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2. Liga regional

Vor dem Tor zu unentschlossen

Der SV Lyss und der FC Azzurri haben sich 0:0 unentschieden getrennt. Die Bieler waren lange spielbestimmend, brachen aber ausgerechnet ein, als sie in Überzahl agieren konnten.

Kein Durchmarsch: Lyss' Manuel Strub im Zweikampf mit Azzuris Patrick Yombo. Bild: Matthias Käser

Michael Lehmann

Am Ende war es wie so oft bei einem Unentschieden: Kein Team war wirklich glücklich damit. Azzurri, weil es vor der Partie eher als Favorit galt, das Spiel aber trotz halbstündiger Überzahl nicht gewinnen konnte. Lyss, weil es am Ende sogar näher am Sieg war und weil es gleich zwei Spieler durch eine Rote Karte verlor, wobei die letzte unnötiger kaum hätte sein können.

Wer insgesamt besser mit der Zählerteilung leben konnte, war jedoch augenscheinlich. Bereits während der Partie hatten einige Azzurri-Spieler ihren Unmut laut geäussert, als sich nach dem Schlusspfiff auch noch Akteure direkt in Richtung Garderobe bewegten, hielt Trainer Anderson Kor erst mal eine Standpauke. Auf der anderen Seite gratulierte David Meister seinen Spielern zum Gezeigten. Einerseits habe man nicht unbedingt mit dem Punktgewinn rechnen können, andererseits habe sich sein Team nach einer bereits ansprechenden Leistung gegen Besa nochmals gesteigert, analysierte der Lyss-Trainer.

Kor dagegen sagte, er könne mit dem 0:0 nicht zufrieden sein. «Wir agierten in den letzten 30 Metern des Feldes zu ungenau und zu unentschlossen. So schiesst man keine Tore.» Auch bei Standards – Azzurri erhielt acht Eckbälle zugesprochen – zeigten sich die Bieler für einmal schwach. Das dürfte nicht zuletzt daran gelegen haben, dass der Sturmtank Scott Mbemba bereits nach einer Viertelstunde verletzt ausgewechselt werden musste.

 

In Überzahl eingebrochen

Der Mbemba-Ausfall machte sich in erster Linie bei der mangelnden Chancenauswertung bemerkbar, ansonsten waren die Bieler in der ersten Halbzeit spielbestimmend. Wie bereits in der Startpartie fiel dabei Kevin Perez auf, der die Bälle im Mittelfeld gut halten konnte und immer wieder das Auge für den Mitspieler bewies.

Auch Aussenläufer Vicky Dadem brachte die Lysser Verteidiger wiederholt in Bedrängnis und provozierte sogar eine Rote Karte (siehe Infobox). Während die Bieler gegen Kirchberg in Unterzahl glänzten, vermochten sie aus der numerischen Überlegenheit keinen Nutzen zu ziehen. Im Gegenteil: Sie kamen gegen die zehn aufopfernd kämpfenden Lysser zu praktisch keiner Torchance mehr. Die Bieler wirkten ausgelaugt. «Wir haben einige Verletzte im Kader», räumte Anderson Kor ein. «Dass wir so einbrechen, sollte dennoch nicht passieren.»

 

Unbeherrschtheit nach Spielschluss

Lyss hatte lange weniger vom Spiel, setzte aber immer wieder Nadelstiche. Der Auffälligste dabei war Captain Marco Fischer. Nach einer halben Stunde wurde der Ball nach einer Ecke per Kopf verlängert und hüpfte vor seine Füsse; Fischer traf ihn jedoch nicht richtig. In der 51. Minute parierte Azzurris Torhüter den Schieber des Aussenläufers, und beim anschliessenden Eckball kam erneut der Captain per Kopf an den Ball und sah ihn von der Oberkante des Gehäuses abprallen.

In der Schlussphase tauchten die Gastgeber noch einige Male vor dem gegnerischen Tor auf, agierten aber ähnlich wie die Gäste aus Biel zu ungenau und zu unentschlossen. Einen Spieler scheint das besonders gefrustet zu haben: Lucien Kellerhals bedachte nach Spielende die eigentlich unauffällige Schiedsrichterleistung mit harschen Worten und blickt nun vier Spielsperren entgegen.

So bleibt einzig ein überraschendes Comeback zu erwähnen: Bei Lyss bestritt Manuel Strub seinen ersten Match seit etwa acht Jahren. Der Athletiktrainer und Mitbegründer von «Biennathletics» stand dabei wegen Ausfällen sogleich in der Startelf.

Video-Interview mit Lyss-Captain Fischer:
www.bielertagblatt.ch/regionalfussball

 

 

Die Szene

Schulterzuckend geht Micael Ferreira vom Platz, als ob er sagen wollte: «Anders war er einfach nicht zu stoppen.» Ja, hätte der Innenverteidiger in der
60. Minute nicht eingegriffen, hätte
Vicky Dadem allein auf den Lyss-
Goalie ziehen können. Der schnelle Aussenläufer war in der eigenen Hälfte losgesprintet, hatte mit einer Körpertäuschung den ersten Verteidiger umspielt und war auch schon fast an Ferreira vorbei, ehe dieser ihn regelwidrig zurückhielt. Als der Schiedsrichter pfiff, wusste der verwarnte Ferreira genau, was ihm blühte. Trösten konnte er sich letztlich damit, dass der folgende Freistoss genau so ungefährlich blieb wie auch alle anderen Azzurri-Aktionen in der Schlussphase. leh

Stichwörter: Fussball, SV Lyss, FC Azzuri