final im November in Madrid fernbleiben werden. Sie spielen lieber Laver-Cup und sie spielen dann wohl auch lieber den ersten Nations Cup Anfang Jahr in Australien.

Was aber passiert mit dem Fedcup? Hier «streiten» sich die Führungskräfte seit längerer Zeit. Und niemand weiss, was genau in Zukunft passieren wird. Der erste Schritt: Die Weltgruppe wird neu 16 Teams und nicht mehr nur acht Equipen umfassen. «Die Ausgeglichenheit unter den Nationen ist inzwischen derart gross, dass dies sicher gerechtfertigt wäre», sagt Heinz Günthardt aus sportlicher Sicht. Was nun aber in den nächsten Wochen geschehe, könne er wirklich nicht abschätzen.

René Stammbach, der Präsident von Swiss Tennis und Vizepräsident des Internationalen Tennisverbandes ITF, weiss, «dass wir im März zusammenkommen und über die Neuausrichtung diskutieren werden.» Dabei gebe es verschiedene Varianten, um auch den Fedcup zu reformieren. Es könnte gar soweit wie bei den Männern kommen, mit einem finalen Event mit 18 Teams. Allerdings kaum zum gleichen Zeitpunkt und am selben Ort. «Der Zeitplan für eine Veränderung ist mit den Olympischen Spielen 2020 in Tokyo knapp. Daher könnte fürs Erste auch gar nichts verändert werden.», so René Stammbach. Des Weiteren sehe er ein dreiwöchiges Wettbewerbsmodell mit einer Achtelfinalphase, einer Viertelfinalwoche und einer finalen Woche mit vier Teams. «Wir werden jetzt mal diskutieren.»

Zum eigenen Event am Wochenende in Biel zeigte sich Stammbach insgesamt zufrieden. «Die Männer hatten eine fast unlösbare Aufgabe, die Frauen wurden ihrer Favoritenrolle gerecht und haben mit ihrem ersten und erfolgreichen Auftritt gute Werbung für Tennisevents in Biel gemacht.» Der Präsident glaubt, dass es möglich sein wird, «bis in drei Jahren die Halle zu füllen». Am Wochenende seien mehr gekommen als bei den Männern, aber noch immer war es nicht die Hälfte der Kapazität von 2600 Zuschauern. «Wir haben die Preispolitik verändert und die Eintritte deutlich nach unten korrigiert», so Stammbach. Aber man habe gute Kontakte in der Region, auch zu den KMU. «Wir arbeiten Schritt für Schritt daran. Im Wissen, dass Biel noch keine Tennisstadt ist. Aber wir sind auf einem guten Weg und ich denke, dass es möglich ist, in den nächsten Jahren bei einem entsprechenden Heimanlass die Swiss Tennis Arena zu füllen.»
 bmb/ck

Nachrichten zu Aktuell »